# taz.de -- Zukunft des Hamburger Hafens: Sklave der Vergangenheit | |
> Die Rahmenbedingungen für den Hafen haben sich stark geändert, sagt | |
> HWWI-Chef Vöpel. Wer hier im alten Stil Geld versenke, verschenke die | |
> Zukunft. | |
Bild: Hier ließe sich mehr draus machen: leere Containerstellplätze | |
Hamburg taz | Der Senat sollte seine [1][Pläne für den Hafen] grundlegend | |
überdenken. Dieser Schluss lässt sich aus einem „Positionspapier“ ziehen, | |
das der Chef des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Henning Vöpel im | |
Auftrag der Umweltverbände Nabu, BUND und WWF erarbeitet hat. „Das Papier | |
wäre für einen Industrieverband nicht anders ausgefallen“, versicherte | |
Vöpel. | |
Der Ökonom hat analysiert, mit welchen globalen Trends in den kommenden 20 | |
bis 30 Jahren zu rechnen ist und kommt zu dem Schluss: „Der gesamte | |
Standort Hamburg ist von einem sehr grundlegenden technologischen und | |
ökonomischen Strukturwandel betroffen, dessen Ausmaße durchaus als | |
historisch bezeichnet werden können.“ | |
Vöpel warnte deshalb davor, in den alten Bahnen des Umschlagmengenwachstums | |
weiterzudenken. Das Geld, das die dafür nötige Infrastruktur verschlinge, | |
wäre möglicherweise in anderen Feldern besser angelegt. Ohne damit einen | |
politischen Vorschlag zu verbinden, verdeutlichte das Vöpel mit einem | |
Vergleich anhand der neuen Köhlbrandquerung und der Elbvertiefung, die | |
zusammen rund vier Milliarden Euro kosten: „Fragen Sie mal die Industrie | |
oder die Wissenschaft, was die mit vier Milliarden Euro machen könnten.“ | |
Vöpel betonte, es gehe nicht darum, den Hafen kaputt zu machen, sondern ihn | |
zu transformieren und die passenden Richtungsentscheidungen für die | |
nächsten Jahrzehnte zu treffen. Damit befeuert er eine [2][Diskussion, die | |
periodisch wiederkehrt]. Mitte, Ende der 90er-Jahre wurden | |
Richtungsentscheidungen für ein Verkehrs- und Umschlagswachstum getroffen – | |
Elbvertiefung, Hafenerweiterung, vierte Elbtunnelröhre – die sich im | |
Nachhinein anscheinend als richtig erwiesen haben. | |
Die Globalisierung brach damals erst los. Der LKW-Verkehr vervielfachte | |
sich und bis zur Finanzkrise 2008 schien es auch so, als kennten die | |
Umschlagszahlen insbesondere im Containerverkehr keine Grenzen. | |
Vöpels Analyse nach hat sich genau das gründlich geändert. Weil sich das | |
internationale Machtgleichgewicht verschiebe, werde es über eine längere | |
Zeit zu einem macht- statt regelbasierten Handelssystem kommen, was den | |
internationalen Handel dämpfe. Überdies werde nach dem großen Sprung Chinas | |
das weltweite Wachstum abnehmen und auch die Digitalisierung und | |
Re-Regionalisierung werden zu einem Schrumpfen des Handelsvolumens führen. | |
Der Hafenumschlag werde von heute rund 9.600 auf höchstens noch 11.000 | |
Standardcontainer pro Jahr wachsen. Dem stünden hohe direkte und indirekte | |
Kosten des Hafens gegenüber. In der Klimabilanz schlage er als Sonderposten | |
zu Buche, der in anderen Sektoren kompensiert werden müsse. Flächen und das | |
Geld für Infrastruktur, die dem Umschlag gewidmet würden, fehlten in | |
anderen, zukunftsträchtigen Bereichen mit mehr Wertschöpfung. | |
„Hamburg und der Norden haben vom technischen Fortschritt und den | |
Markterweiterungen infolge der Globalisierung über längere Zeiträume | |
weniger profitiert als andere Städte und Regionen“, schrieb Vöpel. Dieser | |
Befund werde durch Gutachten der Handelskammer, der OECD und des HWWI | |
gestützt. | |
Für die drei Umweltverbände stellt sich angesichts dieses Befunds mit Blick | |
auf die Koalitionsverhandlungen die Frage, ob der Senat nicht von einigen | |
Vorhaben Abstand nehmen sollte. Dazu gehört die doppelte Planung einer | |
neuen Köhlbrandquerung und der parallelen A26-Ost. Und natürlich die | |
Elbvertiefung: Mit der Fahrrinnenverbreiterung sei das Wesentliche | |
geschafft, sagte BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Alles weitere würde | |
nur drastisch steigende Unterhaltungskosten nach sich ziehen. | |
20 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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