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# taz.de -- Kurden in der Türkei: Der Gesang der Hoffnung
> Seit Jahrtausenden teilen Kurden im Dengbêj-Haus ihre Geschichte, seit
> Kurzem auch Hoffnung auf Frieden. Präsident Erdoğan hat noch andere
> Interessen.
Bild: Abwarten und Tee trinken. Und natürlich singen.: Kurdische Traditionen d…
Diyarbakır taz | Hinter den alten Stadtmauern von Diyarbakır, zwischen
Häusern aus schwarzem Basaltstein, ertönt eine Stimme. Tief, langgezogen,
fast klagend. Sie schwankt, sie erzittert. Es ist eher ein Ruf. Ein
getragener Klang, der sich durch die verwinkelten Gassen der inoffiziellen
kurdischen Hauptstadt zieht. Er führt zu einem unscheinbaren Eingang,
hinter dem sich ein kleiner Innenhof öffnet: das Dengbêj-Haus.
Schon am Vormittag haben sich dort Menschen versammelt – Einheimische, die
sich an Vergangenes erinnern wollen, ebenso wie neugierige Reisende auf der
Suche nach Geschichten. Am vorderen Ende des Hofes sitzen fünf Männer auf
Bänken, in gestreiften Jacken, Stoffhosen und mit Schultertüchern. Sie
trinken Tee, sie warten, sie erinnern sich. Die Stimme gehört zu Naiw,
einem der ältesten Dengbêj dieses Hauses. Seine Lieder erzählen – nicht nur
von früher, sondern auch von heute.
Naiw kommt aus einem Dorf nahe Diyarbakır. Von vielen wird er „Haci“,
Pilger genannt. „Weil ich alt bin, nicht weil ich gepilgert bin“, sagt er
lachend. Ein schmaler Mann mit wettergegerbtem Gesicht und ruhiger Stimme.
Er zeigt auf seine weißen Haare und scherzt: „Ihr denkt bestimmt, was macht
denn der Opa hier?“ Aber das weiße Haar stehe für die Geschichten, die er
erlebt habe.
Die Wurzeln der Dengbêj reichen Jahrtausende zurück, bis ins alte
Mesopotamien. Seither werden mit dem melodischen Sprechgesang Geschichten
weitergereicht, von Liebe, Verlust, Ehre, Kampf – und vom Frieden. Das Haus
wurde 2007 mit Unterstützung der Stadtverwaltung, des
Dicle-Fırat-Kulturzentrums und der EU gegründet. Heute arbeiten dort 25
professionelle Dengbêj-Sänger, die für ihre Kunst bezahlt werden. Es ist
ein Ort der Erinnerung an die kurdische Geschichte, der Erzählung, aber
auch des Austauschs. „Ein Dengbêj sucht dich aus“, sagt Naiw. „Es ist ke…
Beruf. Es ist ein Ruf.“
## Lieder über Liebe – und Leid
In diesen Tagen ist das Dengbêj-Haus auch ein Ort der Erwartung. Denn die
alten Geschichten treffen auf eine neue politische Realität. In Diyarbakır
scheint generell und insbesondere im Stadtteil Sur, dem Zentrum eine
vorsichtige Euphorie aufzukommen. Mitte Mai wurde hier zum ersten Mal das
Fest der kurdischen Sprache gefeiert und erst vor Kurzem gab es sogar eine
Buchmesse, auf der kurdische Verlage ihre Bücher präsentieren konnten.
Das war lange undenkbar. Denn jahrzehntelang wurde die kurdische Identität
unterdrückt, die Sprache, die Musik, sogar die Vornamen – verboten.
Besonders nach dem Militärputsch von 1980 galt den Machthabern, im Versuch
die Nation zu einen, alles Nichttürkische als Bedrohung. Das Gefängnis von
Diyarbakır wurde zum Symbol [1][brutaler Unterdrückung: Folter, Demütigung,
Isolation]. Viele junge Kurd*innen gingen daraufhin in die Berge und
schlossen sich dort dem bewaffneten Kampf an. Und damit der Partiya
Karkerên Kurdistanê – der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Doch die hat Anfang Mai offiziell beschlossen, sich aufzulösen – bis
Oktober wolle man die Waffen niederlegen. Ein historisches Signal. In der
Folge trafen sich nach Medienberichten die Regierungsparteien AKP und MHP
mit der prokurdischen Partei DEM zu Friedensgesprächen. Und im Dengbêj-Haus
hören viele nun ganz genau hin: Wird diesmal mehr daraus als ein weiteres
gebrochenes Versprechen?
Für Naiw ist eines klar: Es wurde genug gekämpft. Auch in seinen Liedern,
den sogenannten „klam“, erzählt er davon – vom Leid, vom Leben, vom
Menschsein. Und davon, dass Unterscheidungen wie Kurde oder Türke, Mann
oder Frau nur Konstrukte seien – Narrative des türkischen Staates, für
dessen Gründung viel Blut geflossen ist. Am liebsten aber singt er über
verbotene Lieben. „Über die Repressionen nach dem Militärputsch würde ich
auch gerne erzählen“, sagt Naiw leise. „Aber das ist bis heute riskant.“
## Vorurteile, staalich gesteuert
Auch Ahmed Yılmaz weiß, was [2][Zensur ist. In den frühen 2000ern] musste
der Musiker und Koordinator des Dengbêj-Hauses seine Konzertprogramme der
Polizei vorlegen, Texte wurden gestrichen, auch heute noch, sagt er. Schon
das Wort „Berg“ könne ausreichen, um ein Lied politisch zu deuten – und …
verbieten. Was er von den aktuellen Friedensgesprächen hält? Yılmaz bleibt
vorsichtig optimistisch. Er hoffe auf ein neues gesellschaftliches Klima,
auf mehr Verständnis. Doch seine eigenen Erfahrungen machen ihn skeptisch.
Denn zur staatlichen Repression der Kurden kommen die Vorurteile in der
breiten türkischen Gesellschaft, genährt von Fernsehberichten über
Terroranschläge und tote türkische Soldaten. Als er sich für ein
Kulturprojekt im westtürkischen Eskişehir aufhielt, sei er damit
konfrontiert gewesen, erzählt Ahmed Yılmaz. „Ein junger Mann fragte mich:
‚Du bist doch auch so ein Terrorist, oder?‘ “
Was solle man darauf antworten, fragt er. Sage man ja, sei es schlimm –
sage man nein, glaube es einem niemand. „Ich habe ihn gefragt: Wenn ich ein
Terrorist wäre, dann wäre ich doch längst in den Bergen.“ Yılmaz glaubt,
dass sich diese Einstellung bei vielen, die sich nicht richtig informieren
wollten, auch nach einem Friedensprozess nicht ändern würde.
Was Ahmed Yılmaz als persönliche Erfahrung beschreibt, formulieren
Politiker:innen der prokurdischen DEM-Partei als politische Forderung:
Es brauche mehr als Versöhnungssignale – es braucht strukturelle
Veränderungen. Im Zentrum stehen für die Partei dabei vier zentrale
Anliegen: die verfassungsrechtliche Anerkennung der kurdischen Identität,
das Recht auf muttersprachlichen Unterricht, die Stärkung kommunaler
Selbstverwaltung sowie eine inklusive Staatsbürgerschaft – also ein
Staatsverständnis, in dem niemand aufgrund von Herkunft, Sprache oder
Religion ausgeschlossen wird.
## Erdoğan spielt mit dem Feuer
Doch dafür müsste die Verfassung geändert werden. Und genau das ist auch
der Plan von Machthaber Recep Tayyip Erdoğan. Ende Mai 2025 beauftragte er
ein Juristengremium, ein neues Grundgesetz zu entwerfen. Die Bühne dafür
war sorgfältig gewählt: In einem festlich beleuchteten Saal des
Präsidentenpalasts in Ankara, vor Fernsehkameras und versammelter Presse,
sprach Erdoğan von einer „zivilen und freiheitlichen Verfassung“ – ein
Bruch mit der als repressiv geltenden Militärverfassung von 1982.
Es klang nach Aufbruch. Doch hinter den Worten lag ein klares Ziel: eine
dritte Amtszeit zu sichern. Denn nach geltendem Recht dürfte Erdoğan 2028
nicht wieder antreten – es sei denn die Verfassung würde geändert.
Dafür braucht es allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – ohne
die Stimmen der prokurdischen DEM-Partei ist sie kaum zu erreichen. Und so
richtet sich Erdoğans Blick nach Südosten: dorthin, wo die Stimmen zählen,
die er lange ignorierte. Es liegt nahe, dass die jüngsten
Annäherungsversuche – sein Sprung über die Flamme des kurdischen
Newroz-Fests in Istanbul im März, Gespräche hinter verschlossenen Türen –
auch dazu dienen, sich genau [3][diese politische Unterstützung zu
sichern].
Doch viele fragen sich: Geht es hier um echte Reformen – oder nur um einen
taktischen Schachzug des türkischen Präsidenten? Ayşe Serra Bucak,
Bürgermeisterin von Diyarbakır und Mitglied der DEM-Partei, kennt diese
Zweifel, auch aus Gesprächen mit internationalen Partner:innen, etwa aus
Deutschland. „Ist das ein realistischer Prozess – oder nur Taktik?“ Diese
Frage höre sie oft von europäischen Bürgermeister:innen und
Parlamentarier:innen.
## Viele Stimmen für den Frieden
[4][Ayşe Serra Bucak] sitzt in ihrem Büro im Rathaus von Diyarbakır, ein
großer, repräsentativer Raum, hinter ihr – gut sichtbar – ein Porträt von
Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der Republik. Die 39-jährige Juristin
und Menschenrechtsaktivistin ist seit März 2024 Bürgermeisterin von
Diyarbakır. Sie kennt die Geschichte der Region, kennt Repression und
Hoffnung – und sie weiß, was auf dem Spiel steht. „Wenn die Regierung nur
kurzfristig die kurdische Unterstützung sucht, um am Ende doch eine
autoritär geprägte Verfassung durchzusetzen, dann wäre das kein
demokratischer Prozess“, sagt sie.
Bucak nimmt die aktuellen Zweifel ernst und noch einen Schluck von ihrem
Tee: Eine neue Verfassung könne nur dann legitim sein, wenn sie nicht im
Alleingang der Regierungspartei entsteht. Sie fordert daher die sofortige
Einsetzung einer verfassunggebenden Kommission. Und tatsächlich berichten
türkische Medien am Montagabend, dass in den kommenden Tagen eine solche
Kommission gegründet werden solle.
Doch eine solche müsse breit besetzt, plural, gesellschaftlich verankert
sein, gibt Bucak zu Bedenken. Nicht nur AKP-nahe Juristen sollen daran
arbeiten, sondern auch Vertreter:innen der Opposition, der
Zivilgesellschaft, von Berufsverbänden und Menschenrechtsorganisationen.
„Ein echter Neuanfang braucht viele Stimmen“, sagt sie.
Zugleich verlangt sie eine Wende im Umgang mit politischen Gefangenen, von
denen es in türkischen Gefängnissen nach Angaben des Europarats noch an die
350.000 gibt: Reformen im Strafvollzug, eine unabhängige Rechtskommission,
rechtsstaatliche Verfahren. Außerdem fordert Bucak einen „runden Tisch“
mit Soziolog:innen, Psycholog:innen und Akademiker:innen – eine
neue Version des einstigen „Rats der Weisen“. Es brauche einen
gesellschaftlichen Boden für ein friedliches Miteinander, sagt sie.
## Die Wut der Jugend
Bucak betont zudem die Rolle von Frauen, die in der kurdischen Bewegung
besonders stark ist: „Frauenorganisationen, kurdische und türkische
Feministinnen, Aktivistinnen, Politikerinnen – sie alle müssen einen Platz
am Verhandlungstisch haben.“ Nur wenn wirklich alle gesellschaftlichen
Gruppen einbezogen würden, so Bucak, könne ein dauerhafter Frieden
entstehen – „einer, in dem kein junger Mensch mehr für dieses Land sterben
muss – weder in Edirne noch in Diyarbakır.“ Die Frage sei also nicht nur,
ob die Regierung es ernst meine – sondern ob sie den Mut habe, diesen
historischen Moment mit der nötigen gesellschaftlichen Tiefe zu gestalten.
Denn eine solche Chance ist schon einmal vertan worden.
2015, im Stadtteil Bağlar von Diyarbakır, wo die Häuser eng stehen und der
Asphalt Risse hat, errichten Jugendliche Barrikaden aus Müllcontainern und
Trümmern. Einige haben sich Tücher vors Gesicht gebunden, andere rufen
Parolen. Sie wollen gesehen werden – in einem Staat, der sie zu lange
ignoriert hat. Sie lieferten sich tagelange Gefechte mit der Polizei, es
gab Abriegelungen, [5][Zerstörung]. Die „Sur“-Ereignisse haben sich tief
ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Viele der Jugendlichen, die damals
auf die Straße gingen, kamen aus Bağlar – einem Randbezirk, gebaut von
Landflüchtlingen, die in den 1990er Jahren vor der staatlichen Gewalt
flohen. Der Stadtteil ist bis heute geprägt von Unsicherheit und Wut.
Auch der 27-jährige Botan war damals dabei. 10 Jahre später geht er die
Treppen zu seiner Wohnung hinauf, langsam, als trüge jeder Schritt eine
Erinnerung mit sich. Von den Wänden des Treppenhauses blättert die Farbe
ab, ein Graffiti in silbernen Buchstaben sticht hervor: Umudunu kaybetme –
„Verlier nicht die Hoffnung“. Botan bleibt kurz stehen, zeigt mit dem
Finger darauf und sagt lachend: „Na, die haben wir ja noch nie verloren.“
Dann schließt er die Tür zu seiner Wohnung auf.
Zu Hause setzt er sich auf den Boden, auf ein großes Kissen neben das
Fenster. Ein Teller mit Sonnenblumenkernen steht vor ihm. Er erzählt von
seiner Jugend, von seinen Freunden. Von denen, die gingen. Die nie
zurückkamen. Einige seien nach Rojava in Syrien gegangen, erzählt er, eine
von Kurden verwaltete Region. Dabei, sagt er, war man schon einmal weiter.
Zwischen 2013 und 2015 schien Frieden greifbar nah: Zum ersten Mal
verhandelte die türkische Regierung offen mit der PKK. Abdullah Öcalan, der
inhaftierte Gründer der Organisation, hatte damals zum Waffenstillstand
aufgerufen. Kämpfer der PKK begannen, sich aus der Türkei zurückzuziehen.
## Bücher statt Waffen
Es war eine historische Phase – begleitet von Vermittlung durch die HDP,
die Vorgängerpartei der DEM, getragen von zivilgesellschaftlicher
Beteiligung. Doch 2015, nach dem [6][Wahlerfolg der HDP], der der
Erdoğan-Partei AKP die absolute Mehrheit kostete, zerbrach alles. Die
Gespräche wurden abgebrochen, die Gewalt kehrte zurück – ebenso wie die
Repression.
„Wir wollten mit Bildung Widerstand leisten, nicht in den Bergen, sondern
hier in der Stadt, in unserem Viertel“, erzählt Botan. „Anwälte, Ärzte,
Lehrer werden. Wir wussten: Bildung ist der Schlüssel, nicht die Waffen
sind es.“ Doch nach dem Scheitern des Friedensprozesses entschied sich
seine beste Freundin für den bewaffneten Kampf und ging in den Untergrund.
Heute sitzt sie im Gefängnis – 31 Jahre Haft, erzählt Botan. Er senkt den
Blick, seine Stimme wird leiser.
Warum schloss er sich dem Kampf damals nicht an? „Man weiß nicht, was einen
da oben erwartet“, sagt er. „Und ich wollte das meiner Familie nicht
zumuten.“ Dann, nach einem kurzen Zögern, fügt er etwas hinzu, das wie ein
Eingeständnis klingt: „Ich hatte auch einfach zu viel Angst.“ Angst zu
sterben, so, wie Freunde und Bekannte gestorben sind. „Ich habe gesehen,
was das mit ihren Eltern gemacht hat“, sagt er. „Dieses Warten, das
Schweigen, die Beerdigungen ohne Körper.“ Er konnte sich das nicht
vorstellen. Nicht für sich. Nicht für seine Mutter.
Trotz allem verfolgt er die aktuellen Friedensgespräche aufmerksam.
Hoffnung, ja – aber nicht bedingungslos. Die angekündigte Verfassungsreform
begrüßt er, vor allem, wenn sie echte Gleichstellung verspricht. „Ich will,
dass Kurdisch endlich als Muttersprache anerkannt wird“, sagt er. „Das ist
keine politische Forderung, das ist Identität.“
## Gratulation und Gefängnis
Wenige Kilometer entfernt, in einem Café im Einkaufszentrum sitzt [7][Sedat
Yurtdaş] an einem Fenstertisch. Draußen schieben Familien Kinderwagen über
den Asphalt, drinnen läuft leise Musik. Yurtdaş rührt in seinem
Filterkaffee, doch sein Blick schweift immer wieder zum Handy. „Tut mir
leid“, sagt er, ohne den Blick zu heben. „Ich warte auf einen Anruf.“ Dann
schaut er auf: „Heute früh haben sie am Flughafen in Ankara jemanden
festgenommen – eine kurdische Person“. Der Vorwurf: Nähe zur PKK.
Es ist eine absurde Realität – und sie steht im scharfen Kontrast zur
offiziellen Rhetorik. Parallel zu weiteren Festnahmen hat Erdoğan vor
Kurzem Pervin Buldan, einer Politikerin der DEM-Partei, telefonisch zur
Wahl als Vizepräsidentin des türkischen Parlaments (TBMM) gratuliert.
Yurtdaş aber hat gelernt, solche Gesten mit Vorsicht zu betrachten. 1991
wurde er als einer der ersten kurdischen Abgeordneten seiner Generation ins
Parlament gewählt. Drei Jahre später wurde seine Immunität aufgehoben, er
wurde verhaftet. Der Vorwurf: Nähe zur PKK. Viele seiner
Fraktionskolleg:innen traf dasselbe Schicksal.
Heute, Jahrzehnte später, blickt er auf die neue politische Dynamik. Die
Gründung der PKK, ihre Radikalisierung, der bewaffnete Kampf – das alles
sei nicht losgelöst von der Geschichte der Unterdrückung zu sehen, sagt er.
Nun, da die [8][PKK ihre schrittweise Auflösung] angekündigt hat, sei das
mehr als nur ein symbolischer Akt. Es sei eine Einladung, Verantwortung zu
übernehmen – von allen Seiten. Doch es gehe jetzt nicht mehr nur um
Frieden, sondern um Gerechtigkeit. Um Rechte.
## Strategisch denken – aus Erfahrungnline
Yurtdaş lehnt sich zurück, nippt an seinem leeren Kaffeebecher. Sein Handy
vibriert, er scheint erst mal entspannter zu sein. Die verhaftete Person
hat sich gemeldet. Dann formuliert er seine Haltung: Es sei naiv zu
glauben, politische Schritte zur Lösung der kurdischen Frage müssten
warten, bis vollumfängliche Demokratie herrsche. „Das wäre ein gefährlicher
Irrtum.“
Die Kurd:innen müssten strategisch denken, diplomatisch handeln – nicht
aus Misstrauen, sondern aus Erfahrung. „Gut, dass unsere Stimmen gebraucht
werden“, sagt er. „Wir sind ein politisches Volk geworden. Und das ist
unsere Chance.“
Im Hof des Dengbêj-Hauses hebt Naiw noch einmal die Stimme. Seine letzte
Geschichte für heute ist eine alte Liebesklage. Der Tee ist längst
ausgetrunken, die Schatten auf dem Basaltstein sind länger geworden. Die
Männer stehen langsam auf, klopfen sich den Staub von den Hosen. Einer nach
dem anderen legt die rechte Hand auf die linke Brust, neigt leicht den Kopf
– eine stille Verabschiedung. Bis einer sagt: „Morgen sehen wir uns
wieder“. Naiw nickt. „Inşallah“, antwortet er leise. „Wenn Gott will �…
wenn der Frieden uns lässt.“
4 Jun 2025
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[6] /HDP-in-der-Tuerkei/!5203100
[7] /Neue-Verfahren/!1536394/
[8] /Historische-Wende/!6072788
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Derya Türkmen
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