# taz.de -- Lateinamerikas Beziehung zu Trump: Sie wehren sich, so gut sie kön… | |
> Eigentlich will der US-Präsident den Subkontinent unterwerfen – wie vor | |
> 100 Jahren. Doch heute geht das nicht mehr. Die Staaten leisten | |
> Widerstand. | |
Bild: In Mexiko City protestieren Demonstranten gegen die Zollpolitik von US-Pr… | |
Claudia Sheinbaum war zufrieden. „Es hat mit der Stärke unserer Regierung | |
zu tun, dass Mexiko keine zusätzlichen Zölle auferlegt wurden“, sagte die | |
linke Staatschefin vergangene Woche. Als einziges lateinamerikanisches Land | |
blieb Mexiko an Donald Trumps [1][„Liberation Day“] unversehrt – die | |
anderen bekamen 10-Prozent-Zölle verpasst. Allerdings hatte der | |
US-Präsident bereits zuvor [2][25 Prozent Zoll] auf mexikanische Autos, | |
Stahl und Aluminium verhängt – mit gravierenden Folgen: [3][Die | |
Autoindustrie] macht 3,6 Prozent des mexikanischen Bruttoinlandsprodukts | |
aus. Die Abhängigkeit des Landes vom „Koloss des Nordens“ ist viel größer | |
als jene Brasiliens oder Argentiniens. | |
Lateinamerika und die Karibik wehren sich gegen Trumps Aggressionen, so gut | |
sie können. Allerdings ist die krisengeschüttelte Region fragil: Corona und | |
das Klimadesaster, eine ungebremste [4][extraktivistische Ausplünderung] | |
bei gleichzeitiger Zunahme von sozialer Ungleichheit und die grassierende | |
Narco-Kriminalität haben Spuren hinterlassen. | |
Bei aller Abschottung behandelt Trump sie als Hinterhof der USA – ähnlich | |
wie seine Vorgänger zur Blütezeit des US-Imperialismus vor hundert Jahren. | |
Er knüpft sogar an die Monroe-Doktrin aus dem Jahr 1823 an. [5][„Amerika | |
den Amerikanern“] – so formulierte der damalige Präsident James Monroe den | |
Anspruch der USA. Damals richtete sich das Motto noch gegen die Rivalen aus | |
Europa, vor allem gegen Großbritannien, das auf dem Subkontinent ökonomisch | |
den Ton angab. | |
Wo früher Europa im Fokus stand, ist es heute China, das zunehmend Einfluss | |
in der Region gewinnt. Den Panamakanal will Trump „zurückholen“ – Panamas | |
Regierung habe die Verwaltung des Kanals China überlassen, behauptete er | |
schon vor Wochen. Ihm schwebt eine neue geopolitische Aufteilung der Welt | |
vor, bei der Lateinamerika wieder eindeutig unter der Vorherrschaft der USA | |
stehen soll. | |
## „Der Imperialismus hat sich ins Knie geschossen.“ | |
Doch so einfach lässt sich die Uhr nicht zurückdrehen: Im 21. Jahrhundert | |
hat China seine Position beträchtlich gestärkt. Das Land wurde zu einem | |
wichtigen Abnehmer von Soja, Erdöl oder Eisenerz und integrierte mehrere | |
Länder in sein globales Infrastrukturprojekt „Neue Seidenstraße“. Vor all… | |
Brasilien – zusammen mit Russland, Indien und China – macht konkrete | |
Schritte in Richtung multilateraler Weltordnung. | |
Die Lateinamerikapolitik Joe Bidens war durchaus auch von imperialen | |
Ansprüchen geprägt. So warnte die frühere Chefin des US Southern Command, | |
Generalin Laura Richardson, regelmäßig vor der Einflussnahme Chinas in | |
Lateinamerika. Zusammen mit Milei kündigte sie vergangenes Jahr den Bau | |
einer gemeinsamen [6][Militärbasis in Feuerland] an. Biden kann man vor | |
allem seine uneingeschränkte Solidarität mit Lula beim Putschversuch von | |
Jair Bolsonaro in Brasilien zugutehalten. Mit Trump im Weißen Haus wäre der | |
Umsturz Anfang 2023 womöglich gelungen. | |
Gegenüber Kuba, Venezuela und Nicaragua, die unter Biden Boykottmaßnahmen | |
ausgesetzt waren, hat Trumps Außenminister Marco Rubio einen noch härteren | |
Kurs angekündigt. Im Fall Venezuelas lässt dieser sogar kurzfristige | |
wirtschaftliche Interessen hinter geopolitische Überlegungen zurücktreten. | |
Trump untersagte dem [7][US-Ölkonzern Chevron], seine Aktivitäten in | |
Venezuela fortzusetzen. Der autokratische Staatschef Nicolás Maduro befand | |
daraufhin: „Der Imperialismus hat sich ins Knie geschossen.“ | |
Javier Milei und [8][Nayib Bukele] wollen sich dem US-Präsidenten als | |
willige Helfershelfer andienen: Der [9][ultrarechte Argentinier], der | |
gerade mit voller Kraft eine „Anti-Woke“-Agenda à la Trump vorantreibt, | |
spielte jüngst sogar mit dem Gedanken, für einen Freihandelsvertrag mit den | |
USA die Zollunion Mercosur zu sprengen. | |
## Neoimperiale Offensive aus Washington eine enorme Gefahr | |
In der UNO weigerte sich Milei ebenso wie die USA, die russische Aggression | |
gegen die Ukraine in einer Resolution zu verurteilen. Den Wahlsieger Trump | |
durfte er als erster Staatschef noch im November besuchen. Der „coolste | |
Diktator der Welt“ – so die Eigenbeschreibung des Salvadorianers Bukele – | |
wird demnächst im Weißen Haus erwartet. | |
Vergangene Woche postete Bukele ein Video auf X, das in kürzester Zeit ein | |
Millionenpublikum erreichte. Darauf zu sehen: junge Latinos, angeblich | |
„extrem gefährliche Kriminelle“, die nachts von schwer bewaffneten Militä… | |
auf einem Flughafen empfangen, unsanft geduckt herausgeführt, geschoren und | |
weggesperrt werden. Die zynische Antwort Trumps folgte in einem Repost: | |
„Thank you, President Bukele, for giving them such a wonderful place to | |
live!“ | |
Um Millionen Flüchtlinge in den USA zu terrorisieren, hatte Trump bereits | |
vierzehn Tage zuvor 238 angebliche Mitglieder der Drogenbande Tren de | |
Aragua [10][rechtswidrig nach El Salvador ausweisen lassen], wo sie jetzt | |
in Bukeles für 40.000 Insassen angelegtem Hochsicherheitsknast schmoren. | |
Zwar musste die US-Regierung bald einräumen, dass über hundert der | |
Deportierten gar keine Straftaten begangen hatten – egal: Für | |
Gewaltenteilung interessiert sich Trump ebenso wenig wie Bukele. | |
Für Lateinamerika und die Karibik stellt die neoimperiale Offensive aus | |
Washington eine enorme Gefahr mit offenem Ausgang dar. Die Kleinstaaten | |
Zentralamerikas und der Karibik vermögen den USA allerdings wenig | |
entgegenzusetzen. In Brasilien, Chile und Kolumbien droht bei den kommenden | |
Wahlen ein Schwenk hin zur Ultrarechten. Die progressiven Kräfte, die vor | |
zwanzig Jahren den Linksruck in Südamerika anführten, befinden sich in | |
einer tiefen Krise. | |
Ob Trumps Lateinamerikapolitik für die USA selbst wirklich das Beste ist, | |
bleibt allerdings unklar. Kolumbiens progressiver Präsident Gustavo Petro | |
hat da so seine Zweifel: Trumps Diktum, dass diese den Subkontinent nicht | |
bräuchten, warnte er, „ist gefährlich – nicht nur für die Welt, sondern | |
auch für die nordamerikanische Gesellschaft selbst“. | |
8 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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