# taz.de -- Ecuador vor der Stichwahl: Die Trommlerjungen | |
> Ecuador lässt seine Ärmsten im Stich. Jungen fallen in die Hände von | |
> Drogengangs. Trommelgruppen wie in der Großstadt Guayaquil bieten | |
> Alternativen. | |
Bild: Anderson ist heute 19 Jahre alt und hat sich von den Drogengangs losgesagt | |
Guayaquil taz | Anderson* kann nicht schlafen. „Ich habe auf Menschen | |
geschossen. Wann werden sie kommen und mich erschießen?“ Es wird zwei, drei | |
Uhr morgens und er grübelt, ob er gehen sollte: „Die Menschen in diesem | |
Haus sind meinetwegen in Gefahr“. Die Menschen – damit meint er die | |
Großfamilie, die ihm und anderen Jugendlichen seit Wochen am anderen Ende | |
der Millionenstadt Guayaquil Zuflucht gibt. Mit „sie“ meint er die Bande | |
aus seinem Viertel Socio Vivienda im Nordwesten, die sich womöglich immer | |
noch an ihm rächen will. | |
Er sitzt da, tagsüber, neben dem Stockbett im Jugendzimmer, ganz in Schwarz | |
gekleidet, krauses Haar. Um den Hals trägt er eine Silberkette mit einer | |
flachgedrückten Dollarmünze. Auf seinem Bett liegt ein Bügeleisen. „Ich mag | |
meine Kleidung, meinen Schmuck“, sagt der 19-Jährige. | |
An der Wand hängt ein Boxsack, darunter Hanteln. Im Raum liegt zerknitterte | |
Wäsche zwischen einer Gitarre und Papierkram. Zwei der Söhne der Familie | |
teilen sich seit Wochen das obere Bett, damit er das untere haben kann. | |
Trotzdem ist es jede Nacht dasselbe, sagt er. Ein paar Stunden, mehr geht | |
nicht, dann kommt die Angst. | |
Mit sieben stahl er zum ersten Mal ein Handy auf der Straße, verkaufte die | |
Beute und brachte das Geld nach Hause, um Essen zu kaufen. „Meiner Mutter | |
sagte ich, ich hätte gearbeitet.“ Er ist der Älteste von sieben | |
Geschwistern. Sein Vater, der oft Frauengeschichten hatte, war nie da. Der | |
Hunger hingegen immer. „Ich war der Ruhige zu Hause“, sagt Anderson. | |
Er schloss sich dieser Bande im Viertel an, weil einige Cousins schon dabei | |
waren. Mit 14 patrouillierte er mit einer Maschinenpistole an der | |
Straßenecke. „Dort schätzten sie mich, sagten: Nimm, schieß mal.“ Bald | |
wusste das Viertel, zu wem er gehörte. Als seine Mutter eine Waffe fand, | |
log er, ein Freund habe sie bei ihm gelassen. | |
Guayaquil, die „Perle an den Flüssen“, ist mit rund drei Millionen | |
Einwohner:innen die größte Stadt Ecuadors. Ihr Hafen, der größte des | |
Landes, macht sie zu einem Knotenpunkt der Drogenrouten an der | |
Pazifikküste. Kolumbien und Peru, die größten Kokainproduzenten, sind | |
Nachbarn. Als der Krieg gegen die Drogen den Fokus auf Kolumbien legte, | |
begann der Boom der Route über Ecuador für den Drogenhandel. [1][Zusammen | |
mit der chronischen staatlichen Vernachlässigung befeuerte das die Gangs]. | |
Heute gehört Guayaquil zu den gefährlichsten Städten des Kontinents. | |
Mit 17 sah er auf der Straße im Viertel zum ersten Mal die Trommelgruppe. | |
„Der Typ sah mich, wie ich in der Ecke stand, drückte mir eine Trommel in | |
die Hand, hörte eine Weile zu und sagte, ich hätte Talent.“ Der Typ war | |
Xavier Moreira, ein Direktor der Batucada Popular, einer Trommlergruppe. | |
Anderson verliebte sich in die Trommeln und traf bald seine heutige | |
Freundin. Die Freundin sagte: Die Waffe oder ich. Sein Bandenboss war | |
selbst Vater. „Ein Mafioso, der nicht wollte, dass seine Kinder wie er | |
werden, sagte er mir. Er sah mein Talent für die Musik und gab mir er eine | |
Chance.“ Heute ist der Boss tot, sagt Anderson. | |
Es gab gute Jahre. Seine Bande erpresste kein Schutzgeld wie andere. Nach | |
Überfällen auf Banken oder Juweliere kauften sie Spielzeug für Kinder, | |
organisierten Fiestas fürs Viertel, sammelten Spenden für Weihnachten. Sie | |
brachten Sicherheit, die Polizei hingegen brachte Gewalt, sagt er. | |
Doch dann raubten ihn seine eigenen Leute aus, stahlen seinen Schmuck und | |
gaben ihn nicht zurück. Warum? „Aus Neid“, glaubt er. Anderson ging | |
daraufhin zur Konkurrenz. „Da wollten sie mich umbringen.“ Fast hätte ihn | |
ein Cousin erschossen. Er nahm eine Zeitlang Drogen. Das war teuer. | |
Ob er jemanden getötet hat, weiß er nicht. Aber er hat geschossen. | |
Vergangenes Jahr stieg er aus. Jetzt kann er kaum schlafen, obwohl er in | |
diesem Haus sicher ist. Und er weiß: „Ich darf nicht nach Socio Vivienda | |
zurück.“ | |
Socio Vivienda, im Nordwesten von Guayaquil, war ein Sozialprojekt der | |
linken Correa-Regierung. Das Viertel besteht aus mehreren Sektoren. Die | |
Bewohner, in ihren vorherigen Unterkünften von Naturkatastrophen bedroht, | |
wurden dort in winzige Wohnungen umgesiedelt. Nach Socio Vivienda 2 holte | |
sie vor 15 Jahren ein Umweltprogramm namens Ökologisches Guayaquil, das | |
Menschen vom Ufer der Isla Trinidad zwangsumsiedeln sollte. In dem | |
Mangrovengebiet am Fluss lebte die überwiegend afroamerikanische | |
Bevölkerung ohne fließend Wasser und Strom in Bambushütten. | |
Doch auch in Socio Vivienda dort gab es anfangs weder fließendes Wasser | |
noch Abwasser. | |
Vieles lieferte der Staat nie. Die Not wuchs, die Banden kamen und der Ruf | |
des Viertels wurde immer schlechter. | |
Heute wirkt Socio Vivienda 2 wie ausgestorben. Zwischen den engen | |
Häuserreihen, in deren Mitte Mangobäume stehen, ist kaum ein Mensch ist auf | |
der Straße zu sehen. Es ist auffällig still für einen Samstag. Die meisten | |
Häuser sind verbarrikadiert, mit Vorhängeschloss an der Tür. Aus einem | |
Fenster dringt Salsa-Musik. | |
Anfang März kamen bewaffnete Männer und drangen in die Häuser ein, um zu | |
morden. 22 Menschen, vor allem junge Männer, waren am Ende tot. Manche | |
gehörten zu einer Bande, manche nicht. Es war der vorläufige Höhepunkt des | |
Bandenkriegs im Viertel. Die Tiguerones, die hier nach dem Sieg über eine | |
andere Gang herrschten, hatten sich intern gespalten. Tagelang wurde | |
geschossen, Granaten explodierten. Immer wieder tauchten an einem grünen | |
Müllcontainer, der mitten auf einer der Straßen zwischen den Sektoren | |
steht, Plastiksäcke mit zerstückelten Leichen auf. | |
Ein beispielloser Exodus begann. 80 Prozent der 4.500 Familien sollen | |
geflohen sein. Binnenflüchtlinge in der eigenen Stadt – selbst für das an | |
Gewaltrekorden nicht arme Guayaquil ein Novum. | |
Die Familien sind zerrissen. Junge Männer mussten zuerst gehen. | |
Sicherheitsexperten berichten, dass Gangs gezielt Jungen anwerben, die | |
Aggressivsten von ihnen aufs Land bringen und in speziellen Schulen zu | |
Auftragsmördern ausbilden. | |
Nicht nur die Gangs jagen sie. „Wenn die Polizei heutzutage in ein Haus | |
kommt und männliche Jugendliche sieht, nimmt sie sie mit. Egal, ob sie zu | |
Gangs gehören oder nicht. Deshalb habe ich meine älteren vier Kinder | |
weggeschickt“, sagt Jessica, eine Bewohnerin. So weit weg von Guayaquil, | |
dass die 38-Jährige sie seit Wochen nicht gesehen hat. Die beiden Jüngsten | |
waren bis zum Vortag bei Verwandten und Freunden in anderen Teil der Stadt | |
– doch beengte Wohnverhältnisse und Pubertät vertragen sich nicht. | |
Sie ist mit ihnen ins Haus ihrer Mutter Ana geflüchtet. Die wohnt nur zwei | |
Gehminuten von Jessicas Haus. Doch ihr Haus hat nur das alte Blechdach, die | |
Mutter hat eine Zwischendecke eingezogen. Unten bei den Nachbarn sind | |
Granaten explodiert – Tage nach den Bandenkämpfen. Ein Kleinkind fand eine | |
beim Spielen, sagt sie, eine Freundin versucht, es wegzuziehen. Das Baby | |
und die Nachbarin sind tot. „Sie sah aus wie durch den Fleischwolf | |
gedreht.“ | |
Das Blechdach vor Jessicas Haus ist zerlöchert von den Splittern. „Fällt | |
eine Granate auf mein Dach, sind wir nicht sicher.“ Dazu liegt es an an | |
einer breiten Straße, die keinen Schutz vor Kugeln bietet. | |
Ihren Reiskocher, die Mikrowelle, den Fernseher hat sie ins Haus ihrer | |
Mutter getragen. Jeden Tage schaut sie bei sich nach dem Rechten – doch sie | |
betritt es nur für die taz. Beim Anblick wird sie plötzlich still. Die | |
Polizei war drin, den Rest taten wohl Plünderer. Schuhe und Kleidung liegen | |
im Staub. Leere zeigt, wo Möbel fehlen. In der Spüle steht das dreckige | |
Geschirr, seit Wochen unberührt, als ob sie jeden Moment zurückkäme. Zehn | |
Jahre hat sie gespart und rund 3.000 Dollar investiert für ein paar | |
Verbesserungen. Das alles für immer zurücklassen? | |
Sie arbeitet in einem Schönheitssalon außerhalb. Arbeitete. Seit dem | |
Massaker fahren weder Taxis noch Busse zur Siedlung. | |
„Wer sind wir? – Die Batucada Popular!“, gellt es durch die Straße im | |
zentralen Viertel Ayacucho, am anderen Ende von Guayaquil. Junge Frauen, | |
Männer, Kinder, ein paar Ältere, die meisten schwarz, trommeln auf der | |
Straße. Und sie trommeln, was das Zeug hält. Eine Frau mit Rastazöpfen und | |
ein langer Schlaks geben den Takt vor – sie mit einzelnen Fingern, er mit | |
dem Arm, der wie ein Schlagbaum auf und ab fährt. Der Ton der Trommeln ist | |
metallisch, der Rhythmus geht durch den ganzen Körper. Die Gruppe füllt die | |
ganze Straßenbreite. | |
Die Nachbar:innen schauen auf. Eine alte Frau hört erst eine Weile zu, | |
radelt dann ihren Imbissstand mit dem aufgespannten Sonnenschirm mitten | |
durch die Trommler:innen. Die Gruppe schließt ihr Rund hinter ihr wieder. | |
Mit 150 Mitgliedern ist die Batucada Popular die größte Trommelgruppe | |
Guayaquils. Sie besteht aus knapp einem Dutzend Gruppen in den ärmeren, | |
überwiegend von Afroecuadorianer:innen bewohnten Vierteln in der | |
Peripherie. Kommen die verschiedenen Gruppen zusammen, bilden sie die | |
„Batucada Popular“, die Trommelgruppe des Volks. Heute sind etwa 40 zur | |
Probe gekommen. | |
Das Ganze entstand während der Coronapandemie. Die traf Guayaquil | |
besonders hart – kaum Unterstützung für die Bevölkerung, eine katastrophale | |
Gesundheitsversorgung, dafür Ausgangssperren ab zwei Uhr nachmittags. | |
Sterben und hungern, so erlebte man die Pandemie hier. | |
Die Menschen zogen aus, um mit Getrommel zu protestieren, gegen Kürzungen | |
und Repressionen, gegen die Polizei, die willkürlich auf Jugendliche | |
einprügelte. Erst auf Eimern, dann auf Blechtrommeln. Am Anfang noch in | |
Schutzkleidung. | |
Johanna Chevez Contreras, die Gründerin der Batucada und mit ihrem Mann | |
Xavier Moreira Ko-Direktorin, wollte erst nur Frauen um sich sammeln. „Ein | |
Fehler“, sagt sie rückblickend. Denn die Mütter hätten keine Zeit für | |
stundenlange Proben gehabt, sie mussten Geld verdienen. Sie schleppten ihre | |
Kinder mit, weil die nicht alleine daheim bleiben konnten. Aber die Kinder | |
waren es, die dann beim Trommeln blieben. In den fünf Jahren sind sie zu | |
Jugendlichen herangewachsen – und mit ihrem Spiel auf den Straßen haben sie | |
immer mehr angezogen. | |
In der Batucada lernen sie nicht nur, gemeinsam Musik zu machen und | |
Projekte zu entwickeln. Sondern auch über ihre Rechte und wie sie dafür | |
eintreten. Das Projekt arbeitet inzwischen mit anderen Basisorganisationen | |
zusammen. In Socio Vivienda mit dem Movimiento Barrios de Lucha (Bewegung | |
kämpfende Viertel) – einer der Basisorganisationen, die sich vor allem an | |
alleinerziehende Mütter und ihren Kampf um würdige Arbeitsbedingungen | |
richtet und basisdemokratisch organisiert ist. | |
Sie proben direkt auf der offenen Straße, in Vierteln, wo der Staat die | |
Menschen großteils im Stich gelassen hat oder verfolgt und wo die Banden | |
das Sagen haben. So hat auch Anderson die Gruppe kennengelernt. | |
Xavier Moreira ist Soziologe, Aktivist, Mitorganisator der Batucada, und er | |
ist selbst ein Kind aus ärmsten Verhältnissen. Er kandidierte im Februar | |
2025 erfolglos für die indigene Pachakutik-Partei bei den letzten | |
Parlamentswahlen. Er kennt die enge Verbindung zwischen Banden und | |
Jugendlichen in der Stadt. Er weiß, wie sehr der Geburtsort die Zukunft | |
prägt, wie stark die Herkunft den Lebensweg bestimmt. Doch Xavier bekam | |
etwas, was viele der anderen Jungs nicht hatten: Liebe und Bildung. | |
Das Haus der zehnköpfigen Familie – sieben Kinder, eine gehbehinderte | |
Schwägerin – wurde immer wieder Zuflucht für Jugendliche, wenn Gewalt sie | |
bedrohte und ihre Familien sie nicht aufnehmen konnten. Nach dem Massaker | |
in Socio Vivienda im März verdoppelte sich die Zahl der Bewohner zeitweise. | |
## Noboa-Politik der „harten Hand“ änderte nichts | |
Guayaquil entstand auf zugeschütteten Flussarmen und Inseln, oft | |
ungeplant, teils auf Müllhalden. Manche nennen es die südlichste Stadt der | |
Karibik, obwohl es an einer Pazifikmündung liegt. Heiß und feucht, Moskitos | |
praktisch rund um die Uhr – und dazu ein Menschenschlag, der tatsächlich an | |
die überbordende, lebendige Wärme der Karibik erinnert. Die Stadt selbst | |
wirkt eher menschenunfreundlich: extrem breite Straßen, viel Beton. Bäume | |
und Parks sind Mangelware. Seit Jahren kommt die Gewalt hinzu, die immer | |
neue Horror-Rekorde bricht. [2][Daran hat auch die Politik der „harten | |
Hand“ von Präsident Daniel Noboa] nichts geändert – im Gegenteil. | |
Noboa wurde in den USA, in Miami, geboren. Seine Familie aus Guayaquil | |
gehört dank eines Bananen-Imperiums zu den reichsten des Landes. Noboas | |
Familie legte ihm, wie unter den Eliten des Landes üblich, zusätzlich die | |
US-amerikanische Staatsbürgerschaft in die Wiege. Einen Großteil seines | |
Lebens verbrachte der 37-Jährige, der am Sonntag gegen [3][die linke | |
Kandidatin Luisa González] in die Stichwahl geht, in den USA. | |
Vielleicht erinnert der Malecón 2000, die Flusspromenade der Stadt, deshalb | |
an eine Mini-Version von Miami: importierte Palmen, KFC, McDonald’s, | |
Fahrgeschäfte. Ein meterhoher Zaun trennt die blinkende Uferpromenade vom | |
Rest der Stadt. Eine private Stiftung kontrolliert das Gelände. Ihr | |
Sicherheitspersonal pfeift, wenn sich Paare küssen. Ein Fahrgeschäft heißt | |
tatsächlich „Guayakill Ride“. | |
In der Mitte des alles überragenden Riesenrads prangt das Logo der | |
städtischen Bank. Die Seilbahn, die Guayaquil mit der Stadt Durán auf der | |
anderen Flussseite verbindet, kostet 74 US-Cent – für viele zu teuer. | |
In Socio Vivienda sehen es die meisten Menschen so: Politiker:innen | |
sind alle korrupt. Auch der Correismus (so heißt die Bewegung von | |
Ex-Präsident Rafael Correa) hat viele Fehler begangen – aber immerhin noch | |
etwas für die Armen getan und sie mit Würde behandelt. Deshalb wollen viele | |
für Luisa González stimmen: „Mit Luisa haben wir immerhin noch eine kleine | |
Chance. Wenn Noboa gewinnt, geht das hier alles unter. Für ihn sind wir | |
alle Terroristen. Aber auch unter den Armen gibt es Gute“, sagt Mutter Ana. | |
Für den aus dem Viertel geflohenen Soziologen Evandro Moreno liegt der | |
Schlüssel in den Vierteln selbst. „Ich denke, die einzige Möglichkeit liegt | |
darin, dass die Familien – ähnlich wie in den indigenen Gemeinden – das | |
Territorium in Besitz nehmen, ihre Jugendlichen gemeinsam erziehen und | |
Widerstand leisten.“ | |
„Allein mit Polizei und Militär werden wir nichts lösen“, sagt auch Xavier | |
Moreira. „Die lokalen und nationalen Regierungen müssen sich | |
ressortübergreifend zusammensetzen. Es braucht neue Bauten, Infrastruktur, | |
mehr Lehrer und bessere Ausstattung an den Schulen und eine wirtschaftliche | |
Einbeziehung. Wie wollen wir Gewalt und Kriminalität senken, wenn wir den | |
Menschen keine Alternative geben?“ | |
Schlafen kann Anderson kaum. Aber er hat Träume. Er will seinen | |
Schulabschluss nachholen. Er will mehr lernen. Über seine Rechte, über sein | |
Schwarzsein – er hat angefangen, darüber nachzudenken, seit er in der | |
Batacuda ist. „Sie sagen, sie brauchen mich im Haus, ich bringe so gute | |
Stimmung unter die Leute.“ Die Söhne von Xavier und Johanna, mit denen er | |
ein Zimmer teilt, haben ihm das Gitarrespielen beigebracht und wie man | |
einen Computer bedient. Obwohl sie ihn oft erst mal nicht verstehen, wie er | |
sagt, wegen seines Straßen-Slangs. | |
Im Gegenzug bringt Anderson ihnen das Tanzen bei. Bei Fiestas blieben sie | |
nämlich immer lieber sitzen: „Sie sagen, sie würden gern so tanzen und | |
singen können wie ich.“ Wenn sie Schritte üben, macht er ihnen Mut. „Ich | |
lerne, die Dinge anders zu sehen.“ | |
Spätestens im Mai, glauben Xavier Moreira und Bewohnerin Ana, werden die | |
meisten nach Socio Vivienda zurückkehren. Weil dann die Schule wieder | |
beginnt. Einen Monat soll es virtuellen Unterricht geben, aus | |
Sicherheitsgründen. Doch spätestens danach werden die Familien | |
zurückkehren. „Wo sollen sie sonst hin?“ Die Banden werden noch da sein. | |
*Zum Schutz der Personen sind alle abgekürzten Namen in diesem Text | |
geändert worden. | |
11 Apr 2025 | |
## LINKS | |
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[3] /Praesidentenwahl-in-Ecuador/!6068145 | |
## AUTOREN | |
Katharina Wojczenko | |
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