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# taz.de -- Neues Staatsbürgerschaftsgesetz: Massenproteste nun in ganz Indien
> Das neues Gesetz diskriminiert Muslime und sorgt für Zorn im ganzen Land.
> Bei Großdemonstrationen werden Tausende Menschen festgenommen.
Bild: Auch in Mumbai, der größten Stadt Indiens, mobilisiert sich jetzt der W…
Mumbai taz | „Meine Religion ist indisch“, steht auf dem Schild einer
jungen Frau. Sie drängelt sich an den Menschenmassen vorbei in Richtung des
historischen August-Kranti-Platzes in Mumbais Innenstadt. Bisher war es in
der größten Stadt Indiens relativ still geblieben, [1][während im Norden
des Landes] seit mehr als einer Woche gegen [2][das neue
Staatsbürgerschaftsgesetz (CAA)] protestiert wird, das illegal eingereisten
Migranten aus drei mehrheitlich muslimischen Nachbarländern Indiens die
Einbürgerung erleichtert – allerdings nur, wenn sie keine Muslime sind.
Für Donnerstag hatten nun verschiedene Gruppen zum ersten großen Protest
auch in Westindien aufgerufen. Vor genau 92 Jahren waren die
Freiheitskämpfer Ram Prasad Bismil, Ashfaqulla Khan und Roshan Singh an
diesem Tag hingerichtet worden. Auch Prominente aus Bollywood, die sich
bisher kaum zur drastischen Lage in Indien geäußert haben, hatten sich
angekündigt.
Doch davon sind viele unbeeindruckt. „Wir interessieren uns nicht für
Stars“, sagt die 17-jährige Psychologiestudentin Tanishka, „wir sind hier,
weil das CAA Muslime diskriminiert.“ Indien sei eine „säkulare Nation“,
doch Premierminister Narendra Modi mache Indien zu einen nationalistischen
Land.
Tanishkas Meinung teilen viele Menschen auf der Demonstration, was an ihren
Plakaten abzulesen ist. Auf einigen sind NS-Vergleiche (Hakenkreuze) zu
sehen, doch genauso viele tragen Indien-Flaggen. „Wir wollen keine
Diktatur“, rufen Menschen in der Menge auf Hindi, „Freiheit, Freiheit!
## Kritik: Staatsbürgerschaft und Religion werden verknüpft
Viele Muslime, Studierende und Oppositionsparteien kritisieren, dass mit
dem Gesetz erstmals Staatsbürgerschaft und Religion verknüpft würden, was
gegen die indische Verfassung verstoße. Modi argumentiert hingegen, dass
das Gesetz religiös verfolgten Menschen helfe. Im kommenden Jahr will das
oberste Gericht das CAA, das bereits im Parlament verabschiedet worden ist,
prüfen.
„Wir haben gesehen, was in Indien passiert“, sagt der 27-jährige Sohel in
Mumbai, „Menschen wird nicht erlaubt zu protestieren.“ Es sei das erste
Mal, dass er auf die Straße gehe, um für seine Rechte einzustehen. „Trotz
so vieler Probleme, wird jetzt Religion zum Thema gemacht“, beklagt der
junge Muslim. Zwar sei Mumbai im Vergleich zum Norden des Landes spät dran
gewesen, „aber jetzt sind wir hier“, sagt er.
Mehr als 30.000 Menschen gingen laut Polizeiangaben am Donnerstag in Mumbai
auf die Straße. Am Vorabend, auf der ersten öffentlichen Demonstration in
der Stadt, hatte das noch ganz anders ausgesehen. Nur wenige hundert
Protestierende waren gekommen. Protest hatte es in Mumbai nur an den
Universitäten gegeben, nachdem Studierende in Delhi am Sonntag heftig von
Polizisten attackiert worden waren.
In der Küstenmetropole Mumbai verlief es am Donnerstag friedlich – im
Gegensatz zu anderen Teilen Indiens, in denen es zu Massenfestnahmen und
Blockaden kam, etwa Bangalore oder Delhi. Allein in der Hauptstadt nahmen
Beamte kurzzeitig über 1.000 Demonstrierende fest. Darunter waren
Intellektuelle wie der renommierte Gandhi-Biograf Ramachandra Guha und
OppositionspolitikerInnen, die sich an den Protesten beteiligt hatten. Kurz
vor den Demonstrationen vom Donnerstag war in Bundesstaaten, die von Modis
hindunationalistischer BJP-Partei regiert werden, ein Versammlungsverbot
verhängt worden. In Mumbai galt dies nicht.
## Internet-Shutdowns in der Hauptstadt
Die Massenproteste, die im Nordosten des Landes begonnen hatten, haben sich
mittlerweile auf ganz Indien ausgeweitet. Sie werden von Studierenden
mitgetragen. Immer mehr Menschen äußern sich kritisch gegenüber der
Regierung. Diese ließ am Donnerstag in der Hauptstadt mindestens 18
Metro-Stationen schließen, in deren Nähe Demonstrationen hätten stattfinden
sollen. Dies und Polizeibarrikaden führten außerdem zu einem Verkehrschaos.
Einer der größten Telefonanbieter des Landes stellte nach eigenen Angaben
auf Anweisung der Regierung in Teilen Neu Delhis seine Handy-Dienste ein.
Zudem wurde in der Hauptstadt erstmals das Internet teilweise blockiert.
Internet-Shutdowns waren zuvor vor allem in der Unruheregion Kaschmir ein
oft eingesetztes Mittel.
20 Dec 2019
## LINKS
[1] /Indiens-umstrittenes-Migrationsgesetz/!5650899
[2] /Protest-gegen-Migrationsgesetz-in-Indien/!5646006
## AUTOREN
Natalie Mayroth
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Mumbai
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