# taz.de -- Streit um Gema-Reform: Ob E oder U, vor allem geht’s ums Geld | |
> Die Gema will den Unterschied zwischen E- und U-Musik abschaffen. Das | |
> bedeutet unter anderem weniger Geld für Komponisten von E-Musik. | |
Bild: Hat in den letzten 50 Jahren die zeitgenössische Musik weltweit gepräg:… | |
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch mal ernsthaft mit der | |
Unterteilung von Musik in „Ernste Musik“ (kapitales E!) und | |
„Unterhaltungsmusik“ auseinandersetzen würde. Zu sehr nach 20. Jahrhundert, | |
alter BRD und leserbriefschreibenden pensionierten Honoratioren müffelt | |
dieses Thema. [1][Jetzt doch – die Gema ist Schuld. Wieder mal.] | |
Und warum? Weil sie Schluss machen will! Schluss mit Besserstellung von | |
E-Musik, Schluss mit Zuwendungen an E-Musik-Komponist*innen, Schluss mit | |
„E“ generell – in Zukunft heißt es „KUK“ (für „Kunstmusik-Konzert… | |
will es zumindest Antrag 22a zur Gema-Mitgliederversammlung am 13.–15. Mai | |
mit dem Thema „Reform der Kulturförderung“. Würde der Antrag angenommen, | |
bedeutete das, dass es an die Pfründe der bislang in der Gema | |
bessergestellten E-Musik-Urheber*innen geht. | |
Für BackstageClassical steht die Gema „vor der größten Reform ihrer | |
Geschichte“. Und natürlich stößt diese Reform nicht bei allen Mitgliedern | |
auf Begeisterung: Es „muss weiterhin unterschieden werden“, fordert der | |
Komponist Helmut Lachenmann in der FAZ, denn „bei U und E geht es | |
keinesfalls um dieselbe Art von ‚Dienstleistung‘. Im Falle U geht es in | |
allen Varianten um den unverzichtbaren ‚Dienst‘ an der Lebensfreude. Im | |
Falle E geht um die gleichermaßen unverzichtbare, letztlich aber schwierige | |
und anspruchsvollere Erinnerung an unsere ästhetischen Bedürfnisse und | |
Neugier als Teil unserer geistigen Versorgung“. | |
Und in VAN legt Lachenmann nach: Komponisten der E-Musik „haben die von | |
ihnen vorgefundene Musizier- und Schaffenspraxis weiterentwickelt, quasi | |
strapaziert“ und „das Musik-Erlebnis nicht als unterhaltsame und eher | |
unverbindliche, sicher genussvolle Begehung eines kollektiv vertrauten | |
Raums, vielmehr als dessen Öffnung, und wie auch immer irritierend oder | |
befreiend erlebte Erweiterung“ verstanden. | |
[2][Dass spätestens seit den 1960er Jahren diese Erweiterungen auch und | |
gerade in musikalischen Bereichen stattfinden, die aus der Popmusik | |
hervorgegangen sind,] dass es hier – wie auch im Jazz – eine breite Front | |
experimentierender Musiker*innen gibt, die zu den Extratöpfen der | |
E-Musik-Klasse keinen Zugang haben, ignoriert diese Position. Womöglich | |
absichtlich, denn wenn der Inhalt der Töpfe auf mehr Köpfe verteilt wird, | |
bleibt für den Einzelnen weniger. | |
## Schwer zu durchschauender Gema-Kosmos | |
„In den Genuss einer fairen Honorierung seiner Aufführungen kommt auch | |
unter den klassischen Komponisten nur ein immer kleiner werdender, elitärer | |
Kreis“, schreibt die Cellistin und Musikverlegerin Susanne Wohlleber in | |
BackstageClassical. | |
„Bis zur Einordnung eines Werkes in die Sparte ‚E‘ ist ein jahrelanger, | |
bürokratischer, oft entwürdigender Kampf nötig, der nicht einmal die | |
Aussicht auf Erfolg sicherstellt. Jedes bei der Gema angemeldete Werk | |
landet erst einmal bei der ‚Unterhaltungsmusik‘ in der niedrigsten | |
Einstufung. Wenn das Stück aufgeführt wurde, darf man den Antrag auf | |
Werkeinstufung stellen (…). Nach Einsendung von Partituren, Aufnahmen etc. | |
trifft der Gema-Werkausschuss dann eine (nicht selten abschlägige) | |
Entscheidung.“ | |
[3][Die Gema ist ein enorm komplexes Gebilde, ein Verein, in dem Mitglieder | |
unterschiedliche Rechte haben, in dem es verschiedene Einstufungen gibt und | |
in dem man sich wie in einem Videogame Belohnungen („Punkte“) verdienen | |
kann.] Ich möchte wetten, dass kein*e Urheber*in den ganzen Gema-Kosmos | |
wirklich durchschaut. Immerhin gibt es Mitglieder, die die Gema virtuos wie | |
ein Instrument zu spielen verstehen (während eine große Mehrheit einfach | |
die Dinge nimmt, wie sie sind). | |
Die Gema-internen Kämpfe wird Antrag 22a jedoch kaum beenden. Die | |
Komplexität der Vorgänge scheint auch nicht geringer zu werden. Ob am Ende | |
das neue Modell „gerechter“ ist? Oder mehr geile Musik entstehen lässt? | |
8 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Detlef Diederichsen | |
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