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# taz.de -- Kontrollen an Deutschlands Grenzen: Deutschland macht dicht
> Die Bundesregierung hat nach dem Terroranschlag von Solingen stärkere
> Grenzkontrollen beschlossen. Ob das zu mehr Sicherheit führt, ist
> fraglich.
Bild: Die unsäglichen Grenzkontrollen werden auch mehr Racial Profiling mit si…
Berlin taz | Seit Montag gibt es an allen deutschen Grenzen stationäre
Kontrollen der Bundespolizei. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)
hatte dies als Reaktion auf den mutmaßlich islamistischen
[1][Terroranschlag von Solingen] Ende August angekündigt. Doch was genau
geschieht [2][nun an den Grenzen]? Und bringt das etwas?
Bislang hat die Bundespolizei schlicht die Praxis ausgeweitet, die zuvor
auf die Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich, zur Schweiz und seit
Kurzem auch zu Frankreich beschränkt war. Offiziell bedeutet das:
stationäre stichpunktartige Kontrollen und die Zurückweisung von
Flüchtlingen, die nicht explizit zum Ausdruck bringen, einen Asylantrag
stellen zu wollen.
Noch nichts zu sehen ist indes vom Zurückweisungskonzept für Geflüchtete,
für deren Asylantrag [3][ein anderer EU-Staat zuständig ist]
(Dublin-Fälle). Das Innenministerium teilt hier auf Anfrage mit, das
Konzept befinde sich „in der Vorbereitung und ist noch nicht in der
Anwendung“.
Ob es an der Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, tatsächlich
etwas ändert, wenn nun auch an den Übergängen zu den [4][Beneluxstaaten und
Dänemark] kontrolliert wird, scheint fraglich. Marcus Engler vom Deutschen
Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung sagt: „Die
[5][Hauptmigrationsrouten] sind das sicherlich nicht.“
Einen Effekt dürfte laut ihm aber „das Gesamtpaket der veränderten Politik
und Stimmung in Deutschland“ während des letzten Jahrs haben. Die Ampel
beschloss eine Verschärfung nach der anderen, während die öffentliche
Debatte über Migration dramatisch [6][nach rechts kippte].
## Nicht alle Zurückweisungen rechtmäßig
Und schon vor der Ausweitung der Grenzkontrollen gab es einen deutlichen
[7][Anstieg der Zurückweisungen]: Wurden im gesamten Jahr 2023 rund 35.000
Personen zurückgewiesen, waren es allein von Januar bis Juli 2024 schon
etwa 26.000.
Menschenrechtsorganisationen vermuten, dass nicht alle dieser
[8][Zurückweisungen rechtmäßig waren], dass also Geflüchteten die
Möglichkeit verwehrt wurde, einen Asylantrag zu stellen. Wiebke Judith von
Pro Asyl verweist gegenüber der taz darauf, dass laut offiziellen Zahlen in
den letzten Jahren Tausende Menschen aus Afghanistan und Syrien
zurückgewiesen wurden. „Dass sie alle keinen Asylantrag stellen wollten,
scheint sehr unrealistisch.“ Sie fürchtet, dass sich die mutmaßliche
Praxis illegaler Pushbacks auf weitere Grenzabschnitte ausweiten könnte.
Auch Engler sagt: „Der Eindruck liegt nahe.“ Das Innenministerium weist
solche Vorwürfe auf Anfrage zurück.
Nicht nur Flüchtlinge dürften die Grenzkontrollen zu spüren bekommen. So
drohen nicht nur Staus und gestörte Lieferketten, sondern auch eine
Ausweitung rassistischer Polizeipraktiken. Es dürften wohl vor allem
nichtweiße Personen kontrolliert werden, wenn gezielt Geflüchtete aus dem
Grenzverkehr gefiltert werden sollen. Zwar beteuert das Innenministerium,
diese Praxis gebe es nicht. Wiebke Judith von Pro Asyl sagt aber: „Die
Ausweitung von Grenzkontrollen – egal wie ‚smart‘ sie angeblich sind – …
absehbar zu einer Verbreitung von völkerrechtswidrigem Racial Profiling
führen.“
Nicht zuletzt dürfte die Ausweitung der Grenzkontrollen auch die EU
langfristig schwächen. Ein Ende des Schengenraums sieht Marcus Engler vom
DeZIM zwar noch nicht nahen, aber er sagt: „Dieser Schritt steht gegen
alles, wofür die EU gegründet wurde. Insbesondere wird die dringend
benötigte Zusammenarbeit im Flüchtlingsschutz damit unterminiert.“ Statt
nationaler Alleingänge brauche es ein [9][gemeinsames Vorgehen der
EU-Staaten].
21 Sep 2024
## LINKS
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[2] /FAQ-zu-Migrationsdebatte/!6036279
[3] /Zurueckweisungen-an-deutschen-Grenzen/!6036181
[4] /Grenzkontrollen-in-Deutschland/!6037333
[5] /Oesterreichische-Migrationsexpertin/!6036271
[6] /Verschaerfte-Grenzkontrollen/!6033951
[7] /Sicherheitspaket-und-Grenzkontrollen/!6032597
[8] /Reaktionen-auf-Asylrechtsverschaerfungen/!6033437
[9] /Leistungen-fuer-Dublin-Fluechtlinge/!6033501
## AUTOREN
Frederik Eikmanns
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Asyl
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