| # taz.de -- Urteil zu Gema und ChatGPT: Meine Angst, meine Wut, meine Liebe –… | |
| > Wer Songtexte nachlesen will, kann das auf Plattformen tun, die dafür | |
| > Gebühren an die Gema gezahlt haben. Das muss auch für ChatGPT gelten. | |
| Bild: Nein, das ist nicht Rosalía | |
| Seine Angst ist meine Angst, seine Wut ist meine Wut, seine Liebe ist meine | |
| Liebe“, [1][Rosalía] öffnete Anfang des Monats überraschend eine Tür zu | |
| einem neuen musikalischen Universum. Ihr Song „Berghain“ verbindet Klassik | |
| mit Techno, und wenn man richtig hinhört, fällt auf: Die katalanische | |
| Popsängerin singt einfach auf Deutsch. | |
| Um zu verstehen, wie es im Text weitergeht, muss man dann aber schon erst | |
| einmal googlen. Dann werden einem Songtext-Websites angezeigt, etwa | |
| Songtexte.com oder Genius. Damit diese Plattformen die ganzen Songtexte | |
| anzeigen können, müssen sie dafür bezahlt haben, und zwar bei der | |
| [2][Gema], der deutschen Verwertungsgesellschaft. | |
| So weit, so üblich. Doch es gibt Akteur:innen, die sich diesen Regeln | |
| entziehen. OpenAI etwa, das Unternehmen hinter dem KI-Chatbot ChatGPT, hat | |
| Songtexte genutzt, um seine künstliche Intelligenz zu trainieren, ohne | |
| dafür zu bezahlen. | |
| Und die KI gibt die Texte auch wieder: Auf eine einfache Nachfrage konnte | |
| ChatGPT bekannte Songs fast wortwörtlich wiedergeben. Und das ist Teil | |
| eines ziemlich großen Problems für die Gema, aber auch für | |
| Künstler:innen selbst. Wie schützt man geistiges Eigentum in einer Welt, | |
| in der Algorithmen Inhalte verschlingen und reproduzieren können? Wie wehrt | |
| sich die Kreativwirtschaft gegen die Macht von Tech-Konzernen, die Bücher, | |
| Texte oder Musik ohne Zustimmung nutzen? | |
| ## Gegen die ungefragte Nutzung von geistigem Eigentum | |
| Die Gema ging deshalb vor einem Jahr vor Gericht und [3][gewann] am | |
| Dienstag in München. Verhandelt wurden neun Songs, darunter Klassiker wie | |
| „Männer“ von Herbert Grönemeyer oder „Atemlos“ von Helene Fischer. Da… | |
| OpenAI die Songtexte tatsächlich verwendet hat, war dabei unstrittig und | |
| auch nicht Teil des Verfahrens. Viel mehr ging es darum, ob ChatGPT die | |
| Texte memorisiert, also gespeichert und dann wiedergegeben hat. | |
| Das Landgericht stellte fest: Ja, ChatGPT hat all das getan. OpenAI wurde | |
| verurteilt, die Nutzung der Texte zu unterlassen, Schadenersatz zu zahlen | |
| und Auskunft über die erzielten Einnahmen zu geben. Noch ist das Urteil | |
| nicht rechtskräftig, aber es markiert eine erste, klare Linie gegen eine | |
| ungefragte Nutzung von geistigem Eigentum. Die Gema bezeichnete das | |
| Verfahren als erstes Derartiges in Europa. | |
| Wie geht es nun weiter? Die Gema strebt ein Lizenzmodell für KI-Anwendungen | |
| an – ähnlich wie für Streamingplattformen oder Webseiten üblich. Bekäme d… | |
| Gema auch in der zweiten Instanz recht, wäre das ein starkes Signal, | |
| [4][weit über Musik hinaus:] Journalistische Texte, literarische Werke, | |
| bildende Kunst – alles könnte unter den gleichen Schutz fallen. | |
| Rechteinhaber:innen hätten die Möglichkeit, zuzustimmen oder eine | |
| Vergütung zu erhalten, bevor KI-Modelle ihre Werke nutzen. Weil es eben | |
| noch nicht so viele Verfahren in dieser Richtung gegeben hat, könnte dieses | |
| richtungweisend sein. | |
| Doch die Einigung ist weiterhin offen. Die Entscheidung könnte an noch | |
| höheren Gerichten landen, es ist wahrscheinlich, dass OpenAI in Berufung | |
| geht. Und nur dann zeigt sich, wie weitreichend der Schutz geistigen | |
| Eigentums gegenüber KI-Technologien wirklich sein kann. Für | |
| Künstler:innen wäre es natürlich darüber hinaus schön, wenn ein solcher | |
| Sieg nicht nur ein Sieg der Prinzipien wäre, sondern sie auch besser an den | |
| Einnahmen der Gema beteiligt würden, vor allem wenn ihre Werke zukünftig so | |
| oft durch die KI vervielfältigt werden dürfen. | |
| „Sorry, aber ich kann nicht den vollständigen Songtext von ‚Berghain‘ von | |
| Rosalía bereitstellen, da er urheberrechtlich geschützt ist“, antwortet | |
| ChatGPT übrigens aktuell, wenn man die entsprechende Frage stellt. Wäre ja | |
| schön, wenn die künstliche Intelligenz das nun gelernt hat und bei | |
| Musikvervielfältigung nicht mehr den Takt vorgibt. | |
| 11 Nov 2025 | |
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| [1] /Neues-Album-von-Superstar-Rosalia/!6123529 | |
| [2] https://www.gema.de/de | |
| [3] /Was-darf-ChatGPT-mit-Songtexten-tun/!6128826 | |
| [4] /Medien-diskutieren-Nutzung-von-KI/!6050382 | |
| ## AUTOREN | |
| Ann-Kathrin Leclere | |
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