# taz.de -- Geld fürs Militär: Bundeswehr kommt auf keinen grünen Zweig | |
> Der Truppe fehle Material, meint Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD). Über den | |
> künftigen Etat fürs Militär sind Union, SPD und Grüne noch nicht einig. | |
Bild: Auch wichtig: Gefechtshelme für die Soldaten werden im Aufbereitungszent… | |
Berlin taz | Es gleicht einem Marsch, der sich nicht von der Stelle bewegt: | |
Trotz der riesigen Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit hat sich die | |
Aufstellung der Bundeswehr kaum verbessert. „Die Truppe ist gefordert und | |
sie ist an vielen Stellen an der Belastungsgrenze“, sagte [1][die | |
Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl]. | |
Laut ihrem Jahresbericht, den die SPD-Politikerin am Dienstag in Berlin | |
vorstellte, fehlt es der Truppe weiterhin an Material, Personal und | |
Infrastruktur, um den ihr übertragenen Aufgaben gerecht zu werden. „Die | |
Soldatinnen und Soldaten sind zu Recht ungeduldig“, sagte Högl. Die Truppe | |
erwarte, dass die bewilligten Gelder für die Verteidigung vor Ort ankämen. | |
Allein in dem Bereich der Infrastruktur bezifferte Högl den | |
Investitionsbedarf auf rund 67 Milliarden Euro – 17 Milliarden mehr als ein | |
Jahr zuvor. Zudem gibt es Probleme bei der Rekrutierung neuer Soldatinnen | |
und Soldaten. „Die Bundeswehr schrumpft und wird älter. Diese Entwicklung | |
muss dringend gestoppt und umgedreht werden.“ | |
Auch im Jahr 2024 sei die Truppe dem Ziel nicht näher gekommen, bis zum | |
Jahr 2031 203.000 Soldatinnen und Soldaten zu beschäftigen. Ende 2024 habe | |
es 181.174 aktive Soldatinnen und Soldaten gegeben – 340 weniger als im | |
Vorjahr. | |
## Künftige Koalition verhandelt weiter mit Grünen | |
Unterdessen verhandeln die möglichen Koalitionspartner CDU, CSU und SPD | |
weiter mit den Grünen über ein Finanzpaket für Verteidigung und | |
Infrastruktur. Nachdem ein Treffen am Montagabend keine Einigung gebracht | |
hatte, sollen die Gespräche den Grünen zufolge „zeitnah“ fortgesetzt | |
werden. | |
Die Finanzvorschläge der Grünen bezeichnete | |
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) als „grundsätzlich im | |
Bereich des Vorstellbaren“. Der Gesetzentwurf, den die Grünen am Montag | |
eingebracht hätten, sei eine „Grundlage, auf der man sich aufeinander | |
zubewegen kann“, sagte er dem Deutschlandfunk. Es sei „nicht so, dass das | |
meilenweit auseinanderläge“. | |
Ähnlich äußerte sich auch SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. „Der Vorstoß der | |
Grünen, den Sicherheitsbegriff zu erweitern, halte ich für durchaus | |
diskussionswürdig“, sagte er der Rheinischen Post. Es ergebe Sinn, | |
„Verteidigung nicht nur im engeren Sinn zu betrachten, sondern auch innere | |
Sicherheit und Bevölkerungsschutz stärker in den Blick zu nehmen“. | |
Der zentrale Unterschied zwischen dem Gesetzentwurf der Grünen und dem von | |
Union und SPD besteht in der Frage, was alles den Verteidigungsaufgaben | |
zugeschlagen werden soll. Dadurch ergeben sich sehr unterschiedliche | |
Berechnungen. Auf den ersten Blick scheint es so, als wollten die Grünen | |
den Spielraum des regulären Etats wesentlich stärker einschränken. | |
Schließlich fordern sie, die Verteidigungsausgaben nicht nur bis zu einer | |
Höhe von 1 Prozent, sondern von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) | |
für die Schuldenbremse anzurechnen. | |
## Uneinigkeit, was Verteidigung umfassen soll | |
Allerdings ist es etwas komplizierter. Denn Union und SPD beschränken sich | |
auf den unmittelbaren Verteidigungsetat, also den Einzelplan 14. | |
Sicherheitspolitische Ausgaben, die in anderen Etatposten verbucht sind, | |
bleiben unberücksichtigt, würden also voll auf die Schuldenbremse | |
durchschlagen. Bei den Grünen sieht das anders aus. | |
Zudem wollen sie auch noch den Zivilschutz, den Ausbau | |
nachrichtendienstlicher Fähigkeiten sowie die Hilfe für völkerrechtswidrig | |
angegriffene Staaten wie [2][die Ukraine] und die Stärkung internationaler | |
Organisationen mitberücksichtigen – was sich im Großen und Ganzen an den | |
Nato-Kriterien orientiert. | |
Was bedeutet das konkret? Im vergangenen Jahr hatte der reine | |
Verteidigungsetat eine Höhe von rund 52 Milliarden Euro, was 1,21 Prozent | |
des BIP entsprach. Das wäre die Basis für Union und SPD: 43,1 Milliarden | |
Euro würden nach ihrem Vorschlag dem regulären Haushalt zugeschlagen, von | |
der Schuldenbremse ausgenommen wären 8,9 Milliarden Euro, für die | |
zusätzliche Kredite aufgenommen werden könnten. | |
An die Nato meldete die Bundesregierung jedoch 90,6 Milliarden Euro, etwa | |
2,1 Prozent des BIP. Davon stammten 19,8 Milliarden Euro aus dem | |
„Zeitenwende-Sondervermögen“. Die abgezogen, blieben an erweiterten | |
Verteidigungsausgaben insgesamt 70,8 Milliarden Euro übrig, die für den | |
Grünen-Vorschlag relevant wären. Davon wären 6,2 Milliarden Euro von der | |
Schuldenbremse ausgenommen. | |
## Grünen-Vorschlag wäre teurer | |
Das würde eine Differenz von 2,7 Milliarden Euro ergeben, um die der | |
Grünen-Vorschlag den Bundeshaushalt stärker belastet. Das relativiert sich | |
jedoch dadurch, dass es einen Konsens darüber gibt, dass auch deutlich | |
stärker in die Bereiche investiert werden muss, die in der Rechnung von | |
Union und SPD ausgeklammert sind, zum Beispiel den im Innenministerium | |
angesiedelten Zivilschutz. | |
Falls sich Union und SPD nicht mit den Grünen verständigen sollten, hätten | |
sie auch noch die Möglichkeit, mit der scheidenden FDP zu einer | |
Zweidrittelmehrheit im alten Bundestag zu kommen. Die hat jetzt einen | |
eigenen Vorschlag vorgelegt. Danach fordert sie, das bisherige | |
Zwei-Prozent-Ziel der Nato im Grundgesetz festzuschreiben – finanziert aus | |
dem regulären Haushalt. | |
Noch höhere Verteidigungsausgaben könnten nach den Vorstellungen über ein | |
von 100 auf 300 Milliarden Euro aufgestocktes Sondervermögen finanziert | |
werden. Das jedoch würde bedeuten, dass unter Beibehaltung der | |
Schuldenbremse jährlich mehr als 34 Milliarden Euro zusätzlich aus dem | |
Bundesetat für die Verteidigung bereitgestellt werden müssten, was ohne | |
drastische Einschränkungen in anderen Bereichen nicht realisierbar wäre. | |
Dass sich darauf CDU, CSU und SPD [3][mit der FDP einigen] könnten, gilt | |
als unwahrscheinlich. Allerdings hat auch der Grünen-Vorschlag ein großes | |
Problem: Auch er klammert den Infrastrukturbereich aus, für den Union und | |
SPD ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen schaffen wollen. | |
Darüber würden die Grünen jedoch gerne erst im neuen Bundestag verhandeln. | |
Dann jedoch bräuchte es für eine Zweidrittelmehrheit [4][auch die | |
Linkspartei,] was vor allem CDU und CSU unbedingt vermeiden möchten. | |
11 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Wehrbeauftragte-sieht-Personalprobleme/!6075240 | |
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[4] /Geplante-Grundgesetz-Aenderungen/!6075136 | |
## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
Pascal Beucker | |
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kann. |