# taz.de -- Zusammenarbeit von HHLA und Eurogate: Hafenmonopol im Norden? | |
> HHLA und Eurogate planen ein norddeutsches Hafenmonopol. Das könnte | |
> Kosten senken und den Containerverkehr umweltfreundlicher machen. | |
Bild: Hier könnten Veränderungen anstehen: der Containerterminal Tollerort in… | |
HAMBURG taz | In Europas „Nordrange“ kommt Bewegung. Pläne für eine | |
Großfusion in Hamburg und den anderen großen Nordseehäfen, die in der | |
vergangenen Woche bekannt wurden, überraschten die beiden Konkurrenten in | |
Rotterdam und Antwerpen. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und | |
Eurogate prüfen derzeit Möglichkeiten einer engen Zusammenarbeit. Letztlich | |
könnte ein deutsches Seehafenbetreiber-Monopol an der Nordsee entstehen. | |
Der seit Langem tobende Konkurrenzkampf um Billigpreise für die Reeder und | |
eine möglichst schnelle Abfertigung der Containerfrachter geht damit in die | |
nächste Runde. | |
In einer kurzen Finanznachricht hatte die börsennotierte HHLA Ende Mai | |
mitgeteilt, das SDAX-Unternehmen führe Sondierungsgespräche mit dem lokalen | |
Branchennachbarn Eurokai und dem Bremer Konkurrenten BLG Logistics. Die | |
„ergebnisoffenen“ Verhandlungen drehen sich um „Möglichkeiten einer enge… | |
Kooperation im Containergeschäft in der deutschen Bucht“. Der Aktienkurs | |
der HHLA sprang daraufhin nach oben. Beobachter vermuten, dass es sogar um | |
eine Fusion der Unternehmen gehe. Die Gespräche befinden sich allerdings | |
nach Informationen der taz noch in einem frühen Stadium. | |
Die teilstaatliche HHLA ist Marktführerin in Hamburg, Eurogate in | |
Bremerhaven. Das Logistikunternehmen betreibt zudem den dahindümpelnden | |
Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven, den einzigen deutschen Tiefwasserhafen. | |
Eigentümer von Eurogate ist die Familienholding Eurokai sowie die BLG | |
Logistics, an der das Land Bremen beteiligt ist. Alle drei Akteure | |
unterhalten Niederlassungen in anderen europäischen Ländern. | |
Für eine Kooperation kommen zwei Motive infrage. „Entweder hat man | |
gemeinsam eine größere Markt- und somit Verhandlungsmacht gegenüber den | |
Reedern“, sagt Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen | |
Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) über die Interessen der Hafenbetreiber. | |
## Druck der Reedereien | |
Die wichtigsten Reedereien hatten sich nach der globalen Schifffahrtskrise | |
2009 zu drei großen Allianzen zusammengeschlossen, sie beherrschen den | |
Weltmarkt und können daher gewaltigen Druck auf die Häfen ausüben. Dies | |
hatte jüngst auch in Norddeutschland zu Verschiebungen von Schiffsanläufen | |
zwischen den Häfen geführt. | |
Davon hat im vergangenen Jahr der Hamburger Hafen erheblich profitiert – | |
auch gegenüber der Nummer eins in Europa, Rotterdam. Die schwächeren | |
Ergebnisse im ersten Quartal 2020 zeigten auch in Hamburg vor allem „nur“ | |
die Einflüsse der Corona-Epidemie sowie Auswirkungen von Sturmtiefs über | |
Nordeuropa. Doch schon für das zweite Halbjahr erwartet der Hafen eine | |
Erholung. Das tut auch die Konkurrenz in Holland und Belgien. Deren | |
wichtigste Kunden sitzen in Deutschland, entlang von Rhein und Ruhr. | |
Seit der Schifffahrtskrise wurde Hamburg von Rotterdam und Antwerpen | |
abgehängt. Dazu trug der Ausbau der beiden Häfen ebenso bei wie | |
Preisnachlässe oder die vergleichsweise flache Fahrrinne der Elbe. Pro | |
Großcontainerschiffanlauf „kostet“ dies Hamburg etwa 2.000 Boxen. Hamburg | |
erreichte seine Rekordwerte kurz vor der Schifffahrtskrise mit fast zehn | |
Millionen Containern. Im vergangenen Jahr waren es 9,3 Millionen. | |
Ein norddeutsches Hafenbündnis dürfte den Reederei-Allianzen das | |
Gegeneinander-Ausspielen der Häfen erschweren. Denn auf alle deutschen | |
Häfen können Maersk, MSC oder Hapag-Lloyd nicht verzichten – auch aufgrund | |
der günstigen Hinterlandanbindungen nach Osteuropa und Skandinavien sowie | |
der Metropolfunktion von Bremen und Hamburg. | |
Einen weiteren möglichen Fusionsgrund sieht HWWI-Chef Vöpel darin, | |
gemeinsam Synergien zu realisieren und Kosten zu senken. „Beides würde die | |
Marge erhöhen.“ Allein Kostensenkungsprogramme würden Hamburgs Hafen | |
wettbewerbsfähiger machen, den Umschlag und somit die Auslastung erhöhen. | |
Das würde allerdings Politik und Gewerkschaften auf den Plan rufen, die | |
bislang still hielten. | |
## Globalisierung als Auslaufmodell | |
„Wahrscheinlicher“ erscheint Vöpel ein „Spiel“ der Häfen um mehr Mark… | |
durch einen dreiseitigen Konzentrationsprozess. Gegenüber der Politik und | |
der Konkurrenz auf der „Nordrange“, also vor allem Rotterdam und | |
Antwerpen, in deren Häfen auch erhebliche öffentliche Mittel investiert | |
werden, obwohl auch sie Überkapazitäten beklagen. | |
In einer Studie kritisiert das HWWI das Geschäftsmodell im Grunde aller | |
Nordrange-Häfen als überholt. Corona werde zur Verkürzung der | |
Wertschöpfungsketten führen; Globalisierung sei ein Auslaufmodell und die | |
Digitalisierung fördere eine „Relokalisierung“ der Produktion. Auf Kosten | |
der Seefahrt. Vöpel spricht sich für eine zukunftsfähigere Nutzung der | |
Flächen aus. | |
Wettbewerbsrechtlich sei gegen eine enge Kooperation „nichts einzuwenden“, | |
sagt der Ökonom Rudolf Hickel. Denn es gehe um den Abbau eines massiven | |
Machtgefälles zwischen den Reederei-Allianzen und den Hafenbetreibern. Der | |
Hafenexperte plädiert sogar für eine norddeutsche Allianz: „Eine Vision.“ | |
Hamburg würde damit seine Blockadepolitik gegen Wilhelmshaven beenden. | |
Überkapazitäten und „irrationale Standortkonkurrenzen“, etwa durch | |
Vertiefung der Elbe und Weser, könnten abgebaut werden. Mit einer | |
vernünftigen Arbeitsteilung, sagt Hickel, ließe sich der weltweite | |
Containerverkehr an der norddeutschen Küste vor allem umweltschonender | |
gestalten. | |
5 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
## TAGS | |
Hamburger Hafen | |
Norddeutschland | |
Monopol | |
Containerschifffahrt | |
Bremerhaven | |
Jade-Weser-Port | |
Hamburg | |
Hafenerweiterung | |
Verdi | |
Hamburger Hafen | |
Hamburger Hafen | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Widerstand gegen Hafenprivatisierung: Papa Staat ist doch der Beste | |
Hamburg will eine private Reederei am Hafenbetrieb beteiligen. Doch der | |
Widerstand wächst – Hafenbeschäftigte wollen gegen das Vorhaben | |
demonstrieren. | |
Pläne zur Hamburger Hafenentwicklung: „Moorburg wird nicht geopfert“ | |
Die Handelskammer will beim Thema Hafenentwicklung über die Zukunft von | |
Moorburg diskutieren, stößt jedoch auf taube Ohren. | |
Kooperation norddeutscher Hafenbetriebe: „Es herrscht Psychokrieg“ | |
Die anvisierte Fusion von HHLA, Eurokai und BLG schürt Angst: Die | |
HafenarbeiterInnen bangen um ihre Jobs und um Tariflöhne. | |
Zukunft des Hamburger Hafens: Sklave der Vergangenheit | |
Die Rahmenbedingungen für den Hafen haben sich stark geändert, sagt | |
HWWI-Chef Vöpel. Wer hier im alten Stil Geld versenke, verschenke die | |
Zukunft. | |
Kooperation norddeutscher Häfen: Wer kann mit wem? | |
Eine Kooperation norddeutscher Häfen könnte der Macht der Reedereien etwas | |
entgegensetzen. Aber die Gespräche gehen nur zäh voran. | |
Hafenbetrieb will klimaneutral werden: Alternativen abgefertigt | |
Der Hamburger Hafenkonzern HHLA hat Klimaschutzziele verkündet. Kritiker | |
bemängeln, dass er über High-Tech-Lösungen Naheliegendes vernachlässigt. |