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# taz.de -- Anhaltende Proteste in Indien: Modi-Regierung bleibt stur
> Indiens neues Staatsbürgerschaftsgesetz spaltet die Gesellschaft, bringt
> zugleich aber auch unterschiedliche Religionsgruppen zusammen.
Bild: Protest von Frauen im Bundesstaat Assam gegen Indiens neues Staatsbürger…
MUMBAI taz | Selbst in der Nacht sitzen Hunderte mehrheitlich muslimische
Frauen auf den Straßen von Shaheen Bagh in Indiens Hauptstadt Delhi. Über
ihren Köpfen hängen Zeltplanen, auf dem Schoß liegen wärmende Decken. In
Indiens Norden ist der Winter angekommen, doch das hält die Frauen nicht
vom Protest ab. Seit zwei Wochen streiken sie und wollen ausharren, bis die
Regierung [1][die umstrittene Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes]
zurücknimmt.
Inzwischen werden die Frauen von Ärzt*innen und freiwilligen
Helfer*innen betreut. [2][Derzeit vergeht in Indien kaum ein Tag, an dem
kein neuer Protest gegen das neue Gesetz stattfindet]. So kam es auch am
Sonntag wieder in zahlreichen Städten zu bis Redaktionsschluss friedlichen
Versammlungen gegen die Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi.
„Die Modi-Regierung hat in ihrer zweiten Amtszeit mit der Umsetzung der
RSS-Agenda begonnen“, sagt der Friedensaktivist Jatin Desai. Die
hinduistische Kaderorganisation RSS (Nationale Freiwilligenorganisation)
ist das ideologische Rückgrat der regierenden hindunationalistischen
Volkspartei (BJP).
Seit der im Mai begonnenen zweiten Amtszeit Modis fährt seine Regierung
einen Kurs, der Hindus bevorzugt und Muslime marginalisiert. Dazu gehörten
laut Desai das Staatsbürgerschaftsgesetz (CAA), die Reform des muslimischen
Scheidungsrechts (Triple Talaq) sowie der Autonomieentzug des von Muslimen
dominierten indischen Teils von Kaschmir.
## Hindu-Mehrheit versus religiöse Minderheiten
Desai fürchtet, dass diese Entwicklung Indien langfristig schadet. Die
Regierung wolle das Land weiter in Richtung Hindutva lenken, sagt er. Damit
gemeint ist ein hinduistisch geprägter Nationalismus, den Desai als
Gegenentwurf zur säkularen und integrativen Nation betrachtet. Was manchen
Wählern aus der hinduistischen Bevölkerungsmehrheit zusagt, bringt jetzt
andere, vor allem aus den Minderheiten, zusammen auf die Straße.
Letzteres sieht der muslimische Aktivist Feroze Mithiborwala, der den
bisher größten Protest in Mumbai organisierte, jetzt als Chance. Es seien
revolutionäre Zeiten, sagt er. „Statt lediglich zu spalten, haben die
Proteste Menschen zusammengebracht. Hindus und andere Religionsgruppen
setzen sich für Muslime ein“, sagt er und begrüßt den „zivilen Ungehorsa…
Die Kritik an der Regierung wächst. So betont Mumbais Erzbischof Oswald
Gracias, Religion solle niemals das Kriterium für Staatsangehörigkeit sein.
Er warnt zugleich vor der Polarisierung aufgrund der
Religionszugehörigkeit.
## Die Regierung lässt Gegenproteste organisieren
Doch die Regierung bleibt ihrer Linie treu und lässt Gegenproteste
organisieren. Der BJP-Minister für Minderheitsfragen und Muslime, Mukhtar
Abbas Naqvi, behauptet, indische Muslime hätten nichts zu befürchten und
die Protestierenden verbreiteten Lügen.
Desai und Mithiborwala setzen auf die religionsübergreifende
Zivilgesellschaft hinter den Protesten. Desai beklagt, wie überraschend die
Gesetzesreform kam, auch wenn Modi hier einem Wahlversprechen folgte.
„Sogar ihre Verbündeten sind nicht glücklich darüber.“
So kommt Widerstand auch aus dem bevölkerungsreichen Bihar. Auch in Assam,
wo man die BJP an die Macht wählte und die Proteste begannen, distanzieren
sich manche vom Einbürgerungsgesetz und Bürgerregistern.
Die Proteste lassen auch die Touristenzahlen sinken. In Goa, Assam und am
berühmten Grabmal Tadsch Mahal in Uttar Pradesh gehen Besucherzahlen
zurück. Erst am 22. Januar will der oberste Gerichtshof über die
Rechtmäßigkeit der Gesetzesänderungen entscheiden.
29 Dec 2019
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Migrationsgesetz-in-Indien/!5646006
[2] /Indiens-umstrittenes-Migrationsgesetz/!5650899
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Assam
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Indien
Protest
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Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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