# taz.de -- Teilverkauf des Hamburger Hafens: Reedereien auf Shopping-Tour | |
> Die Containerreederei MSC will von der Stadt Anteile am Hamburger Hafen | |
> kaufen. Dagegen stemmt sich ein breites Bündnis mit einer Protestewoche. | |
Bild: Mit dem Kauf von Container-Terminals wie im Hamburger Hafen wollen die Re… | |
Hamburg taz | Ausverkauf in Deutschlands größtem Hafen: Die | |
schweizerisch-italienische Reederei MSC will einen Großteil der | |
[1][Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA)] von der Hansestadt kaufen. Der | |
rot-grüne Senat ist dafür. Derzeit gehören der Stadt rund 70 Prozent, der | |
Rest war bisher im Streubesitz. Am Ende soll die Stadt noch 50,1 Prozent | |
und MSC 49,9 Prozent halten. | |
Gegen den Deal gibt es jedoch erheblichen Widerstand. Am Montag startete in | |
Hamburg eine „Aktionswoche gegen den MSC-Deal“. Organisiert wird sie von | |
einem breiten Bündnis, das vom Asta an der Uni bis zum federführenden | |
Bundesvorstand der Gewerkschaft Verdi reicht. Zum Höhepunkt soll eine | |
Demonstration am Sonnabend an den Landungsbrücken werden. | |
Schon zuvor gingen Hafenarbeiter*innen auf die Straße und schreckten | |
auch vor einem wilden Streik nicht zurück. Teile der Stadtgesellschaft | |
opponiert gegen die Privatisierung „ihres“ Hafens und die Opposition wirft | |
dem rot-grünen Senat des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher (SPD) | |
einen „historischen Fehler“ vor. | |
Den Teilverkauf aufhalten werden die Proteste vermutlich allerdings nicht. | |
Am 4. September stimmt die Hamburger Bürgerschaft in ihrer ersten Sitzung | |
nach der Sommerpause über den Deal ab. Angesichts der Zweidrittel-Mehrheit | |
von Rot-Grün gibt es keinen Zweifel an einer Entscheidung im Sinne des | |
Senats. | |
## HHLA nicht nur in Hamburg tätig | |
Dabei ist die auch nach einem MSC-Deal immer noch teilstaatliche HHLA nicht | |
nur in Hamburg tätig. Sie betreibt den Container Terminal Estonia in | |
Tallinn, einen Terminal im italienischen Triest und seit 2001 in Odessa am | |
Schwarzen Meer den größten und modernsten Containerterminal der Ukraine. | |
Jedoch sind die Hafen- und Terminalbetreiber eher kleine Fische im | |
maritimen Weltmeer. Der Konzern-Umsatz der HHLA betrug im Jahr 2023 kaum | |
mehr als 1,4 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Reederei Hapag-Lloyd fuhr | |
im selben, wirtschaftlich für den Konzern eher durchwachsenen Zeitraum 19,4 | |
Milliarden Euro ein. Einen kleinen Teil zum Gewinn der Reederei trug | |
übrigens die ältere Beteiligung an einem Containerterminal im Hamburger | |
Hafen bei. | |
Einen kräftigen Push erfuhren die Beteiligungen von Reedereien an | |
Hafen-Terminals in aller Welt [2][durch Corona]. Während der Pandemie waren | |
die Frachtraten in der Containerschifffahrt kräftig gestiegen, weil | |
Transportkapazitäten knapp und Lieferketten brüchig geworden waren. | |
International führende Reedereien wie die chinesische Cosco, die eine | |
Mini-Terminal-Beteiligung in Hamburg besitzt, sowie Maersk, MSC oder eben | |
Hapag-Lloyd fuhren zweistellige Milliardengewinne ein. Die Milliarden | |
flossen in Dividendenzahlungen, in Schiffsneubauten – und Beteiligungen an | |
Terminals. | |
## Hapag-Lloyd will weitere Terminals | |
Hapag-Lloyd hält mittlerweile Anteile an 20 Terminals in Europa, | |
Lateinamerika, USA, Indien und Nordafrika. Zu den zentralen Standorten | |
gehören laut Firmenangaben auch das Container Terminal Altenwerder in | |
Hamburg und der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Weltweit bieten rund | |
3.000 Mitarbeitende in den Häfen zusätzlich zu den normalen | |
Terminalaktivitäten Logistikdienstleistungen aller Art an. Ein Dutzend | |
weiterer Terminals soll in den nächsten Jahren hinzukommen. Beim Ausbau | |
dieses Konzernbereiches wolle Hapag-Lloyd die strategische und operative | |
Kontrolle des Geschäfts an den Kaimauern haben, erklärte Konzernchef Rolf | |
Habben Jansen vor einiger Zeit. „Wir halten wenig davon, Minderheitsanteile | |
zu besitzen.“ | |
Habben Jansen hat seine guten Gründe. Reedereien fahren nach Fahrplan. | |
Pünktlichkeit ist Trumpf. Eigene Terminals gelten schon im Alltag als | |
Schlüssel zu möglichst reibungslosen Abläufen bei den Lade- und | |
Löschvorgängen. Erst recht gilt dies in Krisenzeiten wie heutzutage. Die | |
gefährliche Situation im Roten Meer, die wochenlange Umwege um das Kap der | |
Guten Hoffnung heraufbeschwört, führt zu Staus vor vielen Häfen. Wer vor | |
Ort einen eigenen Terminal besitzt, wird vorrangig abgefertigt. Und spart | |
nebenbei die Umschlagsgebühren von etwa 300 Euro pro Box. Bei etwa 5.000 | |
Containern, die ein größerer Frachter in Hamburg oder Rotterdam umschlägt, | |
springt dabei eine erkleckliche Summe für die Reederei heraus. | |
Ziel ist eine Zuverlässigkeit beim Fahrplan von mehr als 90 Prozent. Um | |
dies zu erreichen, wollen Maersk und Hapag-Lloyd ab 2025 eine neue Allianz | |
bilden. Der dänische Riese bringt 60 Terminals weltweit in die | |
Partnerschaft mit ein. Darunter befindet sich eines in Bremerhaven, dem | |
zweitgrößten Hafen in Deutschland. An jedem großen deutschen Überseehafen | |
sind also bereits Reedereien beteiligt. | |
Weltweit ist auch MSC, die nach Transportkapazität größte Containerreederei | |
der Welt, im Terminalgeschäft aktiv. Auf fünf Kontinenten, in 31 Ländern | |
baut oder betreibt die [3][Mediterranean Shipping Company] aus Genf nach | |
eigenen Angaben 70 Terminals. Plus x. | |
27 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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