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# taz.de -- Deutsche Autoindustrie: Konkurrenz und Klimavorgaben
> Die deutsche Autoindustrie präsentiert bei der IAA unter Druck ihre
> neuesten Modelle. Die Grünen tun sich derweil schwer mit dem
> Verbrenner-Aus.
Bild: Das Modell Mercedes-Benz Concept AMG GT XX auf der IAA in München, Deuts…
Berlin taz | Die Autobranche steht in den Startlöchern für die IAA in
München, Europas größte Automobilausstellung. Hier feiern sich die
deutschen Autobauer traditionell selbst, zelebrieren mit einer Prise
Standortnationalismus den deutschen Erfindergeist und das Ansehen deutscher
Marken auf dem Weltmarkt, das ihnen lange zuverlässig Gewinne beschert hat.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA), Lobbyvertretung der deutschen
Hersteller und Ausrichter der IAA, heißt Marken aus anderen Staaten
willkommen und lobt sich für die internationale Kooperation.
Dabei macht die ausländische Konkurrenz der deutschen Autoindustrie auf dem
Weltmarkt mächtig Druck. Die hiesigen Autobauer klagen über niedrige
Absatz- und Gewinnzahlen, wettern gegen die europäischen Klimavorgaben und
drohen sich damit immer weiter in die Krise hineinzumanövrieren. Und die
politischen Reaktionen darauf werden immer erstaunlicher.
Katharina Dröge, Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, zeigte sich im
Gespräch mit der ARD am Sonntagabend zunächst offen dafür, das
Verbrenner-Aus ein wenig zu verschieben. Ihr Parteikollege Cem Özdemir,
Grünen-Spitzenkandidat zur Landtagswahl in Baden-Württemberg, habe recht,
wenn er sage, dass es auf ein Jahr früher oder später nicht ankomme. Am
Montag jedoch stellte Dröge klar, dass sie an dem geplanten Datum 2035
festhält: Eine Diskussion über eine Aufweichung sei „ein großer Fehler“,
sie schaffe Unsicherheit und gefährde sowohl Klimaschutz als auch
Arbeitsplätze.
Aus der SPD-Bundestagsfraktion kam zunächst Protest: Parlamentarischer
Geschäftsführer Dirk Wiese warnte vor neuen Debatten über das
Verbrenner-Datum. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf betonte dagegen, man
sei nicht dogmatisch – entscheidend seien [1][sowohl Klimaziele als auch
Arbeitsplätze].
## Langsam elektromobil
Die Lage ist kompliziert. Einerseits kommen die deutschen Autobauer auf dem
Inlandsmarkt immer noch gut an, Volkswagen etwa baute seine
Marktführerschaft zuletzt sogar deutlich aus. Andererseits haben die Marken
aus dem Volkswagenkonzern, von Mercedes-Benz und BMW sowie die
Stellantis-Tochter Opel Mühe, ihre Position auf dem Weltmarkt zu behaupten.
Die Umstellung auf Elektromobilität wurde zu spät ins Rollen gebracht.
Chinesische Autobauer sind bei E-Autos und Hybridfahrzeugen besser
aufgestellt. [2][Auf dem Markt in China selbst], der besonders VW lange
Erfolg versprach, wurden die deutschen Marken überholt – zum Beispiel vom
chinesischen E-Autobauer BYD. Außerdem hat die europäische Autoindustrie
mit den Zöllen zu kämpfen, die US-Präsident Donald Trump für Autos
kurzerhand von 2,5 auf 27,5 Prozent erhöhte.
BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen, zu dem unter anderem die Marken Cupra,
Škoda, Audi und Porsche gehören – sie alle machen noch immer Gewinne.
Allerdings weniger als in den letzten Jahren, und das wollen die
Konzernvorstände mit Sparprogrammen wettmachen. VW will allein in
Deutschland bis 2030 fast ein Viertel aller Stellen streichen. Andere
Akteure der Autobranche straucheln ebenfalls: Vergangene Woche gab der
Zulieferer AE Group Werkschließungen bekannt. ZF Friedrichshafen hat seit
Anfang 2024 weltweit 11.200 [3][Vollzeitjobs abgebaut, der Sparkurs soll
noch weiter verschärft werden].
## Ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr
Der Verkehrswendeverband Transport & Environment (T&E) versucht hingegen,
ein anderes Licht auf die Autobranche zu werfen. „In der Realität sehen wir
einen schnellen Anstieg der E-Auto-Verkäufe und Ladepunkte in ganz Europa“,
sagte Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E am Montag. „Einige Hersteller
reden die Erfolge der letzten Jahre mit Absicht schlecht, weil sie die
Flottengrenzwerte schwächen wollen.“
Die europäischen Klimavorgaben für die Autoindustrie gelten seit 2023 und
besagen: Ab 2035 dürfen in der EU keine neuen Autos mehr auf den Markt
kommen, die mit fossilem Diesel oder Benzin betrieben werden. Bis 2035
müssen Hersteller schrittweise die von der EU festgelegten
Flottengrenzwerte einhalten – Obergrenzen für den durchschnittlichen
CO2-Ausstoß der Fahrzeuge eines jeden Autobauers, die in der EU neu
zugelassen werden. So sollen die CO2-Emissionen im Straßenverkehr sinken,
die das Klima und die menschliche Gesundheit gefährden.
## Europäische Hersteller auf Kurs
Laut T&E werde nur Mercedes-Benz die Flottengrenzwerte voraussichtlich
verfehlen. Alle anderen Autohersteller aus der Europäischen Union seien auf
Kurs. Allerdings drohe sich das zu ändern, wenn die EU dem Druck der
Autoindustrie nachgibt und die Emissionsziele weiter aufweicht. Erst in
diesem Jahr hatten die Autobauer Zugeständnisse bekommen. Sie haben nun
zwei Jahre mehr Zeit, die ursprünglich für 2025 geltenden Grenzwerte
einzuhalten. „Verwässern wir die vereinbarten Ziele weiter, könnten noch
mehr europäische Hersteller Mercedes folgen und bei der Elektrifizierung
ins Hintertreffen geraten“, warnt Bock.
Mercedes-Chef Ola Källenius ist aktuell an der Spitze des europäischen
Autoverbands Acea und einer derjenigen, die am lautesten über das
Verbrennerverbot schimpfen. Offenbar nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch
in Baden-Württemberg, wo Özdemir 2026 kandidiert – und wo Mercedes-Benz
seinen Hauptsitz hat.
Auch bei der IAA zeigt sich die Komplexität der Lage: Viele Hersteller
bewerben fleißig ihre E-Autos. Ausrichter VDA aber macht immer wieder klar,
dass er das Verbrenner-Aus allzu gerne kippen würde.
9 Sep 2025
## LINKS
[1] /Stellenabbau-in-der-Autobranche-/!6109553
[2] /Autoindustrie-bedroht-aus-China/!6108148
[3] /Umsatzrueckgaenge-und-Stellenabbau/!6106417
## AUTOREN
Nanja Boenisch
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