# taz.de -- CO2-Fußabdruck von Milliardär*innen: Superreich und superschmutzig | |
> Die Welt ist nicht auf Kurs beim Klimaschutz, zeigen UN-Berichte. Dazu | |
> tragen Milliardär*innen in besonderem Maße bei, klagt Oxfam. | |
Bild: Massiv klimaschädlich: Privatjets | |
Berlin taz | Die Superreichen der Welt sind durch Luxusgüter wie Privatjets | |
und Jachten jährlich für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich, als | |
der Großteil der Menschheit in ihrem ganzen Leben ausstoßen wird. Das hat | |
eine Recherche der Nichtregierungsorganisation Oxfam ergeben, die dafür die | |
öffentlich verfügbaren Daten von Privatjets und Jachten von 50 der | |
reichsten Milliardär*innen ausgewertet hat. | |
Der Studie zufolge produziert ein durchschnittlicher Privatjet der | |
untersuchten Milliardär*innen in einem einzigen Jahr so viel | |
Treibhausgas [1][wie ein Durchschnittsdeutscher in fast 200 Jahren] – oder | |
ein Mensch im Weltdurchschnitt sogar in 300 Jahren. Die Superjachten dieser | |
50 Milliardäre sind sogar noch klimaschädlicher: Jede Jacht ist | |
durchschnittlich für 5.672 Tonnen CO2-Emissionen verantwortlich, 860-mal so | |
viel wie der weltweite jährliche Pro-Kopf-Durchschnitt oder 525-mal so viel | |
wie der durchschnittliche Deutsche pro Jahr. | |
Oxfam warnt aber auch: Es ist nicht nur der klimaschädliche Konsum, durch | |
den die Superreichen zur Erderhitzung beitragen. Eine noch größere Rolle | |
würden Investitionen spielen. Teilweise besitzen die Milliardäre die | |
klimaschädlichsten Unternehmen selbst oder profitieren finanziell von | |
ihnen. | |
Für Leonie Petersen, die bei Oxfam Expertin für die sozial-ökologische | |
Transformation ist, ist die Konsequenz aus den Studienergebnissen klar: | |
„Wir müssen weltweit und in Deutschland die extreme Vermögenskonzentration | |
abbauen“, sagte sie der taz und machte sich für eine Vermögenssteuer stark. | |
Außerdem solle die Bundesregierung Jachten und Privatjets [2][stärker | |
regulieren], fordert Petersen, „oder sogar verbieten“. | |
## Auf dem Pfad zu 3,1 Grad | |
Petersen betont aber, dass nicht nur die Superreichen für CO2-Emissionen | |
verantwortlich sind: „Die Vermögenssteuer ist ein wichtiger Baustein, aber | |
wir müssen durch einen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft die | |
CO2-Emissionen insgesamt massiv reduzieren.“ | |
Die Treibhausgasemissionen und die Konzentration von Treibhausgasen in der | |
Atmosphäre sind aktuell so hoch wie noch nie zuvor in der Geschichte der | |
Menschheit, wie die Weltorganisation für Meteorologie WMO am Montag in | |
einem Bericht festgestellt hat. Zwar sei die Konzentration von CO2 in der | |
Atmosphäre 2023 langsamer gestiegen als im Durchschnitt der vergangenen | |
zehn Jahre, der WMO zufolge handelt es sich dabei aber um eine natürliche | |
Schwankung. Der Anstieg der CO2-Emissionen durch Öl, Gas und Kohle habe | |
sich hingegen nicht verlangsamt. | |
Aktuell befindet sich die Welt auf dem Pfad zu 3,1 Grad Erderhitzung bis | |
2100, wenn alle Staaten mit dem Klimaschutz weitermachen wie bisher. Das | |
hatte der Emissionslückenbericht des UN-Umweltprogramms in der vergangenen | |
Woche gezeigt. Im Pariser Klimaabkommen hatten sich die Staaten der Welt | |
darauf geeinigt, die Erderhitzung möglichst unter 1,5 Grad, auf jeden Fall | |
„deutlich unter“ 2 Grad zu begrenzen. | |
Das Pariser Klimaabkommen verpflichtet die Staaten auch, sich selbst | |
Klimaziele zu setzen, die sogenannten Nationally Determined Contributions. | |
Dem Abkommen zufolge sollen diese NDCs ehrgeizig sein, das 1,5-Grad-Ziel | |
erreichen können und stetig verschärft werden. In einem Bericht, der am | |
Montag erschienen ist, stellt die UN-Klimaorganisation UNFCCC allerdings | |
fest, dass die bisherigen Klimaziele nicht ausreichen, um die in Paris | |
vereinbarten Grenzen einzuhalten. | |
## Regierungen müssen neue Klimaziele setzen | |
Falls alle Staaten ihre Versprechen einlösen, wären 2030 die weltweiten | |
Treibhausgasemissionen nur 2,6 Prozent niedriger als 2019. Dem UN-Bericht | |
zufolge müssten sie in dem Zeitraum aber um 42 Prozent sinken, um die | |
Erderhitzung bei 1,5 Grad zu stoppen; für die 2-Grad-Grenze müssten es 28 | |
Prozent weniger sein. | |
Falls Deutschland sein Klimaziel erreicht, bis 2030 jährlich nur noch 438 | |
Millionen Tonnen CO2 auszustoßen, würde es seine Emissionen um 45 Prozent | |
im Vergleich mit 2019 senken. Der deutsche Expertenrat für Klimafragen geht | |
aber davon aus, [3][dass Deutschland dieses Ziel verfehlen wird] – wenn die | |
Bundesregierung nicht zusätzliche Maßnahmen ergreift. | |
Bis Februar kommenden Jahres müssen sich die Regierungen neue Klimaziele | |
setzen. Darin legen sie dar, wie weit sie ihre Emissionen bis 2035 senken | |
und wie sie dieses Ziel erreichen wollen. UN-Klimachef Simon Stiell | |
fordert, dass die Länder sich weit ambitioniertere Ziele für 2035 setzen, | |
als sie es für 2030 getan haben. „Die neuen Ziele müssen einen klaren Weg | |
vorgeben, wie Fortschritt zu erreichen ist.“ | |
Geht es denn gar nicht voran? An manchen Stellen zumindest ein bisschen. | |
[4][Der deutsche Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne] will seine | |
klimaschädliche Jacht, die auch Teil der Oxfam-Untersuchung war, | |
abschaffen. „Ich kann Ihnen bestätigen, dass Herr Kühne im Begriff ist, | |
seine Motorjacht zu verkaufen“, hieß es beim Unternehmen Kühne + Nagel auf | |
Anfrage der taz. | |
28 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Kapitalismus-und-Klimakrise/!6044887 | |
[2] /Klimaschaedliche-Dienstwagen/!6041319 | |
[3] /Expertenrat-fuer-Klimafragen/!6014970 | |
[4] /Vanity-Fair-ueber-Klaus-Michael-Kuehne/!6034426 | |
## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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