# taz.de -- Preisverleihung beim Theatertreffen: Kritik wird gebraucht | |
> Gleich mit zwei Preisen wurde beim Theatertreffen das Stück die | |
> „Hundekot-Attacke“ aus dem Theaterhaus Jena ausgezeichnet. | |
Bild: Das Ensemble der „Hundekot-Attacke“ beim Schlussapplaus in Berlin, Ni… | |
Am Pfingstmontag ging der Theatertreffen in Berlin zu Ende mit zwei | |
Preisverleihungen. Es ist eine schöne Pointe, dass gleich beide Preise, der | |
mit 10.000 Euro dotierte 3sat-Preis und der mit 5.000 Euro ausgestattete | |
Alfred-Kerr-Darstellerpreis beide an das [1][Theaterhaus Jena gingen, für | |
ihr Stück „Die Hundekot-Attacke“] und den Darsteller Nikita Buldyrski. | |
Die Auswahl der zehn Inszenierungen für das Theatertreffen trifft eine Jury | |
von sieben Theaterkritiker:innen: Das Festival ist also eine Institution, | |
in der Theaterkritik noch eine große Rolle für die Aufmerksamkeit für das | |
Theater spielt. Theater und Kritik sind hier Partner. | |
Das ist nicht selbstverständlich, denn Theater und Theaterkritik kämpfen | |
beide heute mit der Angst vor ihrem Bedeutungsverlust. In der | |
Medienlandschaft gilt das Rezensionswesen nicht mehr viel. Theater testen | |
neue Kanäle, um das Publikum an sich zu binden. Als letztes Jahr in | |
[2][Hannover ein von der Kritik seiner Stücke beleidigter Choreograf] einer | |
Kritikerin Hundekot ins Gesicht schmierte, interpretierten einige das als | |
Signal für ein tiefes Zerwürfnis zwischen Theatern und Kritik. Zittern auf | |
beiden Seiten. | |
Ein [3][Kollektiv im Theaterhaus Jena,] von überregionaler Beachtung nicht | |
verwöhnt, hat um diesen Vorfall herum ein Stück gestrickt, das nun, von der | |
Kritikerjury eingeladen, auch das Publikum des Berliner Theatertreffens | |
begeisterte. Es ist ein vielfach besprochenes Stück, das damit beiden, dem | |
Theater und der Kritik, auch wieder zur Stabilisierung seiner Rolle | |
geholfen hat. | |
## Lustig und listig | |
Die „Hundekot-Attacke“ ist listig und lustig, tarnt sich als | |
Dokumentartheater, das angeblich in E-Mails vom Scheitern des Projekts | |
erzählt, mit einem Stück über die Hundekot-Attacke das Verhältnis zwischen | |
Theaterbetrieb und Öffentlichkeit kritisch zu beleuchten. | |
Aber genau das gelingt dem Team und noch vieles mehr; von der komplizierten | |
Gruppendynamik in Kollektiven zu erzählen, vom Fremdeln zwischen Tanz und | |
Theater, von der Unwucht zwischen Theater und politischem Aktivismus, die | |
heute auf der Suche nach dem relevanten Stoff oft entsteht. So kann man | |
sich freuen, dass die Spielenden Pina Bergemann, Nikita Buldyrski, Henrike | |
Commichau, Linde Dercon, Leon Pfannenmüller, Anna K. Seidel, der Regisseur | |
Walter Bart und die Dramaturgin Hannah Baumann mit dem 3sat-Preis | |
ausgezeichnet wurden. | |
Und man kann [4][Nikita Buldyrski, Schauspieler und Rapper], gratulieren, | |
der die Rolle des ehrlich besorgten jungen Künstlers übernommen hat, der | |
mit der Kunst auf soziale Missstände aufmerksam machen will und die | |
Hundekot-Attacke eigentlich Kacke findet. | |
21 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Bettina Müller | |
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