# taz.de -- 3sat droht das Ende: Wie kulturfern soll es denn sein? | |
> Wenn 3sat tatsächlich eingestellt wird, verliert das | |
> öffentlich-rechtliche System an Legitimation. Die Quote allein darf nicht | |
> zählen. | |
Bild: Sendeschluss: Kein wirklicher Sinn mehr für Kulturberichterstattung | |
Nun soll also der Kultursender [1][3sat womöglich eingestellt werden.] Die | |
Sendeinhalte sollen „teilweise oder vollständig“ – so der Entwurf, der d… | |
Gremien zur Abstimmung vorliegt – ins Arte-Programm überführt werden. Und | |
die Frage stellt sich: Warum fällt den Öffentlich-Rechtlichen immer die | |
Kultur ein, wenn es ans Sparen geht? | |
Am dabei erzielbaren Einsparpotenzial kann es eher nicht liegen. Für die | |
Honorare, die im Fernsehen [2][für die Fußballexperten] ausgegeben werden, | |
die in der Halbzeit von Länderspielen die Sendezeit überbrücken, ließe sich | |
ein halbes Dutzend gut recherchierter Kultursendungen finanzieren. Aber | |
worum geht es dann? | |
Längst gibt es den Verdacht, dass die Entscheidungsträger in den | |
öffentlich-rechtlichen Sendern – Bildungsauftrag hin oder her – gar keinen | |
wirklichen Sinn mehr für die Kulturberichterstattung haben. Und da ist noch | |
etwas. Sendungen, in denen auch einmal komplizierte Sätze fallen können, | |
die mit Möglichkeitssinn, Selbstreflexionen, ästhetischen Erfahrungen und | |
Perspektivierungen spielen, scheinen bei der Publikumsrundumbetütelung zu | |
stören, die einem entgegenquillt, sobald man den Fernseher nur anschaltet. | |
Die auf dem Sofa Sitzenden werden „an die Hand genommen“, „begleitet“, | |
„durchs Programm geführt“ und von kindlichen Jingles gestreichelt. Als | |
anspruchsvoller Rezipient sehnt man sich geradezu nach Informationen und | |
Sachlichkeit. Eben auch und gerade im Bereich der Kultur. Außerdem wäre | |
eine Selbstreflexion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens über seine | |
gesellschaftliche Rolle gerade derzeit unglaublich wichtig. | |
Gibt es in Fernsehkreisen etwa ein Nachdenken darüber, wie entscheidend für | |
die erstaunliche Renaissance der Politikerin Sahra Wagenknecht ihre vielen | |
Talkshoweinladungen gewesen sind? Man wüsste es gern. | |
## Ist das nicht peinlich? | |
Klar, es gibt immer wieder Qualitätssendungen wie gerade „Herrhausen“, aber | |
schämt man sich nicht auch wenigstens ein bisschen dafür, dass man in der | |
Summe von Kabarettsendungen, Vorabendserien [3][und Talkshows] über die | |
gesellschaftlichen Problemlagen hinwegwischt? | |
Ist einem das als ernsthafte Journalistin und engagierter Moderator nicht | |
schlicht auch peinlich? Kulturberichterstattung könnte da helfen. Kultur | |
ist eben keineswegs nur bunt, beliebig und laut. Es ist auch der Bereich, | |
in dem man darüber nachdenken kann, was man eigentlich genau macht und ob | |
es sinnvoll ist, das zu machen, was man macht. | |
Und noch etwas würde Kulturberichterstattung – zumal neben einem | |
ernsthaften politischen Magazinjournalismus – für das öffentlich-rechtliche | |
System bieten: Legitimation. Die Zeiten, in denen die Sender sie sich mit | |
dem Argument holen konnten, dass die Gesellschaft sich vorm Fernseher wie | |
vor einem Lagerfeuer versammelt, sind lange vorbei. Als rein | |
unterhaltungsorientierte Quotenmaschinen hätten die öffentlich-rechtlichen | |
Sender sowieso keine Berechtigung. | |
Dafür brauchen sie sachliche Informationen und die Kultur. Hoffentlich ist | |
den Sendern das klar. | |
4 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Dirk Knipphals | |
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