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# taz.de -- Kommunalpolitiker über Investitionsboost: „Wir können keine wei…
> Der Bund möchte die Wirtschaft stärken. Doch der Plan belaste die
> Kommunen finanziell, warnt der Präsident des sächsischen Städte- und
> Gemeindetags.
Bild: Viel zu Schultern in Radebeul haben nicht nur die Weinbauerm auch die Kom…
taz: Herr Wendsche, die Bundesregierung plant, dass Unternehmen in
Deutschland weniger Steuern zahlen sollen, damit sie [1][mehr Geld für
Investitionen haben]. Das soll mehr Wachstum erzeugen. Was halten Sie als
Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetags von dem Plan?
Bert Wendsche: Auch wir Kommunen sind daran interessiert, dass Deutschland
die wirtschaftliche Talsohle verlässt. Das geht nur mit Investitionen. Die
Kehrseite darf allerdings nicht sein, dass wir Kommunen die erheblichen
Ausfälle von Steuereinnahmen tragen, die mit dieser Bestellung des Bundes
einhergeht – auch wenn die Bestellung richtig ist.
taz: Laut dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy,
würden Kommunen durch den Investitionsbooster deutschlandweit bis 2027 fast
7 Milliarden Euro verloren gehen. Wie sieht es da in Sachsen aus?
Wendsche: Wir haben ausgerechnet, dass die sächsischen Kommunen bis 2029 in
der Summe einen Verlust von 360 Millionen Euro an Gewerbesteuer und
Gemeindeanteil-Einkommenssteuer hätten. Wenn man sich dann vor Augen hält,
dass wir aktuell in der schlimmsten Finanzkrise der kommunalen Ebene
stecken, die wir je hatten, kann jeder sehen: Wir können keine weiteren
Belastungen schultern. Schon unsere aktuelle Last überfordert uns. Im
Vorjahr hatten wir einen Finanzverlust von 682 Millionen Euro.
taz: Welche Folgen hätte es denn, sollten die Kommunen noch weniger Geld
haben?
Wendsche: Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, man verzerrt die noch
vorhandene Liquidität endgültig. Das Geld steht dann aber nicht mehr für
Investitionen zur Verfügung. Da kann auch die Wirtschaft kein Interesse
dran haben, dass die kommunalen Investitionen zum Erliegen kommen. Oder,
man schränkt die kommunalen Angebote weiter ein; also Sportangebote,
Schulangebote, Sozialangebote. Auch das wäre in der jetzigen Situation
kontraproduktiv und den Bürgern kaum vermittelbar.
taz: Können Sie konkrete Beispiele nennen, um welche Angebote es da geht?
Wendsche: Konkret muss das natürlich jede Stadt oder Gemeinde entscheiden.
Klassische Angebote, die Kommunen für ihre Bürgerschaft bereithalten, sind
die Schul- und Kita-Infrastruktur, große Teile der Kultur- und
Sozialinfrastruktur, die Förderung von Trägern, die örtliche Schwimmhallen
oder der Öffentliche Personennahverkehr.
taz: Und es könnte sein, dass Angebote wegfallen, wenn die Kommunen weiter
sparen müssen?
Wendsche: Wir haben ja in Sachsen jetzt schon eine Haushaltsnotlage, durch
die überall Angebote konsolidiert werden – und konsolidiert heißt
natürlich: einschränken. Das sollte man nicht beschleunigen, denn wenn das
kommunale Leben zum Erliegen kommt, ist das auch kontraproduktiv für die
Wirtschaft. Wir brauchen eine gemeinsame Aufbruchsstimmung von kommunaler
Ebene und Unternehmen; das geht nicht im Gegeneinander.
taz: Aber ist für sowas nicht Geld aus dem [2][Investitionspaket für die
Infrastruktur] da, für das der Bundestag im März 500 Milliarden Euro neue
Schulden aufgenommen hat?
Wendsche: Nein. Ich denke, das Paket wird frühestens 2027 finanziell
ausgabewirksam. Dann können wir damit weitere Investitionen fördern, aber
unser aktuelles Problem sind die steigenden Ausgaben – Stichwort:
Sozialausgaben – die wir nicht durch die Einnahmen gedeckt kriegen. Dieses
Problem muss angegangen werden. Investitionen nützen nichts, wenn Sie
vorher insolvent sind.
taz: Der Investitionsbooster könnte – falls die Wirtschaft wieder wächst
und die Unternehmen mehr verdienen – auf lange Sicht zu mehr
Steuereinnahmen bei den Kommunen führen.
Wendsche: Völlig unstrittig. Aber was nützt mir das Paradies, wenn ich es
gar nicht erreiche, weil ich vorher pleite gegangen bin?
taz: Die Kommunen könnten also auch mit der Aussicht auf spätere
Mehreinnahmen nicht verschmerzen, dass sie erstmal weniger Geld bekommen?
Wendsche: Wir können es zurzeit nicht decken. Unsere Landkreise sind
mittlerweile in gigantischen Höhen in Kassenkrediten. Das darf nicht sein.
Wir müssen wieder dahin kommen, dass die laufenden Einnahmen die Ausgaben
decken. Deswegen verkraften wir das nicht.
5 Jun 2025
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## AUTOREN
David Muschenich
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