# taz.de -- Ausbeutung bei Amazon: Menschen sind keine Maschinen | |
> Hassan muss derzeit täglich rund 270 Amazon-Pakete ausliefern. Er | |
> arbeitet für ein Subunternehmen, das häufig Arbeitnehmerrechte | |
> missachtet. | |
Bild: Bei Wind und Wetter: Ob die Fahrer Unfälle bauen, ist Amazon offenbar eg… | |
HOPPEGARTEN taz | Wenn du Probleme mit dem Chef hast, ruf an!“ Immer wieder | |
sagt Michael Wahl diesen Satz. Dazu reicht er einen Flyer durch die Fenster | |
der Transporter, die hier vor den Toren des Amazon-Verteilzentrums in | |
Hoppegarten kurz hinter der östlichen Berliner Stadtgrenze darauf warten, | |
auf das Betriebsgelände fahren zu dürfen. | |
Michael Wahl arbeitet bei [1][Faire Mobilität, der Beratungsstelle des DGB | |
für migrantische Beschäftigte]. Seine Kollegen und er haben heute Flyer in | |
zehn verschiedenen Sprachen dabei. Sie wollen ihr Beratungsangebot bekannt | |
machen, mit dem sie den Fahrer:innen bei arbeitsrechtlichen Probleme | |
helfen können. | |
Oft bleibt keine Zeit für mehr als diesen Satz, es muss schnell gehen. Es | |
ist der Montag der sogenannten Black Week, der großen Rabattschlacht Ende | |
November, mit der der Einzelhandel längst nicht mehr nur in den USA, | |
sondern auch in Deutschland das Weihnachtsgeschäft einläutet. Für die | |
Fahrer:innen, die meisten von ihnen Männer, aber auch einige Frauen, | |
beginnt die stressigste Zeit des Jahres: Die Anzahl der Pakete, die pro | |
Schicht ausgetragen werden müssen, klettert immer weiter in die Höhe, der | |
Zeitdruck wird schlimmer. | |
Ein junger Mann aus Albanien erzählt, er arbeite erst im zweiten Monat | |
hier. Die Arbeit sei hart: „Ich habe oft schwere Pakete, und ich muss mich | |
sehr beeilen, ich muss die Treppen hochrennen, viele Male am Tag.“ Nach der | |
Schicht sei er völlig erschöpft. | |
## Da hilft nur noch Galgenhumor | |
Außerdem verstehe er die Regeln nicht: „Einmal habe ich gesagt, dass ich | |
krank bin, aber mein Chef hat gesagt, ich soll unbedingt kommen. Ich wusste | |
nicht, was passiert, wenn ich das nicht mache.“ Er hört interessiert zu, | |
was Michael Wahl ihm zu seinen Rechten erzählt, aber man merkt auch, dass | |
ihn verwirrt, dass sich das bei seinem Chef ganz anders angehört hat. | |
Die meisten Fahrer:innen kommen nicht aus Deutschland, für manche von | |
ihnen ist es der erste Job auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Faire Mobilität | |
bietet Beratung zu arbeitsrechtlichen Themen in verschiedenen Sprachen an. | |
Das Projekt klärt Beschäftigte über deren Rechte auf und hilft bei | |
Gesetzesverstößen, etwa, wenn Überstunden nicht bezahlt oder der | |
Mindestlohn umgangen wird. Neben der Zustellbranche sind etwa die | |
Angestellten auf dem Bau, in der Fleischindustrie oder die | |
Saisonarbeiter:innen in der Landwirtschaft weitere Schwerpunkte. | |
Die meisten Fahrer:innen lassen gern das Fenster runter, wenn sie Wahl | |
und seine Kolleg:innen in den Gewerkschaftswesten sehen, nur manche | |
winken ab, keine Zeit, schnell weiter. Bei den Transportern, die warten | |
müssen, bis sie aufs Gelände fahren dürfen, um sie zu beladen, ist auch | |
Zeit für ein kurzes Gespräch. Viele nehmen ihre Arbeitsbedingungen mit | |
Galgenhumor. | |
Michael Wahl, die langen Haare nach hinten gebunden, scherzt mit ihnen auf | |
Deutsch, Englisch und Polnisch, immer wieder hört man sein lautes Lachen. | |
Bis zur polnischen Grenze sind es von hier knapp 100 Kilometer, ein Teil | |
der Fahrer:innen reist jeden Tag aus Polen an und nach der Schicht | |
wieder zurück. | |
## Verantwortung? Es sind ja Subunternehmen | |
„Für welche Firma arbeitest du?“, fragt Wahl durch das Fenster. Fast jedes | |
Mal bekommt er eine andere Antwort. Denn die Fahrer sind nicht direkt bei | |
Amazon angestellt, sondern arbeiten für Subunternehmen, meist kleine | |
Logistikfirmen, oft nur mit einer Handvoll Mitarbeiter. Viele der | |
Transporter, die hier vor der Einfahrt in der Schlange stehen, sind | |
Mietwagen, ohne Amazon-Logo oder sonstige Firmennamen. Nach | |
taz-Informationen sind allein am Standort Hoppegarten rund 20 | |
Subunternehmen mit der Auslieferung beauftragt. | |
„Dieses Subunternehmen-System gibt Amazon die Möglichkeit, die | |
Verantwortung von sich zu schieben“, sagt Michael Wahl. Aus den Gesprächen | |
an der Autotür wird deutlich, dass sich die Arbeitsbedingungen von Firma zu | |
Firma unterscheiden, es gibt keine einheitlichen Regeln zu Lohn und | |
Zuschlägen, zur Arbeitszeiterfassung oder zum Umgang mit Krankheitstagen. | |
Mal werden Überstunden bezahlt, mal nicht, vor allem ist unterschiedlich, | |
was überhaupt als Arbeitszeit gezählt wird. | |
Viele Subunternehmen, berichtet Wahl, würden etwa zu Beginn des Arbeitstags | |
auf den Parkplätzen rund um das Amazon-Gelände mit ihren Fahrer:innen | |
Besprechungen abhalten, offiziell beginne die Schicht der Angestellten aber | |
erst, wenn ihre Autos mit Paketen beladen wurden. | |
Wenn Amazon wirklich wissen wollte, was die Subunternehmen tun, müssten sie | |
sich nur an die Fahrer wenden, sagt Michael Wahl: „Die haben alle Infos.“ | |
Ob Amazon aber wirklich etwas ändern wolle, sei die Frage. „Wir hören immer | |
wieder: Wenn sich jemand wehrt oder Verstöße auffliegen, werden die | |
Unternehmen einfach dichtgemacht und unter neuem Namen erneut gegründet.“ | |
## Amazon sei das alles egal | |
Ein Amazon-Sprecher sagt auf Anfrage, der Konzern stelle „hohe | |
Anforderungen“ an die Subunternehmen. „Wir überprüfen die Lieferpartner | |
regelmäßig, um sicherzustellen, dass sie die geltenden Gesetze und unsere | |
Richtlinien einhalten, und ergreifen Maßnahmen, wenn dies nicht der Fall | |
ist.“ In wie vielen Fällen solche Verstöße festgestellt wurden, könne er | |
nicht sagen. Es gebe aber auch eine Fahrer-Hotline, an die sich die | |
Zusteller:innen bei Problemen auch anonym wenden könnten. „Wir gehen | |
jedem Fall nach und klären mögliche Probleme mit dem zuständigen | |
Arbeitgeber.“ | |
An einem Dienstag im Dezember, gut zwei Wochen nach der Aktion von Faire | |
Mobilität, ist die Stimmung vor den Toren des Verteilzentrums Hoppegarten | |
noch einmal deutlich schlechter geworden. An diesem Morgen herrscht dichtes | |
Schneetreiben, in den Morgen- und Abendstunden sind die Straßen glatt. Man | |
merkt den Fahrern und Fahrerinnen, die hier mit ihren Transportern warten, | |
ihre Erschöpfung an. Neunzehn Tage noch bis Weihnachten, und danach beginnt | |
das Retourengeschäft. | |
270 Pakete muss er heute ausfahren, sagt Hassan, der eigentlich anders | |
heißt, aber aus Angst vor seinem Arbeitgeber anonym bleiben will. „Amazon | |
ist es egal, was für ein Wetter ist, es ist ihnen egal, ob wir Unfälle | |
machen.“ Oft ziehe sich die Arbeit jetzt bis weit in den Abend hinein. | |
„Es gibt Kunden, die öffnen uns nicht mehr die Tür, wenn es dunkel ist, | |
vielleicht weil sie Angst vor uns haben“, sagt Hassan. „Aber wir müssen die | |
Pakete zustellen, keins darf zurückkommen, das ist das System Amazon.“ Von | |
der Beschwerde-Hotline, auf die der Amazon-Sprecher verwiesen hatte, habe | |
er noch nie gehört, sagt Hassan. | |
## Halbe Stunde Pause? Das schaffen sie nicht | |
Die Transporter fahren in sogenannten Wellen auf das Betriebsgelände, | |
zeitversetzt, weil nicht alle auf einmal beladen werden können. Dort haben | |
die Fahrer:innen exakt 15 Minuten Zeit, um ihre Autos mit den | |
vorsortierten Paketen zu füllen. | |
Während der Arbeit benutzen sie zwei Apps: Eine, die die Route vorgibt und | |
eine, mit der ihr Fahrverhalten überwacht wird. Eine halbe Stunde Pause ist | |
pro Schicht vorgesehen. In dieser Zeit ist die Routen-App nicht benutzbar. | |
„Es ist aber unmöglich, alle Stopps zu schaffen, wenn man eine halbe Stunde | |
Pause macht“, sagt Hassan. | |
Also benutzen er und die anderen Fahrer:innen einen Trick: Sie | |
fotografieren die Ansicht der Routen-App mit ihrem Privathandy oder | |
schreiben sich die Adressen der nächsten Stopps ab, um weiter ausliefern zu | |
können, auch wenn die App während der Pausenzeit gesperrt ist. Hassan sagt, | |
er arbeite um diese Jahreszeit oft 11 oder 12 Stunden am Stück, bis er alle | |
Pakete geschafft hat. | |
Was genau mit den Paketen passiere, ob er sie im Hausflur abstelle oder bei | |
Nachbarn oder vor der Haustür liegen lasse, sei Amazon egal. „Hauptsache, | |
mein Auto ist leer, wenn ich wieder hier bin“, sagt Hassan. Wenn eins der | |
Pakete verschwindet, werde ihm der Schaden vom Lohn abgezogen – egal, ob | |
dann noch etwas übrig bleibt. Die Berater:innen von Faire Mobilität | |
bestätigen, dass sie solche Fälle von Regressforderungen gegenüber den | |
Fahrer:innen aus ihrer Beratungspraxis kennen. | |
## Arbeiten ja, aber doch nicht so | |
Dass es für die Fahrer:innen negative Konsequenzen hat, wenn sie Pakete | |
zurückbringen, weist Amazon zurück. Amazon bewerte keine Fahrer:innen, | |
und Pakete könnten zum Zustellzentrum zurückgebracht werden, woraufhin am | |
nächsten Tag ein weiterer Zustellversuch unternommen werde, sagt ein | |
Sprecher auf taz-Anfrage. Bei „nachgewiesem grobem Fehlverhalten“ werde die | |
Zusammenarbeit mit einem Subunternehmen oder einem Fahrer beendet, wenn | |
Amazon der Meinung sei, dass dies „im Interesse der Sicherheit, unserer | |
Kunden:innen, unserer Mitarbeiter:innen oder der Gesellschaft ist.“ | |
Hassan erzählt von seiner Frau und seiner Tochter, die er seit Wochen kaum | |
mehr zu Gesicht bekommt, weil sie schon schlafen, wenn er nach Hause kommt. | |
„Mein Leben ist Arbeit, nach Hause, duschen, schlafen, Arbeit, nach Hause, | |
duschen, schlafen, es gibt nichts anderes mehr“, sagt er. | |
Ein Kollege kommt hinzu, er erzählt, dass er letzten Monat überhaupt keinen | |
Lohn mehr bekommen habe: „Ich habe einen Unfall gebaut, weil ich so im | |
Stress war, und ich musste den Schaden bezahlen.“ Vor zwei Wochen haben | |
Michael Wahl und seine Kolleg:innen ähnliche Geschichten gehört. Dass | |
die Fahrer für Schäden selbst aufkommen müssen, ist in vielen Unternehmen | |
die Regel, ebenso für Strafen, wenn sie im Halteverbot stehen oder zu | |
schnell fahren. | |
Man merkt Hassan und seinem Kollegen an, dass sie ehrlich verzweifelt sind. | |
„Wir sind Menschen, keine Maschinen“, sagt Hassan. „Wir wollen arbeiten, | |
aber so kann man nicht arbeiten, man wird davon krank. Ich habe Angst, dass | |
diese Arbeit mich umbringt.“ | |
## Immerhin besser als die Fleischindustrie | |
Bis vor drei, vier Jahren seien die Bedingungen noch etwas besser gewesen, | |
sagt Hassan. „Aber jetzt arbeiten hier immer mehr Menschen aus Rumänien und | |
Bulgarien, und die beschweren sich nie, die lassen alles mit sich machen.“ | |
Tatsächlich sind Amazon und die Subunternehmen etwa für Menschen, die | |
vorher in der Fleischindustrie gearbeitet haben, vergleichsweise attraktive | |
Arbeitgeber: Der Stundenlohn liegt oft etwas über dem gesetzlichen | |
Mindestlohn, die Arbeit in den Kühlhallen der Fleischindustrie ist außerdem | |
körperlich und mental noch belastender. Wer etwas Deutsch oder Englisch | |
spricht, bewirbt sich bei den Amazon-Lagern, wer dazu noch einen | |
Führerschein hat, als Fahrer bei einem der Subunternehmen. | |
Für die Politik gibt es Möglichkeiten zu verhindern, dass Beschäftigte im | |
Niedriglohnsektor auf diese Art gegeneinander ausgespielt werden. Eine | |
dieser Möglichkeiten wäre ein Verbot von Subunternehmen in der sogenannten | |
KEP-Branche, mit der die Kurier-, Express- und Paketdienste zusammengefasst | |
werden. Die Gewerkschaft Verdi [2][fordert ein solches Verbot], die | |
Linksfraktion im Bundestag brachte in diesem Jahr ebenfalls einen | |
entsprechenden [3][Antrag] ein. | |
Rund 360.000 Menschen arbeiten laut einem Gutachten der gewerkschaftsnahen | |
Hans-Böckler-Stiftung von September insgesamt in der KEP-Branche, davon | |
rund 270.000 in Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten. | |
Überdurchschnittlich viele Angestellte in der Branche arbeiten außerdem mit | |
befristeten Verträgen, in Teilzeit oder auf Minijob-Basis. | |
## „Packen-wirs-an“-Mentalität gesucht | |
Im Mai verabschiedete der Bundesrat eine [4][Aufforderung] an die | |
Bundesregierung, zumindest alle Subunternehmen zu verbieten, die nicht nach | |
Tarif bezahlen. Bindend ist eine solche Aufforderung jedoch nicht. Im | |
Vorschlag für die Erneuerung des Postgesetzes, den das | |
Bundeswirtschaftsministerium Ende November vorgelegt hat, ist ein Verbot | |
der Subunternehmen nicht vorgesehen. | |
Zwar soll nach diesem Entwurf die Haftung der beauftragenden Unternehmen | |
auf die gesamte Kette der Sub- und Sub-Subunternehmen ausgeweitet werden. | |
Doch Erfahrungen etwa aus der Baubranche und der Fleischindustrie zeigen, | |
dass diese Regelungen in der Praxis kaum umgesetzt werden. | |
Das System der Subunternehmen erschwert zudem, dass sich die Angestellten | |
organisieren können: In kaum einem der Logistik-Kleinstunternehmen gibt es | |
einen Betriebsrat, dass sich die Arbeitsbedingungen von Unternehmen zu | |
Unternehmen unterscheiden, macht es schwer, sich gemeinsam zu wehren. „Es | |
ist schon bei Amazon selbst schwer genug, Betriebsräte zu gründen, bei den | |
Subunternehmen ist es quasi unmöglich“, sagt Boris Bojilov, der bei Verdi | |
Berlin-Brandenburg für Amazon zuständig ist. | |
Trotz der seit Jahren anhaltenden Kritik an den Arbeitsbedingungen der | |
Amazon-Fahrer:innen hält das Unternehmen am System der Subunternehmen fest. | |
Mit dem Programm „Delivery Service Partner“ wirbt Amazon Menschen dafür an, | |
im Auftrag des Konzerns Subunternehmen zu gründen. Mit 15.000 Euro | |
Startkapital ist man dabei, Frauen können sich zudem auf einen | |
Gründerinnenzuschuss von Amazon bewerben. Gesucht würden „motivierte | |
Unternehmer:innen mit einer,Packen wir’s an'-Mentalität“, heißt es auf | |
der Amazon-Website, zu erwarten sei „eine dynamische Partnerschaft“. | |
## Keine Gewichtsgrenze | |
Wie diese aussehen kann, zeigten vor einem Jahr Recherchen von Correctiv | |
und weiteren Medien. In Wirklichkeit sei das unternehmerische Risiko für | |
die Unternehmen groß, die Gewinnmarge klein und der Druck, den Amazon auf | |
die Firmen ausübe, immens, berichteten damals mehrere Subunternehmer. | |
Offensichtlich geben viele Firmen diesen Druck an die Fahrer:innen | |
weiter. Amazon wies die Vorwürfe zurück, Konsequenzen seitens des | |
Unternehmens gab es keine. | |
Mit der geplanten Novellierung des Postgesetzes, die sich die | |
Ampelregierung im Koalitionsvertrag vorgenommen hatte, nimmt die Debatte | |
nun erneut an Fahrt auf. Knapp 40.000 Menschen haben eine [5][Petition] der | |
Aktionskünstler:innen vom Peng-Kollektiv unterschrieben, die ein | |
Verbot der Subunternehmen in der Zustellbranche fordern. Verdi hat unter | |
der Überschrift „Fair zugestellt statt ausgeliefert“ ebenfalls eine | |
[6][Petition] gestartet, die bislang gut 10.000-mal unterzeichnet wurde. | |
Dabei geht es nicht nur um das Verbot der Subunternehmen. Verdi fordert | |
auch, mit dem neuen Postgesetz festzulegen, dass Pakete, die nur von einer | |
Person zugestellt werden, maximal 20 Kilogramm schwer sein dürfen. Amazon | |
gibt an, dass die Pakete in ihren Verteilzentren maximal 23 Kilogramm | |
schwer sein dürfen und ab einem Gewicht von 15 Kilogramm gekennzeichnet | |
werden. | |
Der Entwurf für das neue Postgesetz sieht keine Gewichtsgrenze vor, sondern | |
legt nur fest, dass bei Paketen, die mehr als 20 Kilogramm wiegen, ein | |
„technisches Hilfsmittel“ für die Zustellung bereitgestellt werden muss. In | |
der Praxis bleibt den Zusteller:innen allerdings oft nicht einmal die | |
Zeit, um etwa eine Sackkarre aus dem Auto zu holen und zu benutzen. | |
## Auch die Kunden sind nicht zufrieden | |
Dafür, dass sich in der Zustellbranche etwas ändern muss, sprechen nicht | |
nur die Arbeitsbedingungen der Fahrer:innen. Auch aus Sicht der | |
Kund:innen funktioniert das System immer schlechter. Auf Anfrage der taz | |
teilte die Bundesnetzagentur mit, in den ersten drei Quartalen 2023 seien | |
25.950 Beschwerden zur Paket- und Briefzustellung eingegangen. | |
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Anstieg um mehr als 25 | |
Prozent. Die Bundesnetzagentur erhebt die Zahlen seit 2012, im Jahr 2022 | |
gingen so viele Beschwerden ein wie noch nie, vor allem im letzten Quartal | |
des Jahres. Die Post argumentiert, die steigenden Zahlen seien vor allem | |
auf die gestiegene Anzahl an Medienberichten über das Thema zurückzuführen. | |
Hassan sagt, er versteht, dass viele Kund:innen nicht zufrieden sind, | |
wenn sie die Pakete einfach im Hausflur abstellen, aber dass sie es einfach | |
nicht anders schaffen würden. „Ich will meine Arbeit gut machen, aber es | |
geht nicht.“ Im nächsten Jahr will er versuchen, einen anderen Job zu | |
finden. | |
20 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Prekaer-beschaeftigte-Lkw-Fahrer/!5971064 | |
[2] /Arbeitsbedingungen-in-der-Paketbranche/!5956835 | |
[3] https://dserver.bundestag.de/btd/20/076/2007644.pdf | |
[4] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2023/0101-0200/117-23(B).pdf | |
[5] https://weact.campact.de/petitions/amazon-co-ausbeutung-durch-subunternehme… | |
[6] https://www.openpetition.de/petition/online/fair-zugestellt-statt-ausgelief… | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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