Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Zeitenwende in Europa: Die Aufrüstung hat längst begonnen
> Schon vor den jüngsten Ankündigungen hat Europa mehr Waffen importiert.
> Das zeigen die neuen Zahlen des Friedensforschungsinstituts Sipri.
Bild: Piloten bereiten sich in den Cockpits ihrer Kampfjets auf den Flug währe…
Stockholm dpa | Der russische Angriff auf die Ukraine und die Unsicherheit
über den außenpolitischen Kurs von US-Präsident Donald Trump haben die
Staaten Europas kräftig aufrüsten lassen. Entgegen dem weltweiten Trend
nahmen die europäischen Importe schwerer Rüstungsgüter wie Kampfjets,
Panzer und U-Boote im Vergleich der vergangenen beiden Fünfjahreszeiträume
um satte 155 Prozent zu, wie aus einem neuen Bericht des [1][Stockholmer
Friedensforschungsinstituts Sipri] hervorgeht. Das globale Volumen solcher
Rüstungseinfuhren sank im Gegensatz dazu minimal um 0,6 Prozent.
„Die neuen Waffentransferzahlen spiegeln deutlich [2][die Aufrüstung wider,
die als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland unter Staaten in Europa
stattfindet]“, erklärte der Sipri-Programmdirektor Mathew George. Dass das
weltweite Volumen relativ unverändert blieb, hängt demnach damit zusammen,
dass manche große Rüstungsimporteure wie Saudi-Arabien, Indien und China
aus verschiedenen Gründen deutliche Importrückgänge verzeichneten – trotz
der auch in ihren Regionen wahrgenommenen hohen Bedrohungslage.
Die Sipri-Daten beziehen sich auf das Volumen von Rüstungslieferungen,
nicht auf deren finanziellen Wert. Da dieses Volumen von Jahr zu Jahr je
nach Auftragslage stark schwanken kann und es den Friedensforschern in
ihren Berichten um langfristige Trends geht, vergleichen sie
Fünfjahreszeiträume statt Einzeljahre, diesmal also die Jahre 2020-2024 mit
2015-2019.
## Aussagekräftige Zahlen zum Ukraine-Krieg
Wie stark der [3][Ukraine-Krieg] den Rüstungshandel in den vergangenen
Jahren beeinflusst hat, zeigen unter anderem zwei Zahlen mit großer
Aussagekraft:
9.627 Prozent: Die Ukraine hat sich zum nunmehr größten Waffenimporteur der
Erde entwickelt und ihren Anteil an den weltweiten Waffeneinfuhren im
Vergleich der Fünfjahreszeiträume von weniger als 0,1 auf nun 8,8 Prozent
fast verhundertfacht. Während das Land vor dem russischen Einmarsch im
Februar 2022 nur wenige schwere Waffen aus dem Ausland importierte, war es
2023 und 2024 der mit Abstand größte Rüstungsimporteur der Welt. Größte
Waffenlieferanten waren dabei die USA (45 Prozent), Deutschland (12
Prozent) und Polen (11 Prozent).
Die US-Regierung von Präsident Trump hat die Militärhilfen für die Ukraine
jüngst jedoch vorläufig eingestellt. Zugleich exportierte die Ukraine
selbst 72 Prozent weniger Rüstungsgüter ins Ausland – weil sie die Waffen
eben selbst benötigt.
Minus 64 Prozent: Auf der anderen Seite der Kriegsfront entspricht der
russische Anteil an den weltweiten Rüstungsexporten mit 7,8 Prozent quasi
nur noch einem Drittel der 21 Prozent des Vergleichszeitraums. Will heißen:
Russland verkauft viel weniger Waffen ins Ausland, weil es sie zum einen
selbst für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine benötigt. Zum anderen
erschweren Handelssanktionen russische Rüstungsexporte. Die USA und ihre
Verbündeten setzen andere Staaten zudem unter Druck, keine Waffen aus
Russland mehr zu kaufen.
## Wie Europas Rüstungsexporte mit Trump zusammenhängen
Europas Importsprung hat jedoch nicht nur mit der Ukraine zu tun, sondern
auch mit politischen Kurswechseln in den USA: Schon in seiner ersten
Amtszeit (2017-2021) hat US-Präsident Trump von den europäischen
Nato-Partnern gefordert, ihre Verteidigungsausgaben drastisch zu erhöhen.
Viele Europäer haben dem Folge geleistet, wie auch die Sipri-Zahlen
untermauern: Die europäischen Nato-Länder haben ihre Rüstungseinfuhren
demnach insgesamt mehr als verdoppelt (plus 105 Prozent).
Die transatlantischen Beziehungen haben sich seit Trumps erneutem Wahlsieg
Ende 2024 dennoch weiter verschlechtert. Beim Rüstungshandel bleibt Europa
zugleich stark von den USA abhängig: 64 Prozent der Einfuhren der
europäischen Nato-Länder stammten in den vergangenen fünf Jahren aus den
USA – und da kommt noch mehr: Laut Sipri haben die Europäer bis Ende 2024
allein 472 Kampfjets und 150 Kampfhubschrauber aus den Vereinigten Staaten
bestellt, deren Lieferung noch aussteht.
## Platzhirsch USA
Die Friedensforscher sehen aber auch Anzeichen dafür, dass sich Europa aus
diesem Abhängigkeitsverhältnis befreien will: „Angesichts eines zunehmend
kriegerischen Russlands und belasteter transatlantischer Beziehungen
während der ersten Trump-Präsidentschaft haben die europäischen
Nato-Staaten Schritte unternommen, um ihre Abhängigkeit von
Rüstungsimporten zu verringern und die europäische Rüstungsindustrie zu
stärken“, sagte Sipri-Forscher Pieter Wezeman. Einfach wird das nicht: „Das
transatlantische Waffenlieferungsverhältnis hat tiefe Wurzeln“, stellte der
Experte fest.
Bis auf Weiteres bleiben die USA auf dem Rüstungsmarkt allein schon wegen
ihrer Führungsrolle bei der Produktion von Kampfflugzeugen der absolute
Platzhirsch: Zwischen 2020 und 2024 exportierten sie Rüstungsgüter in 107
Staaten, wobei sie ihre Waffenausfuhren um 21 Prozent weiter erhöhen und
ihren weltweiten Exportanteil von 35 auf nunmehr 43 Prozent steigern
konnten. Dahinter folgen – weit abgeschlagen – Frankreich (9,6 Prozent),
Russland (7,8), China (5,9) und Deutschland (5,6).
## Deutschland als fünftgrößter Waffenexporteur der Erde
Während andere große EU-Staaten wie Frankreich, Italien, Spanien und Polen
ihre Anteile an den globalen Exporten teils kräftig steigern konnten, nahm
der Anteil Deutschlands im Fünfjahresvergleich um 2,6 Prozent ab. Jeweils
etwas mehr als ein Drittel der deutschen Waffenlieferungen ging dabei an
Staaten im Nahen Osten – dort vor allem an Ägypten und Israel – sowie an
europäische Länder, darunter in erster Linie die Ukraine.
„Schmerzhaft klar wird bei den Zahlen, wie dringend nötig ein restriktives
deutsches Rüstungsexportkontrollgesetz ist, das die Ampel-Koalition zwar
versprochen, aber nicht geliefert hat“, erklärte der Abrüstungsexperte der
Friedensorganisation Greenpeace, Alexander Lurz. Er monierte, dass ein
großer Teil der deutschen Waffen in die Krisenregion Nahost geliefert
werde. „Deutschland ist weiterhin der fünftgrößte Waffenexporteur weltweit,
wobei die Verkäufe eben nicht nur in Demokratien und angegriffene Staaten,
sondern auch an Autokratien gehen.“
10 Mar 2025
## LINKS
[1] /Sipri-Bericht-ueber-Waffenexporte/!6053844
[2] /Zeitenwende-in-Europa/!6074226
[3] /Krach-zwischen-Ukraine-und-USA/!6074004
## TAGS
Sipri
Waffenexporte
Aufrüstung
Europäische Kommission
Schwerpunkt USA unter Trump
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
GNS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Sipri
Sipri
Aufrüstung
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schlagloch
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Rüstungskonzern
## ARTIKEL ZUM THEMA
USA setzen Waffenlieferungen aus: Fatale Hilfsverweigerung
Die USA stoppen bereits zugesagte Waffenlieferungen. Dabei sind für die
Ukraine gerade jetzt die Flugabwehrsysteme unverzichtbar.
Gestiegene Militärausgaben: Zahlen in Zeiten des Krieges
Die Militärausgaben steigen, überall auf der Welt. Dabei hat Abrüstung in
der Vergangenheit für eine sicherere Welt gesorgt.
Sipri-Friedensforschungsinstitut: Militärausgaben weltweit stark gestiegen
Mehr Geld für Panzer, militärische Forschung und Streitkräfte: Weltweit
sind die Ausgaben fürs Militär laut dem Sipri-Institut stark gestiegen.
Sicherheitslage in Europa: Wettrüsten verhindern
Dass Deutschland und die EU aufrüsten wollen, ist verständlich. Doch sie
nicht mit Rüstungskontrolle zu verbinden, könnte gefährlich werden.
Polen und die Vereinigten Staaten: Im Ernstfall ohne die USA
Polen rüstet derzeit massiv auf. Sollten die USA die Kapitulation der
Ukraine forcieren, wird sich das Land nach anderen Sicherheitspartnern
umsehen.
Debatte um Verteidigungsbudget: Hurra, wir rüsten wieder!
Im Krisen- und Kriegsgetöse gehen kritische Stimmen unter. Dabei gilt es
gerade jetzt, die echten Bedrohungen zu bearbeiten.
Transatlantische Krise: Europa erfindet sich neu
Es geht nicht nur um Geld. Wir können der innovative und kulturelle Magnet
der Welt sein. Das ist die Stärke demokratischer Gesellschaften.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukraine schlägt See- und Luft-Waffenruhe…
In Saudi-Arabien will Selenskyj den USA dem Vernehmen nach eine teilweise
Waffenruhe vorschlagen. Russische Truppen rücken in Kursk vor.
Zeitenwende in Europa: Wer zahlt die europäische Aufrüstung?
Nach von der Leyens Ankündigung auf dem EU-Gipfel wird deutlich: Die
Finanzierung ist ungeklärt.
Sipri-Bericht über Waffenexporte: Rüstungskonzerne erzielen hohe Gewinne
Die israelische Rüstungsindustrie verzeichnete im Jahr 2023
Rekordeinnahmen. Auch international fahren die Rüstungsunternehmen ihre
Kapazitäten hoch.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.