# taz.de -- Hafenprivatisierung in Hamburg: Kritik, die ins Leere geht | |
> Kurz vor der Entscheidung über den Teilverkauf des Hamburger Hafens | |
> kritisiert die SPD-Basis ihre Spitze. Inhaltlich richtig, kommt das viel | |
> zu spät. | |
Bild: Sie unternahmen viel dagegen: Demonstration der Hafenarbeiter gegen den M… | |
Na, da sind sie ja aufgewacht! Nun gibt es in der Hamburger SPD doch noch | |
ein Aufmucken gegen den umstrittenen [1][Hafen-Deal mit der Reederei MSC:] | |
In einem offenen Brief fordern mehrere Dutzend Sozis von ihren | |
Genoss:innen, die in der Hamburgischen Bürgerschaft sitzen, dass die den | |
Teilverkauf des Hafens bei den anstehenden Abstimmungen ablehnen mögen. | |
Der Hafen als Teil der kritischen Infrastruktur gehöre unter demokratische | |
Kontrolle und habe den wirtschaftlichen Interessen aller zu dienen und | |
nicht dem Gewinninteresse einzelner Konzerne, [2][mahnen die | |
Genoss:innen von der Basis.] Ja, es gehe jetzt um „die Verwirklichung | |
sozialdemokratischer Grundsätze und eine historische Entscheidung für die | |
Stadt“. | |
Das sind natürlich angemessen große Worte für die anstehende Entscheidung: | |
Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) betreibt drei der vier Terminals | |
im größten deutschen Hafen und ist bislang, trotz einer ersten | |
Teilprivatisierung, de facto unter ausschließlich städtischer Kontrolle. | |
Diese Macht will sich der SPD-geführte Senat künftig mit der weltgrößten | |
Container-Reederei MSC teilen. Sie soll 49,9 Prozent der Anteile bekommen, | |
ordentlich Kapital und Containerladung einbringen, um so den kriselnden | |
Hafenstandort Hamburg zu retten. Mindestens 40 Jahre lang soll der Vertrag | |
laufen. | |
Die im offenen Brief geäußerte Kritik ist inhaltlich natürlich völlig | |
richtig: Etwa, dass die bislang ziemlich guten Arbeitsbedingungen im Hafen | |
künftig schlechter werden und dass MSC als deutlich finanzkräftigerer | |
Partner in dieser Beziehung einzig auf eigene Vorteile schauen wird. | |
## Nur eine Simulation von Politik | |
Nur: Wie ernst kann so ein Aufbegehren gemeint sein, wenn es dafür ein | |
knappes Jahr braucht? Ganze elfeinhalb Monate ist die Ankündigung des Deals | |
her. Sicher, überrumpelt wurden von der eilig am frühen Morgen einberufenen | |
Pressekonferenz damals alle, als da plötzlich die drei führenden Hamburger | |
Genoss:innen – Bürgermeister Peter Tschentscher, Wirtschaftssenatorin | |
und Landes-SPD-Chefin Melanie Leonhard sowie Finanzsenator Andreas Dressel | |
– mit dem MSC-Vorstandschef Søren Toft in der Mitte standen und die zuvor | |
klammheimlich ausgehandelte Kooperation präsentierten. | |
Die Hafenarbeiter:innen hatten schnell kapiert, [3][dass sie etwas | |
dagegen unternehmen müssen] – es folgten Demonstrationen und sogar wilde | |
Streiks. | |
Dass nicht unmittelbar Beteiligte ein wenig länger brauchen, um sich ein | |
Urteil zu bilden, ist dagegen zwar nachvollziehbar. Nur gab es seither zig | |
Gelegenheiten, sich in den Diskurs einzumischen – es gab öffentliche | |
Anhörungen, es gab Parlamentsdebatten, [4][es gab Zeitfenster, um für einen | |
Meinungsumschwung zu sorgen]. All diese Gelegenheiten wurden von den | |
SPD-Kritiker:innen schweigend ausgelassen. Jetzt ist es hingegen zu spät, | |
denn außer den zwei, drei SPD-Abgeordneten, die ihre Skepsis am Plan von | |
Tschentscher, Leonhard und Dressel schon geäußert hatten, wird niemand | |
mehr umfallen. | |
Weil also die nun organisierte SPD-interne Kritik erst aufkam, da es zu | |
spät ist, drängt sich der Eindruck auf: Dieser offene Brief ist – leider – | |
nur eine Simulation von Politik. Man wollte die Sache halt noch mal | |
kritisieren und alle mitbekommen lassen, dass es in der SPD noch Leute auf | |
der Seite der (Hafen-)Arbeiter:innen gibt. Doch den ernsthaften Willen, die | |
nötigen Entscheider:innen davon zu überzeugen, gibt es nicht. | |
Jetzt, da die in wenigen Tagen anstehende Entscheidung zur weiteren | |
Privatisierung des Hafens praktisch schon gefallen ist, ist dieser offene | |
Brief auch keine Konfrontation mit der eigenen Parteispitze mehr, eben weil | |
er keine Reaktion erfordert. Die Chance wurde vertan – mit negativen Folgen | |
für mindestens die nächsten 40 Jahre. | |
29 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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