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# taz.de -- Nationale Hafenstrategie beschlossen: Allein machen sie dich ein
> Die Bundesregierung hat eine nationale Hafenstrategie beschlossen. Eine
> künftige Zusammenarbeit der deutschen Seehäfen soll geprüft werden.
Bild: Werden weniger: Containerschiffe in Bremerhaven
Hamburg taz | Die deutsche Bundesregierung will sich verstärkt um die
deutschen Häfen kümmern. Am Mittwoch hat sie dazu eine „nationale
Hafenstrategie“ beschlossen. Sie ist das Ergebnis eines zweijährigen
Diskussionsprozesses mit Vertretern der Bundesländer und der
Interessenverbände. An dem Ergebnis, einem „Kursbuch“ mit 140 konkreten
Vorschlägen, wird vor allem eines kritisiert: die fehlende finanzielle
Unterfütterung.
Eine nationale Hafenstrategie zu formulieren, ist in Deutschland schon
allein deshalb nicht einfach, weil der Bau und die Unterhaltung der Häfen
Ländersache ist. Der Bund ist nur für die Verkehrswege zuständig, also die
Wasserstraßen, Straßen und Gleise, die zu den Häfen führen. Anders als in
den Nachbarländern gibt es keine einheitliche Planung.
Gegenüber ihren europäischen Konkurrenten sind die deutschen Seehäfen in
den vergangenen Jahren ins Hintertreffen geraten. Beim Containerumschlag
etwa sind die großen Westhäfen Rotterdam und Antwerpen seit der
Wirtschafts- und Finanzkrise um knapp 8.000 Einheiten gewachsen, die
deutschen Häfen sind um knapp 2.000 Einheiten geschrumpft.
In ihrer Hafenstrategie betont die Ampel-Regierung die Bedeutung der Häfen
nicht nur für die norddeutschen Bundesländer. Bundesweit hingen direkt und
indirekt „bis zu 5,6 Millionen Arbeitsplätze“ an den Häfen. 60 Prozent des
Im- und Exports werden nach Angaben der norddeutschen Länder auf dem Seeweg
abgewickelt. Zugleich weist die Bundesregierung darauf hin, wie wichtig die
Häfen für die Transformation der Energiewirtschaft mit Blick auf den
Klimawandel sowie die Energieversorgung und die militärische Sicherheit
seien.
## 400 Millionen Euro jährlich
Zu erkennen war das, als vor zwei Jahren plötzlich das Erdgas aus Russland
ausblieb und Anlandestationen für Flüssiggas (LNG) gebaut werden mussten.
In den Häfen werden aber auch die riesigen Anlagen für Offshore-Windparks
verschifft; hier soll der Wasserstoff für die Energiewende ankommen und zum
Teil auch erzeugt werden.
Die fünf Seehafen-Bundesländer Hamburg, Bremen, Niedersachsen,
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern finden deshalb, der Bund
müsse mehr Geld in die Häfen investieren. „Die Energiewende und die
Dekarbonisierung sind ohne Häfen nicht zu machen“, schreiben die
zuständigen Minister aus den fünf Ländern in einer Stellungnahme zur
Hafenstrategie. „Die Küstenländer sind allein nicht in der Lage, die
erheblichen Investitionen angesichts der anstehenden nationalen
Herausforderungen eigenständig zu lösen“, warnen sie.
Die norddeutschen Industrie- und Handelskammern haben den Finanzbedarf auf
mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Gegenwärtig bezahlt der
Bund 38 Millionen als „Hafenlastenausgleich“. Bundesverkehrsminister Volker
Wissing (FDP) wies darauf hin, dass der Bund in den vergangenen zehn Jahren
durchschnittlich 500 Millionen Euro im Jahr allein für die Zufahrten zu den
Häfen ausgegeben habe: für Elbe und Weser, den Nord-Ostsee-Kanal, die
Außenems sowie die seewärtigen Zufahrten zu den Häfen Rostock und Wismar.
Gerade solche Ausgaben sind aber aus Sicht der Umweltverbände Nabu, BUND
und WWF fragwürdig. Durch den beabsichtigten Ausbau der Häfen mit
vereinfachten Genehmigungsverfahren und die Bereitstellung weiterer Flächen
drohe die Umwelt weiterhin den Kürzeren zu ziehen. Um zu vermeiden, dass
nur einmal benötigte Infrastruktur doppelt und dreifach gebaut wird,
fordern die Umweltverbände mehr Zusammenarbeit zwischen den Häfen. [1][Die
Hafenstrategie sieht vor], bis 2028 eine Machbarkeitsstrategie hierzu zu
erstellen.
## Zusammenarbeit statt Ausbau von Verkehrswegen
Am Beispiel Hamburgs verdeutlicht sieht das so aus: Die Elbfahrrinne ist
zuletzt ein weiteres Mal für 900 Millionen Euro ausgebaut worden. Anfang
2022 wurde sie freigegeben. Der Containerumschlag, für den der Aufwand
betrieben wurde, ist trotzdem weiter gesunken. Zugleich ist der
[2][Aufwand, die Fahrrinne von Sand und Schlick frei zu halten, noch einmal
gewachsen] und fordert jährlich hohe zweistellige Millionenbeträge.
Auch für den Landweg zum Hafen sind große Projekte geplant. Zum einen muss
die ikonische [3][Köhlbrandbrücke] ersetzt werden, zum anderen plant der
Senat [4][eine Autobahn quer durch den Hafen, die A26 Ost]. Beide Vorhaben
kosten Milliarden. Aus Sicht des Nabu-Landesvorsitzenden Malte Siegert
würde die Köhlbrandbrücke völlig reichen, um den Hafen zu erschließen –
vorausgesetzt, der Blick richtet sich nicht nur auf Hamburg.
Würden die deutschen Nordseehäfen zusammenarbeiten, so die
gebetsmühlenartig wiederholte Überzeugung der Umweltverbände, könnten die
sehr großen Schiffe im Tiefwasserhafen Wilhelmshaven abgefertigt werden.
Ein weiterer Ausbau der Verkehrswege in Hamburg wäre unnötig. Die Stadt
könnte sich auf den regionalen Schiffsverkehr sowie auf Zukunftsprojekte
wie die Erzeugung und den Umschlag von Wasserstoff konzentrieren.
Ebenfalls für eine solche Kooperation plädierte Dieter Läpple. Er ist
emeritierter Professor der Hafencity-Universität Hamburg und setzt sich
schon seit 30 Jahren mit den Perspektiven des Hafens auseinander. Die
Möglichkeiten einer solchen Kooperation [5][hält er jedoch durch den vom
Hamburger Senat angekündigten Einstieg der Großreederei MSC beim
wichtigsten Hamburger Hafenbetrieb HHLA für blockiert]. Statt eine
Gegenposition gegen die Dominanz der Reeder aufzubauen, stärke er deren
Marktmacht. „Der Deal ist eine irreparable Fehlentscheidung“, warnt Läpple.
20 Mar 2024
## LINKS
[1] https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2024/016-wissing-hafe…
[2] /Umweltfolgen-der-Elbvertiefung/!5755824
[3] /Geheimes-Gutachten-zur-Koehlbrandbruecke/!5949883
[4] /A26-Ost-in-Hamburg/!5987389
[5] /Stadtforscher-ueber-Hamburger-Hafen/!5996055
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
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