# taz.de -- Neuer Fall empört Indien: „Dieses Land ist keines für Frauen“ | |
> Es hört nicht auf: Vier Männer sollen im südindischen Hyderabad eine | |
> 27-jährige Tierärztin vergewaltigt, getötet und verbrannt haben. | |
Bild: Protest in Neu-Delhi gegen die Gruppenvergewaltigung einer 27-Jährigen i… | |
MUMBAI taz | Im südindischen Hyderabad hat die Polizei am Sonntag vier | |
mutmaßliche Vergewaltiger vor einer aufgebrachten Menschenmenge schützen | |
müssen. Schon wieder war bekannt geworden, dass Männer eine Frau brutal | |
vergewaltigt und anschließend ermordet hatten. | |
Die Tat war erfolgt, nachdem einer jungen Tierärztin am Mittwochabend der | |
Motorroller nicht angesprungen war. Sie alarmierte darauf per Handy ihre | |
Schwester, dass sie Angst habe. Dann ging der Kontakt verloren. | |
Am Tag darauf fand die Polizei ihre verbrannte Leiche. Nach Aussagen der | |
Familie hatten sich die Behörden zunächst geweigert, der Vermisstenmeldung | |
überhaupt nachzugehen. | |
„Dieses Land ist keines für Frauen“, [1][schreibt] die Autorin Zainab | |
Sikander auf Twitter. Der geschilderte Fall ist in Indien kein Einzelfall. | |
Nur kurze Zeit später wurden weitere Vergewaltigungen samt Mord bekannt: an | |
einer 20-Jährigen in Tamil Nadu und eine Gruppenvergewaltigung im Osten | |
Indiens. | |
## Der Tat folgen Aufrufe zur Gewalt | |
Doch diese beiden Fälle befeuerten die Debatte nicht so sehr wie der Mord | |
an der Tierärztin. Nachdem Bilder vom Tatort online gingen, kursierten im | |
Netz auch Aufrufe zu Gewalt. Die Täter hätten den Tod verdient. | |
In dieser ohnehin aufgeheizten Atmosphäre wurden Debatten über die | |
Sicherheit von Frauen von Hetze gegen die religiöse Identität eines der | |
Täter überschattet, der mutmaßlich muslimisch ist. | |
Die indische Frauenrechtlerin Elsa Maria D’Silva ist überzeugt, dass es | |
helfen würde, öffentliche Räume für Frauen zu gewinnen. Auch fordert sie | |
„Aufklärung über Sexualerziehung und gesunde Beziehungen schon im | |
Kindergarten“. | |
## Frauenrechtlerin: Indien braucht einen Mentalitätswandel | |
D’Silva ist Gründerin der Crowdmapping-Plattform Safecity, auf der Frauen | |
weltweit Belästigungen online melden können. Das sei leichter gesagt als | |
getan, so D’Silva. Denn es brauche einen Mentalitätswandel in der | |
Gesellschaft. Bei Ereignissen wie diesen müsse Stellung bezogen werden. | |
Seit einer Gruppenvergewaltigung einer jungen Studentin in der Hauptstadt | |
Neu-Delhi im Jahr 2012 regt sich massiver Widerstand gegen den bisher | |
laxen Umgang der indischen Behörden und das geringe Schuldbewusstsein der | |
Männer. Danach wurden die Gesetze verschärft – bis hin zur Todesstrafe. | |
Nach Behördenangaben werden landesweit jährlich 40.000 Vergewaltigungen zur | |
Anzeige gebracht. | |
„Die Schuldzuweisung an Opfer und die grassierende Frauenfeindlichkeit | |
müssen aufhören“, sagt Harish Sadani von der Organisation Men against | |
Violence and Abuse (Mava) aus Mumbai. Seit 26 Jahren vermittelt er jungen | |
Männern einen gewaltfreien Umgang. „Die in Indien und anderen Ländern | |
verbreitete toxische Männlichkeit wirkt sich auch negativ auf junge Männer | |
aus.“ | |
Indien sei eine tickende Zeitbombe. Männer müssten einsehen, dass sie | |
sowohl Lösung als auch Teil des Problems sind, so Sadani. Dennoch haben es | |
Organisation wie seine schwer, Förderung für ihre Präventionsarbeit zu | |
finden. Er beklagt seit Jahren die Normalisierung der Gewalt im täglichen | |
Leben. | |
1 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/zainabsikander/status/1200794948385177603 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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