# taz.de -- Sorge vor Übergriffen: Parteien bangen um Sicherheit im Wahlkampf | |
> Ein Winterwahlkampf im Dunklen und die Gefahr von Angriffen: Die Parteien | |
> treffen Sicherheitsvorkehrungen. Die Polizei sieht viel Arbeit. | |
Bild: Ein zerrissenes Wahlplakat der SPD aus dem Bundestagswahlkampf 2021 | |
Berlin taz | Es wird ein kurzer Wahlkampf [1][vor der Bundestagsneuwahl am | |
23. Februar], mitten im Winter. Einer, der die Parteien vor | |
Herausforderungen stellt – auch in Sicherheitsfragen. Denn schon bei | |
jüngsten Wahlkämpfen [2][kam es zu Übergriffen auf | |
Parteivertreter*innen]. Und die Stimmung ist weiter polarisiert, | |
viele Aktionen finden nun in der dunklen Jahreszeit statt. | |
Die Parteien treffen daher bereits jetzt Sicherheitsvorkehrungen. Ein | |
SPD-Sprecher sagte der taz, man nehme die Sicherheit der Mitglieder und | |
Wahlkämpfenden im Winterwahlkampf „sehr ernst“. Im Willy-Brandt-Haus, der | |
SPD-Zentrale, werde es deshalb eine Hotline geben, an die Vorfälle gemeldet | |
werden können. Zudem fänden Schulungen zu Deeskalation, Schutz von | |
Veranstaltungen oder dem Umgang mit Hass im Internet statt. | |
Plakatieraktionen oder Infostände sollten nicht allein, sondern mit einer | |
Mindestzahl an Teilnehmenden stattfinden, betont der SPD-Sprecher. Daneben | |
brauche es „klare Absprachen“ mit örtlichen Sicherheitsbehörden. Auch vor | |
größeren Veranstaltungen sollten diese stets informiert werden. | |
Wie bedrohlich die Situation sein kann, mussten erst [3][am Samstag zwei | |
SPD-Wahlkämpfer:innen in Berlin] schmerzhaft erleben. Ihr Infostand war von | |
mehreren Neonazis tätlich angegriffen worden, die sich auf dem Weg zu einem | |
rechten Aufmarsch in den Stadtteilen Friedrichshain und Lichtenberg | |
befunden hatten. Gegen drei der Tatverdächtigen hat ein Ermittlungsrichter | |
inzwischen Untersuchungshaftbefehle erlassen. | |
## Sicherheit der Wahlkämpfenden hat „oberste Priorität“ | |
Auch eine CDU-Sprecherin sagte der taz, die Sicherheit der Wahlkämpfenden | |
ihrer Partei habe „oberste Priorität“. In Schulungen und Informationsrunden | |
werde derzeit für den Umgang mit physischer und verbaler Gewalt | |
sensibilisiert. Mit den Landesverbänden sei man zu spezifischen | |
Sicherheitsfragen vor Ort im Gespräch. Ein Grünen-Sprecher betont ebenso | |
„hohe Sicherheitsvorkehrungen“ für den Wahlkampf. Auch hier liefen | |
Schulungen. Für Veranstaltungen arbeite man mit der Polizei zusammen, lege | |
Abstandsregeln oder Sicherheitsbereiche fest. | |
Linken-Bundesgeschäftsführer Janis Ehling versichert ebenfalls, dass | |
„gerade vermehrt eine Sensibilisierung der Aktiven in der Partei | |
stattfindet“. In der Bundesgeschäftsstelle gebe es eine Kontaktadresse, an | |
die Vorfälle gemeldet werden sollen. „Bei Bedrohungen oder Beschädigung von | |
Materialien raten wir den Mitgliedern, die Polizei zu rufen und Anzeige zu | |
erstatten“, so Ehling zur taz. Wahlkämpfenden werde empfohlen, | |
Handreichungen der Beratungen gegen Rechtsextremismus anzuschauen und zu | |
„verinnerlichen“. | |
Ehling betont aber auch: „Wir sind eine antifaschistische Partei und werden | |
uns nicht klein machen oder verstecken.“ Und die rechte Gewalt falle nicht | |
vom Himmel. „Sie wird durch die Hetze der AfD angetrieben und durch ihre | |
Kader vorbereitet.“ Auch würden die Gewalttäter ermutigt durch die | |
Übernahme rechter Slogans in der Regierung und Union. Umso wichtiger wäre | |
es, Gegenkräfte in der Zivilgesellschaft zu stärken, etwa mit einem | |
Demokratiefördergesetz, fordert Ehling. | |
Auch für den SPD-Sprecher steht fest, dass Angriffe auf politisch | |
Engagierte nicht nur Einzelne treffen, sondern die Demokratie insgesamt. | |
Dies sei „ein Alarmzeichen“. Es brauche daher „klare Solidarität“ mit … | |
demokratisch Engagierten. Einschüchterungen müsse man entschlossen | |
entgegentreten und dürfe einem Klima, bei dem Menschen zurückschreckten, | |
sich politisch zu engagieren, „keinen Raum geben“. | |
## Polizei warnt vor Cyberangriffen bei der Bundestagswahl | |
Die Polizei rechnet mit viel Arbeit. Jochen Kopelke, Vorsitzender der | |
Gewerkschaft der Polizei, geht im Wahlkampf von Störungen und Übergriffen | |
aus. Das zeigten Erfahrungen aus der jüngsten Vergangenheit, so Kopelke zur | |
taz. „Momentan stellen wir fest, dass fast alle politisch Aktiven nach mehr | |
Sicherheit und mehr Schutz fragen, auch wenn viele von ihnen bereits | |
besonders von der Polizei geschützt werden.“ | |
Kopelke versicherte: „Wir müssen den Sicherheitsbedarf aller politischen | |
Akteure sicherstellen, und das werden wir.“ Wahlen seien ein fundamentales | |
Element der Demokratie und verdienten „bestmöglichen Schutz“. Die Folge | |
aber sei, dass der Arbeitsalltag der Polizei von dieser Priorität dominiert | |
werde, man Ressourcen „umschaufeln“ und Dinge liegen lassen müsse, | |
„gewissermaßen ab sofort“. | |
Kopelke warnte auch, dass es zu hybriden Angriffen bei der Wahl kommen | |
könne, zu Cyberangriffen, Desinformation oder gar Sabotage. All dies gelte | |
es zu verhindern. Kopelke nahm das zum Anlass, erneut die | |
[4][IP-Adressspeicherung] zu fordern, um schwere Delikte verfolgen zu | |
können – [5][dafür gäbe es derzeit eine Mehrheit von SPD und Union im | |
Bundestag]. | |
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundesamt für Sicherheit in der | |
Informationstechnik hatten zuletzt vor [6][Desinformation], Cyberangriffen | |
oder Sabotage bei der Bundestagswahl gewarnt. Russland habe daran „das wohl | |
größte und naheliegendste Interesse“, so der Verfassungsschutz. Denkbar | |
seien eine „gezielte Diskreditierung ungewünschter Kandidaten“ oder eine | |
Infragestellung des Wahlprozesses an sich. | |
Das BSI erklärte, bisher gebe es keine konkreten Versuche von | |
Cyberangriffen auf die Wahlprozesse. Jüngste Cyberspionagefälle gegen den | |
Bundestag oder Parteien könnten aber zu „Hack-und-Leak-Operationen“ führe… | |
das Erbeuten und Verbreiten von kompromittierenden Informationen. Dazu gebe | |
es ein „kontinuierliches Grundrauschen von Desinformation in Sozialen | |
Medien“. Auch das BSI bietet deshalb derzeit Beratungen für Wahlleitungen, | |
Kandierende und Parteien an. | |
16 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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Holger Münch | |
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