| # taz.de -- Teilverkauf des Hamburger Hafens: Bürgerschaft gibt grünes Licht | |
| > Trotz Proteste hat Rot-Grün hat in Hamburg den Einstieg der Reederei MSC | |
| > beim Hafenlogistiker HHLA durchgesetzt. Brüssel muss noch zustimmen. | |
| Bild: Container im Hamburger Hafen | |
| Hamburg dpa | Die Hamburgische Bürgerschaft hat [1][dem umstrittenen | |
| Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA] | |
| endgültig zugestimmt. Die rot-grüne Koalition setzte den Deal trotz | |
| heftiger Proteste in zweiter und letzter Lesung durch. In namentlicher | |
| Abstimmung votierten 72 der 105 anwesenden Abgeordneten für das Geschäft, | |
| 33 dagegen. Das entspricht der Zweidrittel-Mehrheit von SPD und Grünen in | |
| der Bürgerschaft. | |
| Ursprünglich sollte die Entscheidung bereits in der letzten Sitzung vor der | |
| Sommerpause fallen, war aber von der Opposition verhindert worden. Ehe das | |
| Geschäft nun jedoch in die Tat umgesetzt werden kann, muss noch die | |
| EU-Kommission zustimmen. | |
| ## Weltgrößte Reederei MSC soll 49,9 Prozent der HHLA bekommen | |
| Hamburgs rot-grüner Senat möchte die Reederei Mediterranean Shipping | |
| Company (MSC) an Bord holen, um die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) | |
| und den Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt soll dabei 50,1 | |
| Prozent und MSC 49,9 Prozent an dem Unternehmen halten. Bislang gehörten | |
| der Stadt rund 70 Prozent, der Rest war in Streubesitz. | |
| Im Gegenzug will MSC ihr Ladungsaufkommen an den HHLA-Terminals vom | |
| kommenden Jahr an erhöhen und bis 2031 auf eine Million Standardcontainer | |
| pro Jahr fast verdoppeln. Daneben will die Schweizer Reederei in Hamburg | |
| eine neue Deutschlandzentrale bauen und zusammen mit der Stadt das | |
| HHLA-Eigenkapital um 450 Millionen Euro aufstocken. | |
| ## Hafenarbeiter und Gewerkschaft Verdi strikt gegen den Deal | |
| Die Gewerkschaft Verdi und Hafenarbeiter sind strikt gegen den Deal, sind | |
| deshalb auch mehrfach auf die Straße gegangen. Aus Verdi-Sicht sind nicht | |
| nur Arbeitsplätze bei der HHLA in Gefahr, sondern auch bei weiteren | |
| Hafenunternehmen wie dem Gesamthafenbetrieb und den Lasch-Betrieben. Zudem | |
| erhalte MSC durch das Geschäft faktisch weitgehende Vetorechte. Auch | |
| Sachverständige hatten in Expertenanhörungen vor dem Deal gewarnt, sprachen | |
| unter anderem von einem „historischen Fehler“. | |
| In der letzten Debatte vor der Entscheidung kochten die Gemüter noch einmal | |
| hoch. Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) sagte, man sei sich in | |
| zwei Punkten einig: Es sei eine historische Entscheidung und „es besteht | |
| Handlungsbedarf, was die Positionierung des Hafens im Weltmarkt betrifft“. | |
| Die strategische Partnerschaft mit der größten Reederei der Welt biete der | |
| HHLA dabei gute Zukunftsmöglichkeiten. „Wir wollen die Transformation so | |
| gestalten, dass wir am Ende eben nicht nur einen Kultur- und | |
| Immobilienhafen haben (…) und deshalb möchte ich sie heute um Zustimmung | |
| bitten – aus Überzeugung – und anders als das andere hier gesagt haben – | |
| nicht aus Druck“, sagte sie kurz vor der Abstimmung. | |
| ## CDU nennt Deal ein Zeichen der Schwäche | |
| Der CDU-Wirtschaftsexperte Götz Wiese sagte, der Teilverkauf der HHLA durch | |
| den Senat sei ein Zeichen der Schwäche. Dieser Deal löse die Probleme | |
| nicht. Ausdrücklich Respekt zollte er dem SPD-Abgeordneten und Vorsitzenden | |
| des Haushaltsausschusses, Mathias Petersen, der als einziger Sozialdemokrat | |
| gegen den Deal votiert hat – ebenso wie die Grünen-Abgeordneten Filiz | |
| Demirel und Gudrun Schittek. Mit Blick auf die kommenden Jahre sagte Wiese: | |
| „Es ist nicht eine einzige Frage für die Zukunft beantwortet.“ Wohin gehe | |
| es mit der HHLA, wohin mit dem Hafen? | |
| Der Linken-Hafenexperte Norbert Hackbusch warf [2][Bürgermeister Peter | |
| Tschentscher (SPD)] vor, zu lügen, um „diesen Irrsinn“ zu rechtfertigen. | |
| „Dieser MSC-Deal führt nicht zu einer Kooperation. Das ist ein Ausverkauf | |
| des Hafens, bei dem künftig eine komplett undurchsichtige Reederei bei | |
| allen Entscheidungen gefragt werden muss“, sagte er im Parlament unter dem | |
| Beifall zahlreicher Hafenarbeiter. Sinnvoller wäre es dem Vorschlag des | |
| SPD-Abweichlers Petersen zu folgen und MSC eine Beteiligung am | |
| Containerterminal Burchardkai anzubieten. | |
| SPD und Grüne hegten lediglich die Hoffnungen auf Investitionen von MSC, um | |
| im Hafen die Wende hinzubekommen, sagte Krzysztof Walczak von der AfD und | |
| kritisierte die mangelnde Offenlegung der Vertragsdetails durch den Senat. | |
| Damit werde deutlich, „dass dieser MSC-Deal ein purer Akt der Verzweiflung | |
| ist“. | |
| ## SPD und Grüne sprechen von einer guten Vereinbarung | |
| Der SPD-Fachsprecher für öffentliche Unternehmen, Markus Schreiber, warf | |
| der Opposition vor, die endgültige Entscheidung noch vor der Sommerpause | |
| allein aus taktischen Gründen verhindert zu haben. Inhaltlich habe sie | |
| nichts Neues vorgetragen. Er betonte: „Das, was jetzt ausgehandelt worden | |
| ist, ist eine gute Vereinbarung.“ Ähnlich äußerte der Grünen-Abgeordnete | |
| Johannes Müller: „Es ist eine weitsichtige, eine zukunftsweisende | |
| Entscheidung zum Wohle des Unternehmens und der Beschäftigten.“ Das | |
| Abstimmungsergebnis quittierten [3][Hafenarbeiter] auf der Besuchertribüne | |
| mit lauten Unmutsbekundungen: „Ihr habt unsere Jobs auf dem Gewissen.“ | |
| 5 Sep 2024 | |
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