| # taz.de -- Krieg im Gazastreifen: Ist das ein Genozid? | |
| > Begeht Israel in Gaza einen Völkermord? Gerichte prüfen das – und | |
| > Jurist:innen und Historiker:innen streiten. | |
| Bild: Israelische Soldaten im Dezember 2023 in Beit Lahiya im Norden des Gazast… | |
| Nur wenige Tage und Wochen nach dem 7. Oktober hallt es „Stoppt den | |
| Genozid“ auf pro-palästinensischen Demonstrationen durch die Straßen in | |
| Deutschland und anderen Teilen der Welt. Von der anderen Seite heißt es: | |
| Wer Israel Genozid vorwirft, ist antisemitisch. In den vergangen knapp zwei | |
| Jahren haben sich die Fronten verhärtet. Die vielleicht polarisierendste | |
| Frage der Zeit: Begeht Israel in Gaza einen Genozid? | |
| Juristisch entschieden wird das durch den Internationalen Gerichtshof | |
| (IGH). Denn dort hat Südafrika im Dezember 2023 eine Klage gegen Israel | |
| eingereicht. Der Vorwurf an Israel: Völkermord. Außerdem bittet Südafrika | |
| den IGH, Israel zur Aussetzung seiner militärischen Operationen in Gaza | |
| aufzufordern. Im Januar 2024 ordnet das Gericht an, dass [1][Israel | |
| Maßnahmen ergreifen muss], um Akte des Völkermordes im Gazastreifen zu | |
| verhindern. | |
| ## Das endgültige Urteil des IGH steht noch aus. | |
| Auch Stefanie Bock will noch nicht urteilen. Alles andere wäre in ihren | |
| Augen unseriös. Die Professorin für Internationales Strafrecht spricht per | |
| Videoschalte von ihrem Büro an der Universität Marburg aus: „Noch liegt der | |
| Schriftsatz Südafrikas in der Klage vor dem IGH der Öffentlichkeit nicht | |
| vor“, sagt sie: „Noch wartet das IGH auf Israels Gegenrede.“ | |
| Was ist ein Genozid? Im allgemeinen Gebrauch wird der Begriff oft mit | |
| Massenmord oder Gräueltaten gleichgesetzt, mitunter wird er zu einem | |
| politischen Kampfbegriff. Auf juristischer Ebene ist er allerdings streng | |
| definiert. Demnach ist Knackpunkt jeder Diskussion über die Frage, ob | |
| Völkermord festgestellt werden kann oder nicht, die Intention. Die | |
| vorliegenden Beweise dürfen als „einzig vernünftige Schlussfolgerung“ | |
| zulassen, dass die Angeklagten eine genozidale Absicht verfolgen. Ist eine | |
| andere vernünftige Schlussfolgerung möglich, ist es kein Genozid. So sagen | |
| es derzeit die Gerichte. | |
| ## Die UN-Völkermordkonvention von 1948 | |
| Geprägt hat den Begriff der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin. Viele | |
| seiner Angehörigen wurden von den Nazis umgebracht, er selbst floh in die | |
| USA. Um die systematische Vernichtung von Jüdinnen und Juden zu | |
| beschreiben, kreierte er das Wort „Genozid“. | |
| Formulierungen wie „Gräueltaten“ erfassten, so Lemkin, nicht alle | |
| Dimensionen der Vernichtung der europäischen Juden. Lemkins Definition | |
| wurde zur Grundlage für die wegweisende UN-Völkermordkonvention von 1948. | |
| Die Übereinkunft sollte verhindern, dass sich Gräueltaten wie die des | |
| Nationalsozialismus wiederholen. „Völkermord“, heißt es darin, ist ein | |
| „Verbrechen gemäß internationalem Recht“, das verhütet und bestraft werd… | |
| müsse. Heute, knapp achtzig Jahre später, steht Israel im Verdacht, einen | |
| Genozid zu verüben – der Staat, der nach der Shoah als Heimstätte für | |
| Jüdinnen und Juden gegründet wurde. | |
| Mit ihrem Kollegen und Völkerrechtler Kai Ambos hat Bock einen Beitrag beim | |
| [2][Verfassungsblog], einer Website, auf der Staatsrechtler aus dem In- und | |
| Ausland Debattenbeiträge publizieren, geschrieben. Die Indizien für das | |
| Vorliegen eines Genozids „verdichten sich“, schreiben die beiden darin. | |
| Doch die Schwellen, einen Genozid nachzuweisen, liegen hoch – sehr hoch. | |
| Bewiesen werden kann eine genozidale Intention durch einen klaren | |
| Beschluss, ein schriftliches Dokument etwa, in dem ein Regime befiehlt, | |
| eine Gruppe auszulöschen. Immer wieder ziehen Völkerrechtler*innen als | |
| Beispiel für eine solche einfache Beweislage das Protokoll der | |
| Wannseekonferenz heran, bei der im Januar 1942 die sogenannte „Endlösung | |
| der Judenfrage“ beschlossen wurde. | |
| Liegt eine so eindeutige Beweislage nicht vor, kann eine solche Absicht | |
| auch aus Indizien abgeleitet werden, erklärt Bock. | |
| ## Strafrechtlerin über Indizien und Indikatoren | |
| Und im Fall von Gaza sieht sie gewisse Indizien, die auf einen Genozid | |
| hindeuten könnten. Die Äußerungen der politischen Führungsebene | |
| beispielsweise, so wie die viel zitierte Amalek-Äußerung des israelischen | |
| Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. | |
| Am 28. Oktober 2023 sagte er in Anlehnung an das Alte Testament: „Denk | |
| daran, was Amalek dir angetan hat!“ – ein Vers, der sich auf einen Angriff | |
| der Amalekiter gegen die Israeliten bezieht, woraufhin Gott deren | |
| vollständige Vernichtung befiehlt: „Mann und Weib, Kinder und Säuglinge, | |
| Ochsen und Schafe, Kamele und Esel.“ Manche sehen in dieser biblischen | |
| Referenz ein alarmierendes Signal, das einer genozidalen Denkweise Vorschub | |
| leiste. Andere deuten sie als symbolischen Bezug auf eine existenzielle | |
| Bedrohung – fest verankert in Israels kollektiver Erinnerungskultur, etwa | |
| in der Gedenkstätte Yad Vashem, wo die „Amalek“-Formel auf einem Mahnmal | |
| für die Opfer der Shoah steht. | |
| Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant erklärte am 9. Oktober: | |
| „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und dementsprechend handeln wir“. | |
| Ebenfalls 2023 richtete der Chef der israelischen Cogat-Behörde, | |
| Generalmajor Ghassan Alian, auf Arabisch eine Botschaft an die Bevölkerung | |
| im Gazastreifen: „Menschliche Tiere müssen auch wie solche behandelt | |
| werden. Es wird weder Strom noch Wasser, sondern nur Zerstörung geben. Ihr | |
| wolltet die Hölle, ihr bekommt sie.“ | |
| Die Äußerungen zielen, so Bock, eher auf ethnische Säuberungen als auf | |
| Völkermord. Doch in Kombination mit derzeitigen Plänen, die Bevölkerung in | |
| Gaza zunächst auf kleinstem Boden [3][in einer sogenannten „humanitären | |
| Stadt“ zusammenzupferchen, und sie dann von dort zu vertreiben], ergebe das | |
| strukturelle Bemühungen, die mit einem Genozid typischerweise | |
| zusammengehen. In der Gesamtabwägung könne man dies als Indikator mit | |
| aufnehmen. | |
| Ein weiterer Indikator: Die hohe Zahl an Kindern unter den Opfern. In Gaza | |
| sollen sie laut dem Gesundheitsministerium in Gaza vom 15. Juli 2025 knapp | |
| ein Drittel aller Todesopfer ausmachen. Laut Unicef lassen sich diese | |
| Zahlen zwar nicht überprüfen, die Angaben hätten sich nach den vergangenen | |
| Konflikten allerdings als zuverlässig herausgestellt. | |
| ## Israels Argumentation | |
| Doch die Argumentation Israels in der Verteidigungsrede vor dem IGH bleibe | |
| abzuwarten, so Bock. Israel weist auf sein Selbstverteidigungsrecht hin, | |
| auf die Bevölkerungsdichte im Gazastreifen, die gezielte Schläge | |
| erschwere, und darauf, dass die Hamas Zivilist*innen als Schutzschilde | |
| missbrauche. Und immer wieder betonen die israelischen Armeesprecher, die | |
| Angriffe gälten der Hamas, nicht der Zivilbevölkerung, und sie zielten auch | |
| darauf, die israelischen Geiseln zu befreien, die am 7. Oktober brutal | |
| entführt wurden. 50 werden noch heute im Gazastreifen festgehalten, weniger | |
| als die Hälfte von ihnen dürfte noch leben. | |
| [4][Omer Bartov] lässt diese Argumentation nicht mehr gelten. Der | |
| Historiker ist in Israel geboren und aufgewachsen, hat in der israelischen | |
| Armee gedient, nun lebt und lehrt er im US-amerikanischen Providence. Im | |
| Videogespräch stapeln sich im Regal hinter ihm Bücher über den Holocaust, | |
| über internationales Recht, Genozide, den ersten und zweiten Weltkrieg. | |
| Bartov ist Professor für Holocaust- und Genozidstudien an der | |
| Brown-Universität. Er und sein Forschungsfeld versuchen die Quadratur des | |
| Kreises, nämlich den Holocaust und seine Besonderheit wie die industrielle | |
| Ermordung von Juden und Jüdinnen in die größere Geschichte des Völkermords | |
| einzubetten. | |
| Er war keiner von denen, die gleich nach dem 7. Oktober „Genozid“ gerufen | |
| haben. Er wollte sicher sein, bevor er diesen monströsen Begriff benutzt, | |
| um zu beschreiben, was Israel im Gazastreifen tut. Er hörte die Äußerungen | |
| israelischer Politiker und Personen mit Befehlsgewalt, ihre | |
| Vertreibungsfantasien, er sammelte sie und erstellte eine Liste, aber er | |
| hielt es für falsch, dass sein israelischer Kollege, Raz Segal, ebenfalls | |
| Holocaust- und Genozidforscher, schon im Oktober 2023 von Völkermord | |
| sprach. Womöglich fielen die Äußerungen der Politiker im Eifer des | |
| Gefechts, dachte er. Und ja, es sei auch wahr, dass der Genozidvorwurf in | |
| der Vergangenheit immer wieder instrumentalisiert worden und politisch | |
| gegen Israel genutzt worden sei. | |
| Ende 2023 schrieb [5][Bartov in der New York Times ] von israelischen | |
| Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Damals warnte er | |
| lediglich davor, dass sich das Vorgehen in einen Genozid entwickeln könnte, | |
| er hoffte, den damaligen US-Präsidenten Joe Biden dahin bewegen zu können, | |
| Israels Vorgehen in Gaza Einhalt zu gebieten. Vergeblich. Im Mai 2024 drang | |
| [6][die israelische Armee in die südliche Stadt Rafah] ein, wohin zu der | |
| Zeit die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens geflohen war. | |
| ## Genozidforscher über genozidale Absicht | |
| An diesem Punkt war für Bartov klar: Ja, es ist ein Genozid. Die | |
| Argumentation, es gehe Israel um die Zerstörung der Hamas, konnte er ab dem | |
| Punkt nicht mehr gelten lassen. In seinen Augen geht es Israel darum, das | |
| Leben für die Palästinenser in Gaza unmöglich zu machen. Ähnlich heißt es | |
| auch in Artikel IIc der Genozidkonvention: Wenn vorsätzlich die | |
| Lebensbedingungen für eine Gruppe so erschwert werden, dass diese geeignet | |
| sind, „ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen“, … | |
| dies mit genozidaler Absicht, so bedeutet dies Völkermord. | |
| Für Bartov entsprachen die Handlungen des israelischen Militärs in diesen | |
| Tagen der Rafah-Operation nunmehr den genozidalen Äußerungen israelischer | |
| Politiker. | |
| Inzwischen erhebt Bartov den Vorwurf des Genozids selbst. In einem | |
| [7][Kommentar in der New York Times] schrieb er: „Ich bin Genozidforscher. | |
| Ich erkenne einen, wenn ich ihn sehe.“ Er verweist auf das Aushungern der | |
| Bevölkerung, die systematische Zerstörung ziviler Infrastruktur – darunter | |
| Wohnhäuser, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen und Wasseranlagen. Für ihn | |
| ergebe sich daraus der Schluss, dass eine Wiederherstellung | |
| palästinensischen Lebens in Gaza gezielt unmöglich gemacht werden solle. | |
| Stefan Talmon hingegen ist überzeugt davon, dass Israel keinen Genozid | |
| begeht. Er sagt das seit Langem und weiterhin, trotz der verschärften | |
| Kriegsführung. | |
| „Verändert hat sich die Intensität der Kriegsführung, die Brutalität. Es | |
| kommt zu mehr Kriegsverbrechen“, sagt der deutsch-britische Völkerrechtler. | |
| Doch die technischen Regeln, nach denen man einen Völkermord nachweist, | |
| sagt er, seien die gleichen geblieben. Und nach denen wird die Beweislage | |
| in Talmons Augen – nach jetzigem Stand – nicht ausreichen, um einen | |
| Völkermord zu beweisen. | |
| ## Völkermord-Klage und Internationaler Gerichtshof | |
| Denn abgesehen von den Argumenten, dass das Ziel der israelischen | |
| Operationen die Hamas sei oder dass die Hamas die Zivilist*innen als | |
| Schutzschilde benutze, sei selbst ethnische Säuberung eine andere | |
| Erklärungsmöglichkeit als die Absicht, die Palästinenser*innen in | |
| Gaza auslöschen zu wollen. | |
| Talmon lehrt an der Universität Bonn und bezeichnet sich selbst als | |
| „ungewöhnlichen deutschen Professor“, denn er praktiziert gleichzeitig als | |
| Rechtsanwalt in London. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich mit den | |
| furchtbarsten Verbrechen der Menschheit. Dabei scheut er nicht davor | |
| zurück, Staaten mit autoritären Machthabern zu vertreten. Die Türkei etwa. | |
| Schon zweimal vertrat er sie vor dem Europäischen Gerichtshof für | |
| Menschenrechte (EGMR); in einem Fall ging es um die Leugnung des | |
| Völkermords an den Armeniern. | |
| „Ich identifiziere mich nicht mit meinen Mandanten“, sagt Talmon. „Ich | |
| würde auch die jeweilige Gegenseite vertreten.“ Er glaube schlichtweg | |
| daran, dass alle das Recht auf Verteidigung haben. | |
| Auch der Staat Myanmar. Im November 2019 reichte Gambia Klage beim IGH | |
| gegen Myanmar ein. Der Vorwurf: Myanmar habe einen Genozid an den Rohingya | |
| verübt. Talmon stieg an der Seite Myanmars in den Ring. Das Verfahren läuft | |
| noch. | |
| Laut der Genozidkonvention, so Talmon, wird es für Südafrika schwer werden, | |
| die Beweisschwelle zu passieren. So wie es in dem IGH-Verfahren gegen | |
| Serbien, das 2007 abgeschlossen wurde, in vielen Fällen gescheitert ist. | |
| Damals wurde nur das [8][Massaker von Srebrenica] als Völkermord | |
| eingestuft. Die dortige planmäßige und unterschiedslose Tötung aller | |
| muslimischen Männer im wehrfähigen Alter, gleich ob Soldaten oder | |
| Zivilisten, deutete für das Gericht eindeutig auf die Völkermordabsicht | |
| hin. | |
| Er schließt nicht grundsätzlich aus, dass es auch aus seiner Sicht in Gaza | |
| zu einem Genozid kommen könnte. Denkbar wäre, dass eine entsprechende | |
| Anweisung des israelischen Kabinetts auftaucht, aus der eine klare | |
| Völkermordabsicht hervorgeht. Oder dass das israelische Militär im | |
| Gazastreifen ein Srebrenica vergleichbares Massaker begeht. | |
| Ab wann ist eine Handlung ein Genozid? Diese Frage ist immer wieder neu | |
| Teil von gerichtlichen Aushandlungsprozessen. Auch jetzt, im Verfahren | |
| Südafrika gegen Israel. Irland, das sich der Klage Südafrikas angeschlossen | |
| hat, plädiert darauf, die Anforderung an den Genozidtatbestand niedriger zu | |
| setzen: Die Absicht solle weniger zentral in der Beweisführung sein. Nicht | |
| die Intention müsste bewiesen werden zur Anordnung eines Genozids. Es würde | |
| genügen, dass die Angeklagten wissen, dass sie zu einem beitragen. Ob der | |
| IGH einer solchen Absenkung der Schwelle folgen wird, bleibt abzuwarten. | |
| ## Über Einsamkeit | |
| In zumindest einer Sache sind sich Talmon und der Historiker [9][Shlomo | |
| Sand] einig. „Es ist kein Genozid“, sagt Sand im Videogespräch. Seit | |
| einiger Zeit ist er in Nizza, um Abstand zu gewinnen. Um weit weg zu sein | |
| von seinem eigentlichen Wohnort in Israel. Und weit weg von Gaza. Er | |
| erträgt die Bilder aus Gaza nicht mehr, und die israelische Kriegsführung | |
| dort. Und trotzdem sagt er: „Kriegsverbrechen, ja. Schwere, furchtbare. | |
| Genozid? Nein. Könnte es morgen einer sein? Ja! Aber ist es jetzt einer? | |
| Nein!“ | |
| Ausgerechnet Shlomo Sand, sagen viele, die ihn kennen. Der Israeli ist Teil | |
| einer Gruppe von Historikern, die als „Neue Historiker“ bezeichnet werden. | |
| In den späten 1980er Jahren brachen sie mit dem zionistischen Narrativ der | |
| traditionellen israelischen Geschichtsschreibung, sie wollten die Erzählung | |
| vom israelischen Militär als „moralischste“ Armee der Welt nicht mehr | |
| tragen, brachten die Nakba in die Geschichtsschreibung mit ein, also die | |
| Flucht und Vertreibung der Palästinenser rund um den Krieg im Jahr 1948. | |
| Sand bezeichnet sich als Postzionisten. | |
| „Mahmoud Darwish war mein Freund, als wir jung waren“, sagt Sand. | |
| [10][Darwish, der palästinensische Nationaldichter], widmete Sand ein | |
| Gedicht. „A soldier dreams of white lilies“. Doch nun verliert Sand einen | |
| Freund nach dem anderen. Palästinenser, linke Israelis, linke Franzosen. | |
| Sie werfen ihm vor, den Genozid in Gaza zu leugnen. Und Sand seinerseits | |
| ist enttäuscht von vielen in der internationalen Linken, die die Hamas in | |
| seinen Augen nicht ausreichend verurteilen und mitunter angetrieben seien | |
| von anti-israelischen Ressentiments. | |
| Journalist*innen, die ihn fragen, was er über den Genozid in Gaza denkt, | |
| antwortet er: „Kein Genozid. Es ist ein kolonialer, dreckiger, furchtbarer | |
| Krieg, wie der Krieg in Vietnam, wie der Krieg der Franzosen in Algerien in | |
| den 1950er und 1960er Jahren. 700.000 Menschen wurden damals in der | |
| französischen Offensive getötet. Da spricht kaum jemand von Genozid.“ | |
| Dabei ist Sand überzeugt davon, dass große Teile der Rechten in Israel von | |
| der Vertreibung der Palästinenser aus Gaza träumen. Aber er geht – | |
| zumindest bislang – mit der Aussage des Militärs mit, dass Israel auf die | |
| Zerstörung der Hamas zielt, nicht auf die Zivilbevölkerung, „auch wenn es | |
| erschreckend viele Zivilisten als Opfer in Kauf nimmt“. | |
| Doch Sand spürt den Widerspruch, in dem er steht. „Ich bin kein Verräter“, | |
| sagt er im Gespräch. Gemeint ist: kein Verräter an den Palästinenser*innen. | |
| „Glaub mir“, sagt er, „ich werde als Freund von Mahmoud Darwish ins Grab | |
| gehen.“ | |
| In einer Zeit, in der in Gaza Kinder von Bomben getötet werden und | |
| verhungern und israelische Geiseln weiter von der Hamas festgehalten | |
| werden, ist die juristische Frage, ob Israel einen Genozid in Gaza begeht, | |
| vielleicht nicht die drängendste. Aber solange das Sterben weitergeht, ist | |
| sie alles andere als theoretisch. | |
| 2 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Internationaler-Gerichtshof/!5985388 | |
| [2] https://verfassungsblog.de/genozid-in-gaza/ | |
| [3] /Verhandlungen-fuer-Waffenruhe/!6096044 | |
| [4] /Genozidforscher-ueber-Gaza/!5984116 | |
| [5] https://www.nytimes.com/2023/11/10/opinion/israel-gaza-genocide-war.html | |
| [6] /Aktuelle-Entwicklungen-im-Gazakrieg/!6010330 | |
| [7] https://www.nytimes.com/2025/07/15/opinion/israel-gaza-holocaust-genocide-p… | |
| [8] /Gedenken-an-Srebrenica/!6097180 | |
| [9] /Utopie-eines-Israel-Palaestina/!6096028 | |
| [10] /Gedenktag-in-Israel/!6010702 | |
| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
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