# taz.de -- Häfen wollen kooperieren: Aus drei mach einen | |
> In Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven denken Hafenmanager über eine | |
> künftige Zusammenarbeit nach. So könnten sie dem Druck der Reedereien | |
> standhalten. | |
Bild: Gewaltiges Erpressungspotenzial: Großreedereien können Häfen Bedingung… | |
HAMBURG taz | Frank Dreeke stapelt tief. Der Präsident des Zentralverbandes | |
der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) erkennt nur „eine leichte Erholung“. | |
Dabei legte der Umschlag in deutschen Seehäfen laut Statistischem Bundesamt | |
schon im ersten Halbjahr um 5,1 Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2020 zu. | |
Im zweiten Halbjahr dürfte angesichts des boomenden Welthandels der | |
Umschlag bereits wieder stärker als vor der Pandemie ausfallen. | |
Dreekes gebremster Optimismus dürfte den Forderungen an die neue | |
Bundesregierung ebenso dienen wie den Planspielen einer „Deutsche Bucht | |
AG“. Immerhin bestätigte der Aufsichtsratsvorsitzende der Bremer Eurogate | |
auf der Jahrespressekonferenz am Mittwoch, dass die beiden größten | |
Hafenbetreiber in Deutschland vertrauliche Gespräche über eine gemeinsame | |
Zukunft führen. Das tat auch die Chefin der Hamburger Hafen und Logistik AG | |
(HHLA), Angela Titzrath. | |
Möglich scheint den beiden zurzeit noch die ganze Palette von | |
gelegentlichen Gipfeltreffen, die im ZDS ohnehin regelmäßig stattfinden, | |
bis hin zur Fusion der acht Containerterminals in Hamburg (4), Bremerhaven | |
(3) und Wilhelmshaven (1). HHLA-Vorstandsvorsitzende Titzrath stellt sich | |
„eine andere Art der Zusammenarbeit“ vor und will „alte Muster | |
überspringen“. | |
Der Bremer Logistikkonzern Eurogate betreibt Containerterminals in allen | |
drei Nordseehäfen, in denen 13,7 Millionen Container pro Jahr umgeschlagen | |
werden. Diese fühlen sich von der seit Langem stärker wachsenden Konkurrenz | |
in Rotterdam (14,3) und Antwerpen (12,0) bedrängt. Und auch der Druck der | |
Reedereien nimmt zu: Die schwimmen quasi im Geld, weil der rasante | |
Aufschwung des globalen Handels die Frachtraten in ungeahnte Höhen treibt. | |
## Monopolartiger Markt | |
Hafenbetreiber beklagen dagegen schon seit Jahren eine „schiefe | |
Marktordnung“. Die wichtigsten Fahrtgebiete weltweit, Fernost und Atlantik, | |
werden fast vollständig von nur drei Allianzen aus den weltgrößten | |
Schifffahrtsunternehmen dominiert. Eine sogenannte | |
Gruppenfreistellungsverordnung durch die Europäische Kommission in Brüssel | |
erlaubt diese monopolartigen Konsortien. | |
Aktivitäten in Richtung einer verbindlichen Kooperation der deutschen Häfen | |
gehen daher in die richtige Richtung, so der Bremer Ökonom und | |
Seeverkehrsexperte Rudolf Hickel. Bei einer Kooperation stehe vor allem die | |
Vermeidung einer Preiskonkurrenz im Mittelpunkt. „Hierdurch könnte der | |
monopolistische Druck durch die betreibenden Reedereien gebändigt werden.“ | |
Durch eine verbesserte Zusammenarbeit von Bremen und Bremerhaven mit | |
Niedersachsen könnten künftig die öffentlichen Finanzmittel, um die derzeit | |
zwischen den Ländern konkurriert wird, gezielter eingesetzt werden. | |
Allerdings sollte die Kooperation nicht zum Abbau der derzeit geltenden | |
tariflichen Entgelte eingesetzt werden. Das treibt auch die Gewerkschaft | |
Ver.di um. „Jede Kooperation kostet Arbeitsplätze“, hat | |
Ver.di-Verkehrsexperte Lars Stubbe in der Vergangenheit erfahren. Dazu | |
kommt die Digitalisierung. Bei der HHLA sind in wenigen Jahren wieder | |
betriebsbedingte Kündigungen möglich. | |
## Kampf gegen Klimawandel | |
„Die mittelfristig entscheidende Frage ist, inwieweit die Entwicklung der | |
Häfen und ihrer Institutionen verbindlich koordiniert werden kann“, sagte | |
Hickel der taz. Bei einer koordinierten Aus- und Umbaustrategie ließen sich | |
neben ökonomischen auch ökologische Vorteile verwirklichen. So erzwänge | |
eine Allianz ein gemeinsames, übergreifendes staatliches Hafenamt. „Der | |
größte Gewinn wäre der Beitrag eines ökonomisch rationalen, ökologisch | |
ausgerichteten Containerumschlags im Kampf gegen die Klimakatastrophe.“ | |
Allerdings bezweifelt nicht allein Hickel, dass die Initiative Erfolg haben | |
wird. Vor allem für den Hamburger Senat dürften sich kaum sogenannte | |
Synergien ergeben. Die Stadt ist aber ebenso an der börsennotierten HHLA | |
maßgeblich beteiligt wie das Land Bremen an Eurogate. Und die | |
Fahrrinnenanpassung verspricht in Zukunft wieder höhere Wachstumsraten für | |
den Hamburger Hafen. Im ersten Quartal nach dem Startschuss der | |
verbreiterten und vertieften Fahrrinne befuhren bereits deutlich mehr | |
Megamax-Frachter die Elbe. | |
Fachleute weisen auf einen weiteren Bremsklotz für die Hafengespräche hin: | |
Über die Lenkung der Ladung entscheiden nicht die Häfen, wie mancher | |
Politiker meint, sondern Logistikkonzerne wie Kühne oder DHL und | |
Reeder-Allianzen. Und die spielen ihr eigenes Spiel. So hat sich | |
Deutschlands größte Reederei, Hapag-Lloyd, am Tiefwasserhafen | |
Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven beteiligt. Das Unternehmen übernimmt dort | |
30 Prozent am Containerterminal, dafür hat der Aufsichtsrat Ende September | |
grünes Licht gegeben. | |
Umgekehrt holt sich die HHLA die chinesische Reederei Cosco ins Boot, als | |
Minderheits-Partner am Tollerort, dem kleinsten von drei Containerterminals | |
der HHLA. Hafenbetreiber hoffen offenbar, durch solche Beteiligungen auf | |
Augenhöhe mit den Reedereien zu steigen. | |
21 Nov 2021 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
## TAGS | |
Hafen | |
Hamburger Hafen | |
Bremerhaven | |
Wilhelmshaven | |
Container | |
Welthandel | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Jade-Weser-Port | |
Lübeck | |
Hamburger Hafen | |
Elbvertiefung | |
Hamburger Hafen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Zukunft des Hamburger Hafens: Auf Wasser gebaut | |
Immer größer werden die Containerschiffe. Für den Hamburger Hafen ist das | |
ein Problem, denn eine weitere Vertiefung ist mit der Elbe nicht zu machen. | |
Hapag-Lloyd-Einstieg bei Jade-Weser-Port: Reederei wird Hafen | |
Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd darf sich am Jade-Weser-Port | |
beteiligten. Langfristig dürfte das zu Lasten der Häfen in Bremen und | |
Hamburg gehen. | |
Lübeck kauft Hafenanteile zurück: Das bessere Team | |
Lübecks Hafen ist defizitär. Nun hat die Stadt Hafenanteile von einem | |
privaten Investor für wenig Geld zurückgekauft. Das ist ein guter | |
Schachzug. | |
Kooperation norddeutscher Häfen: Wer kann mit wem? | |
Eine Kooperation norddeutscher Häfen könnte der Macht der Reedereien etwas | |
entgegensetzen. Aber die Gespräche gehen nur zäh voran. | |
Elbvertiefung im Hamburger Hafen: „Ökologisch nicht vertretbar“ | |
Der Hamburger BUND-Vorsitzende Manfred Braasch über den jetzt | |
möglicherweise zu Ende gehenden Kampf zur Rettung des Stroms. | |
Gutachten mit unerwünschtem Ergebnis: Jeder kämpft für sich allein | |
Eine Kooperation der norddeutschen Häfen ist nicht möglich, weist ein | |
Gutachten nach, das die Linkspartei beauftragt hat. |