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# taz.de -- Festival strebt nach Gleichberechtigung: Scheinwerferlicht für Nic…
> Das Reeperbahnfestival will ebenso vielen Frauen wie Männern eine Bühne
> bieten. Zusätzlich gibt es ein eigenes Showcase für
> Flinta*-Künstler*innen.
Bild: Auftritt der Lambrini Girls, 2024: Das Reeperbahnfestival achtet auf Glei…
84 zu 5 – so lautete das Geschlechterverhältnis beim diesjährigen Hurricane
Festival. Aufgetreten sind in Scheeßel 84 rein männliche Bands – und gerade
mal 5 weibliche, 11 mit weiblicher Beteiligung schafften es ins Line-up.
Das ist kein Einzelfall. Deutschlands große Festivals [1][sind in
Männerhand.]
Das Reeperbahnfestival jedoch fällt aus der Reihe. Als Mitglied bei
Keychange, einer von der Europäischen Kommission geförderten Initiative zur
Gleichstellung der Geschlechter in der Musikindustrie, verpflichtet es sich
zu mehr Diversität im Programm und hinter den Kulissen. Doch damit nicht
genug: Zum zweiten Mal bringt jetzt der Berliner Musikvertrieb Recordjet
gemeinsam mit Music Women Germany*, dem Dachverband für Frauen, Lesben*,
sowie inter*, nichtbinäre, trans* und agender-Personen ([2][Flinta*]) in
der Musikbranche, das Flinta* Music Force Showcase auf die Bühne – dieses
Jahr im Schmidtchen auf dem Spielbudenplatz.
Die Idee entstand aus einer Playlist. „Seit einigen Jahren gibt es die
Playlist Flinta* Music Force. Sie wurde Aufhänger für die Showcase, um mehr
Repräsentation auf Festivalbühnen zu schaffen,“ sagt Sky Droysen, Leitung
des Social Media Teams bei Recordjet, der taz. Mehr Sichtbarkeit und
Transparenz für Flinta*-KünstlerInnen zu schaffen, sei dem Label ein
Anliegen. Denn obwohl Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans, agender
und weitere genderqueere Personen in Gesellschaft und Branche zunehmend
präsenter würden, blieben sie in Medien, Charts und Playlists, auf Bühnen
und in Führungspositionen noch immer deutlich unterrepräsentiert.
Das belegt auch eine große Studie aus den USA, die die Entwicklung des
[3][Frauenanteils in der Musikbranche von 2012 bis 2022 untersucht] hat.
Zwar ist der Frauenanteil in den amerikanischen Charts mit 30 Prozent der
höchste in den vergangenen zehn Jahren. Im Umkehrschluss heißt das leider
aber auch: 70 Prozent sind männliche Künstler.
Die deutschen Zahlen sind ein Haufen Elend: Waren 2012 noch 13 Prozent der
KünstlerInnen in den deutschen Charts weiblich, sank der Anteil 2019 auf
nur noch acht Prozent. „Das ist eine Sache der Bereitschaft“, kommentiert
Droysen, „wenn man sich Studien anguckt, sieht man sehr viel Nachholbedarf,
vor allem in Bezug auf Festivals.“ Laut Droysen gibt es ein großes
Hindernis: Menschen in Führungspositionen müssten gewillt sein, etwas zu
verändern. „Da diese Positionen aber meistens von cis-Männern besetzt sind,
ist das oft nicht deren erster Impuls.“
Bereits im vergangenen Jahr feierten Recordjet und Music Women* Germany ein
erfolgreiches Debüt mit ihrem Showcase im Mojo Jazz Café und bewiesen
dessen Sprengkraft. Damals etwa mit der ehemaligen Synchronsprecherin und
heutigen Rapperin Taby Pilgrim oder der Hyperpop-Künstlerin Floss, die
pretty in pink harte Beats durch die Boxen pumpte. Heraus kam ein buntes
Potpourri dessen, was möglich ist an Individualität, Provokation und
Extraversion. Das ist vielleicht nicht für jeden alten Indie-Hasen etwas,
aber das Reeperbahnfestival war schon immer Ort für Innovation und
Knotenpunkt für Austausch.
## Eine Bühne ausschließlich für Flinta
Obwohl das Reeperbahnfestival sich ohnehin der Geschlechtergleichheit
verpflichtet hat, wollen Recordjet dennoch eine Bühne ausschließlich für
Flinta* etablieren. Dass sie Gefahr laufen könnte, als bloßer Zusatz
wahrgenommen zu werden, sieht Droysen anders. Für sie hat die Extra-Bühne
nichts mit fehlender Integration zu tun: Zum einen sei es dem Musikvertrieb
ein Anliegen, den Fokus auf Flinta*-KünstlerInnen zu legen –
Scheinwerferlicht mal nicht für Männer. Zum anderen grenze diese klare
Haltung sie vom restlichen Line-Up des Festivals ab: „Uns unterscheidet vor
allem der Faktor, dass unser Showcase wirklich hundertprozentig Flinta*
ist.“
Generell seien viele KünstlerInnen des Labels beim Reeperbahnfestival
vertreten, aber das allein reiche Recordjet nicht. „Der Hauptgedanke war,
dass wir eine Showcase initiieren, um Flinta*-Artists gezielt zu
präsentieren,“ sagt sie.
## Weg zu einer gerechteren Musikbranche ist weit
Damit reagiert Recordjet auf die Wünsche vieler Angehöriger der Branche.
2024 [4][analysierte] Keychange im Rahmen einer Studie die
Chancengleichheit in der Musikwirtschaft. Sie zeigt: An deren
Verwirklichung glauben vor allem Flinta* nicht. Sie berichten fast alle von
Diskriminierung. Auch drei Viertel der Männer haben solche Erfahrungen
gemacht. Der Weg zu einer gerechteren Musikbranche ist weit. Das Showcase
kann nur ein erster Schritt sein.
Der Festivalsommer ist fast vorbei – und das Herz könnte schwer werden,
wäre da nicht das [5][Reeperbahnfestival], das mit den wehmütigen
MusikliebhaberInnen in die Verlängerung geht. Im September treten über 110
KünstlerInnen auf. Die Hälfte davon garantiert Flinta*.
13 Aug 2025
## LINKS
[1] /Gleichberechtigung-in-der-Musikbranche/!6044878
[2] /FLINTA/!t5860252
[3] https://assets.uscannenberg.org/docs/aii-inclusion-recording-studio-jan2023…
[4] https://d220vw3agu5jms.cloudfront.net/sites/default/files/2024-09/Ergebnisb…
[5] https://www.reeperbahnfestival.com/
## AUTOREN
Karoline Gebhardt
## TAGS
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