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# taz.de -- Elbvertiefung noch mal vor Gericht: Wasserfenchel versus Wirtschaft
> Umweltverbände versuchen das Ausbaggern der Elbe noch zu stoppen: Der
> Schaden für den Fluss sei größer als erwartet, der Nutzen für Hamburg
> geringer.
Bild: So selten wie der Panda: Der Schierlings-Wasserfenchel wächst nur an der…
Hamburg taz | Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt am Freitag noch
einmal über die [1][Elbvertiefung]. Es ist für die Umweltverbände
wahrscheinlich die letzte Möglichkeit, die bereits zur Hälfte gediehene
Vergrößerung der Elbfahrrinne zu stoppen. Sie halten das Ausbaggern
angesichts der befürchteten Schäden für die Natur und auch der Kosten für
unverhältnismäßig.
Die Elbvertiefung ist mit rund 900 Millionen Euro nur etwas teurer als die
Elbphilharmonie. Sie soll sicherstellen, dass Containerfrachter mit einem
Tiefgang von 13,5 Metern jederzeit den Hafen anlaufen können. Dazu muss die
Fahrrinne auf bis zu 19 Meter vertieft und verbreitert werden. Außerdem
soll ein Abschnitt so breit werden, dass sich sehr große Schiffe dort
begegnen können. Das Ziel ist, dass die Schiffe Hamburg voll beladen
anlaufen können und der Hafen mit Rotterdam und Antwerpen konkurrieren
kann.
Diese Planung ist aus Sicht der Umweltverbände Nabu, BUND und WWF überholt.
Als die Vertiefung um das Jahr 2000 herum ins Auge gefasst wurde, sei mit
Schiffen geplant worden, die 8.000 Standardcontainer (TEU) tragen konnten,
sagt Manfred Brasch, Landesgeschäftsführer des BUND. Heute tragen die
größten Schiffe 22.000 Container.
Die damaligen Wachstumsprognosen für den Hafen wurden infolge der
Finanzkrise massiv verfehlt. Ein [2][Gutachten des Hamburger
Weltwirtschaftsinstituts] (HWWI) im Auftrag der Verbände empfahl unlängst,
lieber heute als morgen einen Strukturwandel einzuleiten: weg vom
Umschlagswachstum hin zu innovativen Unternehmungen, die mehr Wertschöpfung
pro Fläche bringen.
## „Rechtswidrig und nicht vollziehbar“
Bei der erneuten Klage der Verbände steht eine Pflanze im Mittelpunkt, die
es nur an der Unterelbe gibt: der Schierlings-Wasserfenchel. Dieser gedeiht
nur im Süßwasser-Tidebereich und ist entsprechend rar. Das
Bundesumweltministerium bescheinigt ihm in seinem aktuellen Bericht zur
Lage der Natur den Status „schlecht“.
2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Elbvertiefung für
„[3][rechtswidrig und nicht vollziehbar]“ erklärt, weil die Planer keine
hinreichenden Ausgleichsgebiete für die Pflanze geschaffen hatten. Der
Senat hat mittlerweile nachgebessert und in zwei Filterbecken des
ehemaligen Wasserwerks Kaltehofe ein [4][Biotop für den
Schierlings-Wasserfenchel] geschaffen, die der Verein Rettet die Elbe ob
dessen Künstlichkeit umgehend als „Zuchtanstalt“ schmähte.
Die Umweltverbände bezweifeln, dass die Pflanze dort gedeihen wird. „Wir
wissen viel von den komplexen Anforderungen, die der
Schierlings-Wasserfenchel an einen Lebensraum stellt“, sagt der
Nabu-Vorsitzende Alexander Porschke. In dem künstlichen Biotop werde er
sich nicht halten. „Dass die Kohärenzmaßnahmen so kleingerechnet werden,
ist nicht einzusehen, wenn man das Projekt für so wichtig hält“, sagt
Beatrice Claus vom WWF an die Adresse des rot-grünen Senats.
Die drei im [5][Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe] vereinten Verbände
befürchten, dass ein Fahrrinnenausbau auch den Allgemeinzustand der Elbe
verschlechtern würde – was die Wasserrahmenrichtlinie der EU untersagt.
Die bisherigen Vertiefungen haben den Tidenhub stark steigen und das Wasser
immer trüber werden lassen. In der Folge kollabierte die Population des
Stints, eines kleinen Fischs an der Basis der Nahrungskette.
Der verstärkte Flutstrom schwemmt immer mehr Sediment stromaufwärts, sodass
die Stadt immer mehr Geld für die Unterhaltungsbaggerei ausgeben muss. Die
Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) und die Hamburger Hafenbehörde (HPA)
haben deshalb ein Tideelbekonzept mit [6][künstlichen Sandbänken unter
Wasser] entwickelt. So soll der Tidenhub nur um fünf statt zehn Zentimeter
größer werden. Claus ist skeptisch: „Die BAW hat die Auswirkungen in der
Vergangenheit immer unterschätzt.“
27 May 2020
## LINKS
[1] /Gericht-entscheidet-ueber-Elbvertiefung/!5377702
[2] /Zukunft-des-Hamburger-Hafens/!5684290
[3] /Tiefgang-setzt-sich-durch/!5366862
[4] /Die-Elbvertiefungs-Kompensation-der-HPA/!5429737
[5] https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/tideelbe/lebendige-tidee…
[6] /Archiv-Suche/!416786&s=Tideelbe+Schifffahrtsdirektion&SuchRahmen=P…
## AUTOREN
Gernot Knödler
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