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# taz.de -- Wagenknechts Koalitionsspiele: Tritt Brandenburg jetzt aus der Nato…
> In Brandenburg sind die SPD und das BSW auf dem Weg zu
> Koalitionsgesprächen. In Sachsen und Thüringen holpert es hingegen
> kräftig.
Bild: Positive Gespräche: Dietmar Woidke (SPD) und Robert Crumbach (BSW)
Potsdam dpa/taz | SPD und BSW sind in Brandenburg auf dem Weg zu
Koalitionsverhandlungen einen wichtigen Schritt vorangekommen. Nicht einmal
vier Wochen nach dem Start ihrer Sondierungsgespräche wollen beide Parteien
heute die Weichen dafür stellen.
Die Sondierungsgruppen beider Parteien wollen nach Informationen der
Deutschen Presse-Agentur bekanntgeben, dass sie den Parteivorständen
Verhandlungen empfehlen. Die Spitzen der Landesverbände von SPD und BSW
beraten darüber. Die B.Z. und die Bild-Zeitung berichteten zuvor darüber.
Anfang Oktober starteten die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke und
das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) unter Landeschef Robert Crumbach die
Sondierung über eine mögliche Regierungskoalition. Woidke und Crumbach
beurteilten die Gespräche bisher grundsätzlich positiv.
Crumbach wies aber auch darauf hin, dass es manchmal schwierig sei. Nach
außen gab es keine Anzeichen mangelnder Kompromissbereitschaft. Crumbach
ist einigen in der SPD bekannt: [1][Er war 40 Jahre lang Sozialdemokrat.]
Unklar ist bislang, ob das BSW auch in Brandenburg darauf besteht, eine
Ablehnung der militärischen Unterstützung der Ukraine und der Stationierung
von Mittelstreckenraketen in Deutschland im Koalitionsvertrag
festzuschreiben.
## Wagenknecht hat Forderungen gestellt
Beide Parteien stehen nach der Landtagswahl vom 22. September auch unter
einem gewissen Zugzwang: Nur SPD und BSW zusammen haben im Parlament eine
realistische Mehrheit, denn keine andere Partei will mit der zweitstärksten
Kraft AfD koalieren. Und Alternativen wären nur eine
SPD-Minderheitsregierung oder eine Neuwahl. Bislang regiert
Ministerpräsident Woidke in einer Koalition aus SPD, CDU und Grünen.
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert eine klare Position zur Aufstellung
von US-Mittelstreckenraketen und ein Eintreten für einen Waffenstillstand
zwischen Russland und der überfallenen Ukraine. Wagenknecht sitzt nicht
direkt mit am Verhandlungstisch, das BSW in Brandenburg stimmt sich aber
nach eigenen Angaben eng mit ihr ab.
Woidke hatte sich mit Sachsens CDU-Regierungschef Michael Kretschmer sowie
Thüringens CDU-Chef Voigt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Anfang
Oktober für mehr diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des
russischen Kriegs gegen die Ukraine ausgesprochen. Wagenknecht hatte den
Artikel als wichtigen Beitrag bezeichnet, weil er statt Waffenlieferungen
eine andere Perspektive aufzeige. Woidke machte später aber auch deutlich,
dass er Waffenlieferungen für die Ukraine weiter für notwendig hält.
## Schwierige Beratungen in Sachsen
In [2][Sachsen und Thüringen geht es ebenfalls um eine mögliche
Regierungsbeteiligung], aber um eine „Brombeer-Koalition“ aus CDU, BSW und
SPD. In Sachsen wurden die Sondierungsgespräche jedoch in der vergangenen
Woche von der SPD unterbrochen, weil der Großteil der Abgeordneten aus der
BSW-Fraktion einem [3][Antrag der AfD auf einen
Corona-Untersuchungsausschuss] im Landtag zustimmte.
„Das Theater, was die SPD aufführt, ist für mich nicht hinnehmbar und
politisch unverantwortlich. Ich fordere die SPD auf, zu dem bisher seriös
verlaufenen Verhandlungsprozess zurückzukehren“, sagte BSW-Fraktionschefin
Sabine Zimmermann dem Tagesspiegel. Sie verteidigte das
Abstimmungsverhalten gegenüber der Zeitung: „Dass die Corona-Zeit in einem
Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden muss, war für uns ein zentrales
Wahlversprechen und ist daher nicht verhandelbar.“
Das BSW habe CDU und SPD transparent und frühzeitig darüber informiert,
dass es dem AfD-Antrag zustimmen würde. „Wir hatten ihnen auch die
Möglichkeit gegeben, unseren BSW-Antrag zum Thema mitzuzeichnen, was sie
aber abgelehnt haben“, sagte Zimmermann. Auch ohne die Stimmen des BSW wäre
es zu dem Untersuchungsausschuss gekommen, da die AfD mit 40 Abgeordneten
im Landtag vertreten ist, nötig waren aber nur 24 Stimmen.
Am Montag ist nach SPD-Angaben nun ein Treffen mit
Spitzenpolitiker:innen von CDU und BSW geplant, das klären soll, ob
und wie die Gespräche fortgeführt werden können. „Wir wollen eine stabile
Regierung in Sachsen. Die SPD muss sich endlich entscheiden, was sie
wirklich will“, sagte Zimmermann.
## Sondierungen in Thüringen stocken
Auch in Thüringen steht das Brombeer-Projekt auf der Kippe: Die Suche nach
einem Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen, die Wagenknecht zur
Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat, war
bisher erfolglos. Über das Wochenende gaben sich die Spitzen von CDU, BSW
und SPD Bedenkzeit. Sie soll am Montag oder Dienstag mit der Wiederaufnahme
von Gesprächen enden, hieß es am Sonntag aus Verhandlungskreisen.
„Die Chancen stehen 50:50“, sagte einer der Verhandler der Deutschen
Presse-Agentur. Und: „Die Tür ist nicht zu.“ Es würde ein neuer
Kompromissvorschlag versucht. SPD-Landeschef Georg Maier sagte dem Berlin
Playbook Podcast von Politico, er wisse nicht, ob eine „Brombeer-Koalition“
aus CDU, SPD und BSW noch zustande kommen kann. „Also wir arbeiten hart
daran, dass sie kommt, oder beziehungsweise, dass wir in Thüringen eine
Landesregierung bekommen, die handlungsfähig ist“, sagte Maier.
Maier kritisierte die [4][Bedeutung von außenpolitischen Themen] bei den
Gesprächen. In Bezug auf die „wirklich wichtigen Probleme des Landes“ seien
die Außen- und Friedenspolitik aus seiner Sicht „nachgeordnet“, sagte er.
„Aber das BSW und namentlich Frau Wagenknecht hat hier ein Stoppzeichen
gesetzt und hat gesagt, die Frage muss zuerst geklärt werden“, fügte der
Thüringer Innenminister hinzu. Er fände „das nicht gut, weil es ist nicht
im Sinne des Landes.“
## Wagenknecht warnt
Angesichts von Konflikten mit dem BSW schwand zuletzt bei CDU und SPD die
Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss der laufenden
Sondierungsgespräche. Laut Berichten des Redaktionsnetzwerks Deutschland
(RND) lag am Freitag ein mühsam errungener Kompromiss zu außenpolitischen
Fragen vor. Dieser sollte den Weg von Sondierungsgesprächen zu
Koalitionsverhandlungen ebnen und sei bereits von den Führungsgremien von
CDU und SPD gebilligt worden. Wagenknecht habe den Vorschlag daraufhin
blockiert und ihrerseits einen Passus vorgelegt, der für CDU und SPD nicht
akzeptabel sei, berichtete das RND.
BSW-Chefin Wagenknecht warnte unterdessen ihre Partei vor zu vielen
Zugeständnissen auf dem Weg zu möglichen Regierungsbeteiligungen.
Kompromisse müssten möglich sein, sagte sie dem Stern. „Aber
Kompromissbereitschaft darf kein Vorwand sein, um für eine
Regierungsbeteiligung fast alles über Bord zu werfen, wofür man gewählt
wurde.“ Viele Menschen setzten große Hoffnungen in das BSW als neue Partei.
„Alle, die sich im BSW engagieren, haben die verdammte Verantwortung, diese
Erwartungen nicht zu enttäuschen.“ Der Wählerauftrag an das BSW sei nicht,
ein Weiter-so zu ermöglichen.
28 Oct 2024
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