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# taz.de -- Protest gegen Migrationsgesetz in Indien: Diskriminierung von Musli…
> Die indische Regierung will verfolgten nichtmuslimischen Minderheiten die
> Einbürgerung erleichtern. Das stößt auf Widerstand.
Bild: Proteste gegen das geplante Einwanderungsgesetz in Guwahati am 10. Dezemb…
Mumbai taz/ap | Tausende sind im nordindischen Guwahati am Donnerstag gegen
ein geplantes Einbürgerungsgesetz auf die Straße gegangen – trotz einer
Ausgangssperre in der [1][Hauptstadt des Bundesstaats Assams]. Die
Demonstranten errichteten Straßensperren, verwüsteten Büros politischer
Parteien und steckten zwei Bahnhöfe in Brand. Etwa 30 Menschen wurden
Medienberichten zufolge verletzt.
Schulen, Universitäten, Büros und Geschäfte blieben zum Großteil
geschlossen, Mobiltelefonverbindungen wurden gesperrt. Der Flugverkehr nach
Assam wurde auf Empfehlung der Regierung eingestellt, zusätzliche
SoldatInnen wurden in den Bundesstaat verlegt.
Am Mittwoch war das umstrittene Gesetz vom indischen Parlament bewilligt
worden, das es Angehörigen von verfolgten religiösen Minderheiten aus den
Nachbarstaaten erleichtern soll, die indische Staatsbürgschaft zu erhalten.
Bewohner der an Bangladesch angrenzenden Bundesstaaten Assam und Tripura
fürchten eine starke Zuwanderung. Unter den Protestierenden in Guwahati
sind vor allem indische Hindus. Sie wollen ihre Kultur und ihren
Lebensunterhalt schützen, den sie durch weitere Migration in Indiens
Nordosten gefährdet sehen. „In Assam haben wir ein ethnisches Problem, kein
Religiöses“, sagt ein junger Mann aus der Region, der seinen Namen nicht
nennen möchte. Bangladeschis – egal welcher Religion – seien dort wenig
beliebt. Er sieht das geplante Gesetz kritisch: „Es ist nicht gut für ein
liberales Land wie Indien.“
Für einige aber bringt das Gesetz Hoffnung, zum Beispiel für die Familie
von Prakash Dewani. 2008 floh der Hindu mit seinen Angehörigen aus
Pakistan, wie die Zeitung Times of India berichtet. Heute lebt er in der
Nähe der indischen Millionenstadt Mumbai. Die Dewanis gehören zu den 2.000
Sindhis im Bundesstaat Maharashtra, die vom Inkrafttreten des neuen
Gesetzes profitieren und zügig zu indischen StaatsbürgerInnen werden
könnten.
## Die Mehrheit in Indien ist hinduistisch
Doch der Citizenship Amendment Bill (CAB) hat einen Haken. Denn er sieht
vor, dass die Regelungen nur für Angehörige bestimmter Religionsgruppen
gelten, die aus Pakistan, Bangladesch und Afghanistan bis 2014 nach Indien
eingewandert sind, etwa für Christen, Hindus, Sikhs, Buddhisten, Jains und
Parsis – also für fast alle, nicht aber für muslimische Minderheiten.
„Die indische Verfassung ist tot!“, twitterte deshalb die
Politikjournalistin Arfa Khanum, „Indien ist nun offiziell ein
hinduistischer Staat.“ Mit dieser Kritik ist sie nicht allein. Auch
Menschenrechtler sehen die Gefahr, dass Indien immer mehr zu einem
religiösen Staat nach Vorbild Pakistans wird. Kritik kam neben Human Rights
Watch auch von der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit
(USCIRF).
Die institutionalisierte Schikanierung von MuslimInnen hat unter Narendra
Modis BJP-Regierung mit ihrem prohinduistischen Kurs zugenommen. Auf diese
Weise will sie die Mehrheitsbevölkerung, die in Indien hinduistisch ist,
zufriedenstellen. Allerdings ist Indien im Gegensatz zu seinen islamischen
Nachbarn laut Grundgesetz ein säkulares Land.
Das CAB spielt Hand in Hand mit einer anderen umstrittenen Regelung. So
wurde in Assam im September durch die Einführung eines Bürgerregisters
[2][knapp 1,9 Millionen Menschen über Nacht die indische Staatsbürgerschaft
entzogen]. Unter denen, die nicht beweisen konnten, dass sie vor der
Gründung des Nachbarstaats Bangladesch 1971 in Indien gelebt haben, waren
sowohl MuslimInnen als auch Hindus. Das CAB sichert nun allein den Hindus
die Staatsbürgerschaft und schützt sie vor einer Deportation.
Die Regierung verteidigt ihr Vorgehen. Weder das CAB noch das
Staatsbürgerregister in Assam würden darauf abzielen, indischen Bürgern
jedweden Glaubens die Staatsbürgerschaft zu entziehen, so der
Regierungssprecher Raveesh Kumar. Kritiker*innen bleibt jetzt nur noch die
Hoffnung, dass das oberste Gericht die Umsetzung stoppt. Die Muslim-Liga
der Indischen Union beantragte am Donnerstag beim obersten Gericht, das
Gesetz für illegal zu erklären. Der Text sei ein blanker Verstoß gegen den
Verfassungsgrundsatz, dass es keine Diskriminierung auf Grundlage der
Religion geben dürfe.
12 Dec 2019
## LINKS
[1] /Indiens-Bundesstaat-Assam/!5622081
[2] /Umstrittene-Entscheidung-in-Indien/!5619687
## AUTOREN
Natalie Mayroth
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Indien
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