# taz.de -- Wasserpflanze Schierlings-Wasserfenchel: Hamburger Original steckt … | |
> Hamburg trägt die Verantwortung für den Schierlings-Wasserfenchel. Doch | |
> die Stadt tut sich schwer, die nur an der Elbe vorkommende Pflanze zu | |
> erhalten. | |
Bild: Nachpflanzung für den Erhalt: Ein frisch eingesetzter Schierlings-Wasser… | |
Hamburg taz | Der Schierlings-Wasserfenchel ist eine Pflanze, die es nur im | |
tidebeeinflussten Bereich der unteren Elbe gibt, vor allem auf dem Gebiet | |
Hamburgs. Damit hat der Stadtstaat eine besondere Verantwortung für die | |
Erhaltung der Art. Die jüngste Elbvertiefung brachte er vor dem | |
Bundesverwaltungsgericht nur durch, weil er [1][versprach, neuen Lebensraum | |
für die Pflanze zu schaffen] – als Ersatz für den Schaden durch die | |
Baggerei. | |
Wie das jüngste Monitoring nun aber zeigt, waren die Bemühungen zur | |
Erhaltung der Art nicht von Erfolg gekrönt. „Die langfristige | |
Zukunftsfähigkeit ist beeinträchtigt“, heißt es in dem Bericht, der bis ins | |
Jahr 2023 reicht. | |
Dass der Schierlings-Wasserfenchel so selten ist, liegt daran, dass er sich | |
an die besonderen Bedingungen der Tideelbe angepasst hat: einem | |
schwankenden Süßwasserspiegel. Die einen bis anderthalb Meter hoch | |
wachsende Pflanze gedeiht in einem Bereich, der regelmäßig überspült wird | |
und wieder trocken fällt. Ihre Samen verbreiten sich mit den die Elbe | |
hinauf und hinunter schwappenden Wassermassen. | |
Allerdings hat der Mensch die Elbe in den vergangenen 100 Jahren stark | |
verändert: Der Hamburger Senat rückte die Deiche immer näher an den Strom | |
heran, so dass Überflutungsbereiche verschwanden, er schüttete neue Flächen | |
im Hafen auf und ließ die Fahrrinne für die Schifffahrt mehrfach vertiefen | |
– zuletzt 2022. Als Folge davon ist die Zahl der Wasserfenchel-Individuen | |
auf wenige Tausend zurückgegangen. | |
## Ausgleich für Eingriffe in die Natur | |
Zum Ausgleich für die vielen Eingriffe in die Natur versucht der Senat, | |
neue Orte zu schaffen, an denen sich der Schierlings-Wasserfenchel | |
ansiedeln kann. Die von der Hamburgischen Bürgerschaft gegründete | |
[2][Stiftung Lebensraum Elbe] hat das schon an vielen Stellen versucht. Vor | |
Kurzem fertiggestellt hat sie ein Projekt im Jenischpark oberhalb der | |
Elbchaussee, wo ein 25 Meter langer Priel gebaggert wurde, in dem sich der | |
Wasserfenchel ansiedeln soll. | |
Die Tide erreicht den Priel durch ein Siel unter der Elbchaussee. Das | |
künstlich geschaffene Biotop soll einer von vielen Trittsteinen entlang der | |
Elbe werden, über den sich der Wasserfenchel verbreiten und damit erhalten | |
kann. | |
Das aktuelle Monitoring listet 30 Standorte auf, an denen der | |
Schierlings-Wasserfenchel gefunden oder angesiedelt wurde. An 13 dieser | |
Stelen wurde er angesiedelt, drei der Standorte entstanden durch eine | |
Renaturierung. | |
Unter den natürlichen Standorten stechen zwei mit jeweils an die 1.000 | |
Individuen hervor, die sich unter starken Ausschlägen nach oben und unten | |
seit 20 Jahren stabil halten. Dazu kommt ein kleinerer mit 50 bis 150 | |
Exemplaren. Bei den meisten Ansiedlungen ist die Zahl der Individuen über | |
die Jahre stark zurückgegangen, oft bis auf wenige Exemplare oder auf Null. | |
Gut anzulassen scheint sich ein von den Umweltverbänden stark kritisiertes | |
[3][Projekt auf dem Gelände des historischen Hamburger Wasserwerks auf der | |
Elbinsel Kaltehofe]. In zweien der Becken, in denen ab 1893 das Wasser der | |
Elbe zu Trinkwasser gefiltert wurde, schuf die Hafenverwaltung HPA eine | |
maßgeschneiderte Mini-Landschaft für den Schierlings-Wasserfenchel. Beim | |
Monitoring 2021 fanden sich dort 683 Individuen, 2023 sogar 2.237. | |
## Längerer Bestand nicht gesichert | |
Allerdings gab es auch bei den anderen Ansiedlungsprojekten in der | |
Vergangenheit zwischenzeitlich hohe Zahlen, die in den Folgejahren aber | |
wieder stark zurückgingen. Abgesehen von zwei Orten, die längere Zeit | |
besiedelt waren, zeige sich „bei allen bisherigen Ansiedlungen in Hamburg | |
eine deutliche Abnahme der Individuen im zweiten folgenden | |
Monitoringdurchgang“, also im vierten Jahr nach der Ansiedlung. Der Erfolg | |
des Projekts in Kaltehofe ist also auch noch längst nicht gewiss. | |
Dass sich der Schierlings-Wasserfenchel so schwer halten kann, liegt an der | |
Verschlechterung und damit Verkleinerung seines Lebensraums, wie die | |
Autoren des Monitoring-Berichts ausführen: Die schnellere Strömung lasse | |
die Ufer erodieren. Mit der Erde der Ufer werden die Pflanzen weggerissen. | |
[4][An anderen Stellen lagert sich wiederum weicher Schlick ab], auf dem | |
der Schierlings-Wasserfenchel nicht gedeiht. Schwebstoffe setzen sich auch | |
auf den zeitweilig überschwemmten Pflanzenteilen ab und behindern deren | |
Photosynthese. | |
Dazu komme wohl auch die [5][ausgeprägtere Ebbe,] durch die die Standorte | |
trockener würden. „Die Zukunftsaussichten werden sich weiter | |
verschlechtern, sofern nicht großflächige naturverträgliche Maßnahmen zu | |
einer Verbesserung der hydrodynamischen Verhältnisse führen“, warnen die | |
Autoren. | |
26 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Elbvertiefung-noch-mal-vor-Gericht/!5684975 | |
[2] https://www.stiftung-lebensraum-elbe.de/ | |
[3] /Die-Elbvertiefungs-Kompensation-der-HPA/!5429737 | |
[4] /Ausgleich-der-Elbvertiefung/!6040820 | |
[5] /Der-Schlick-soll-weg/!5905695 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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