| # taz.de -- Kooperation norddeutscher Häfen: Wer kann mit wem? | |
| > Eine Kooperation norddeutscher Häfen könnte der Macht der Reedereien | |
| > etwas entgegensetzen. Aber die Gespräche gehen nur zäh voran. | |
| Bild: Vergleichsweise umweltschonend: Container-Transport per Bahn vom Hamburge… | |
| Hamburg taz | Der einstige Industriemanager Michael Westhagemann hat | |
| kürzlich die Hafenbranche aufgeschreckt. Hamburgs Senator für Wirtschaft, | |
| Verkehr und Innovation zeigte sich in einem [1][Interview mit dem | |
| Deutschlandfunk] offen für eine tiefergehende Zusammenarbeit der | |
| norddeutschen Hafenbetreiber. „Denn der eigentliche Wettbewerber ist ja | |
| Rotterdam, oder ist ja Antwerpen.“ | |
| Anders als seine Vorgänger hält der parteilose Senator gerade eine | |
| vertiefte Kooperation für das richtige Rezept, um der zunehmenden Macht der | |
| Reedereien etwas entgegenzusetzen. „Die Allianzen der Reedereien verfügen | |
| heute über eine wesentlich größere Marktmacht als noch vor ein paar | |
| Jahren“, sagte Westhagemann auf Anfrage der taz. „Wenn dem auch eine | |
| Allianz der Terminals gegenüberstünde, würde das allen Standorten gut tun.“ | |
| Früher hatten Häfen mit Dutzenden Reedereien zu tun. Heute konzentriert | |
| sich das Geschäft auf nur noch drei Allianzen, die sich um Hapag-Lloyd, die | |
| beiden Größten Maersk und MSC sowie die chinesische Cosco gebildet haben. | |
| Angesichts niedriger Frachtraten sollen durch diese losen Zusammenschlüsse | |
| die eigenen Transportkapazitäten besser ausgelastet werden. | |
| Die Kartellbehörden in aller Welt haben die Allianzen nach der Finanzkrise | |
| gewähren lassen. Doch die OECD warnte kürzlich, die Bündnisse könnten | |
| „kartell-ähnliche Züge annehmen“ und Linien und Preise bestimmen. Auf | |
| Kosten der Häfen. Den Wettbewerbsdruck für Hamburg, Bremen und | |
| Wilhelmshaven erhöhen gleichzeitig die üppigen Überkapazitäten, die in den | |
| Häfen zwischen Le Havre und Gdansk seit dem Höhepunkt der Globalisierung | |
| aufgebaut wurden. | |
| ## Rückenwind durch Elbvertiefung | |
| Die [2][Idee], Konkurrenz durch Kooperation zu ersetzen, geht schon auf den | |
| damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel (SPD) und | |
| den aus Bremen stammenden Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) | |
| zurück. Durch eine enge Hafenkooperation sollte der Konkurrenz der | |
| „Westhäfen“, Antwerpen und Rotterdam, das Wasser abgegraben werden. Als | |
| „German Port“ sollte der Bau eines Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven | |
| dienen. | |
| Doch 2002 stieg Hamburg aus dem Projekt „Jade-Weser-Port“ aus. Der wurde | |
| zehn Jahre später dennoch eröffnet – und dümpelt seither vor sich hin. Mit | |
| 2019 gerade einmal 639.084 verladenen Boxen (-2,5 Prozent) hinkt | |
| Wilhelmshaven weit hinter Hamburg her. Auf der Jahrespressekonferenz am | |
| vergangenen Mittwoch meldete Hamburg Hafen Marketing (HHM) trotz diverser | |
| internationaler Handelskonflikte einen Anstieg des Containerumschlags auf | |
| 9,3 Millionen Boxen (+ 6,1 Prozent). | |
| Richtig Rückenwind erhielt die norddeutsche Hafen-Kooperation, als Hamburg | |
| begann, ernsthaft die neunte Fahrrinnenanpassung der Elbe zu planen, damit | |
| größere Schiffe mit mehr Ladung passieren können. Die Elbvertiefung sei | |
| rechtswidrig und ökologisch nicht vertretbar, konterten | |
| Umweltorganisationen wie der BUND. 2021 soll nun die Fahrrinnenanpassung | |
| abgeschlossen sein, heißt es aus dem Senat. Dagegen stehen die | |
| Baggerarbeiten in der Außenweser bei Bremerhaven noch aus. | |
| Damit könnte das Thema für Westhagemann eigentlich vom Tisch sein. Doch der | |
| Wirtschaftssenator weist – wie auch der Hafen Rostock – auf die positiven | |
| gemeinsamen Erfahrungen im Norden hin. Hamburg arbeite beispielsweise an | |
| der Unterelbe mit allen Häfen eng zusammen. „Da kann man schauen, ob solche | |
| Modelle nicht auch für die Zusammenarbeit mit Bremen und Wilhelmshaven | |
| taugen.“ Wo die Grenzen sind, werde allerdings nicht die Politik festlegen, | |
| sondern die Wirtschaft. | |
| Diese bleibt skeptisch. Zwar können die mächtigen Reederei-Allianzen die | |
| Häfen gegeneinander ausspielen. Aber auch die Reeder konkurrieren mit | |
| Logistik-Multis wie Kühne und DHL. Eine zentrale Ladungslenkung durch die | |
| Häfen hält der Reederverband DRV daher für undenkbar. | |
| ## „Reeder sind nicht Chef“ | |
| HHM-Vorstand Ingo Egloff verteidigt die Reeder, sie seien „nicht Chef“. | |
| Letztlich entschieden deren Kunden, also die Industrie, wohin die Ware | |
| soll. So ist jeder dritte Container, der in Hamburg ankommt, für die | |
| Metropolregion bestimmt. Per Bahn und vergleichsweise umweltschonend werden | |
| Österreich und die Schweiz, Polen und Tschechien beliefert. Egloff sieht | |
| daher Hamburg in der Klima-Diskussion ganz vorne. Eine Umschichtung etwa | |
| nach Wilhelmshaven würde nur noch mehr Lkw auf die Straße bringen. | |
| „Ladungslenkende Maßnahmen“, so Susanne Thomas, Sprecherin des | |
| Jade-Weser-Ports, sollten dem Markt überlassen bleiben. Sie wären ohnehin | |
| „nicht zielführend“. In Wilhelmshaven kann man sich grundsätzlich eine | |
| Zusammenarbeit beim Marketing, vor allem im Ausland, vorstellen. Auch die | |
| Hafengruppe Bremen/Bremerhaven will lieber kleine Brötchen backen und „auf | |
| potentiellen Märkten stärker gemeinsam auftreten“. | |
| ## Bremst Hamburg? | |
| Die Wirtschaft an der Ruhr und im Rhein-Main-Gebiet verkehrt hauptsächlich | |
| mit den Häfen in Belgien und den Niederlanden. Dabei sind die Entfernungen | |
| nach Norddeutschland ähnlich. „Zwischen Bremen und Niedersachsen gibt es | |
| eine sehr enge Kooperation“, sagt Holger Bruns, Sprecher der städtischen | |
| Bremenports. „Doch wenn man über deutsche Häfen redet, geht das natürlich | |
| nicht ohne Hamburg.“ | |
| In Hannover und Bremen scheint der Eindruck vorzuherrschen, ausgerechnet | |
| der größte deutsche Seehafen würde die Kooperationsversuche ausbremsen. | |
| Dabei hätten selbst Reedereien in Gesprächen signalisiert, dass sie an | |
| einer engen Zusammenarbeit der Häfen interessiert sind. Sie wollen | |
| schließlich möglichst viele Häfen anfahren. Bis November seien auf Treffen | |
| von Hafenverantwortlichen Inhalte und Zeitrahmen für eine norddeutsche | |
| Hafen-Kooperation abgesteckt worden. Hamburg sollte den nächsten Schritt | |
| tun. Doch seit drei Monaten bewege sich nichts mehr. | |
| Bremst also Hamburg, seit die Elbvertiefung praktisch durch ist? „Wenn ich | |
| mich auf diese Frage einließe, dann würde ich das ewige Spiel mit den | |
| gegenseitigen Vorwürfen ja weiterspielen“, sagt Senator Westhagemann. „Das | |
| möchte ich nicht.“ | |
| 1 Mar 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.deutschlandfunk.de/wirtschaftsfaktor-seehandel-deutsche-seehaef… | |
| [2] /Gutachten-mit-unerwuenschtem-Ergebnis/!5345402 | |
| ## AUTOREN | |
| Hermannus Pfeiffer | |
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