| # taz.de -- Reeder-Einstieg in den Hamburger Hafen: In fünf Jahren droht die K… | |
| > Peter Tschentscher (SPD) wirbt um Zustimmung für den MSC-Deal. An der | |
| > Beteuerung, die Beschäftigten hätten nichts zu befürchten, wachsen die | |
| > Zweifel. | |
| Bild: Peter Tschentscher am Mittwoch in der Bürgerschaft: Ist er sich ganz sic… | |
| Hamburg taz | Die neuesten und wieder einmal schlechten Zahlen aus dem | |
| Hamburger Hafen waren am Mittwochmittag nur rund 24 Stunden alt, als | |
| Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in einer | |
| Regierungserklärung vor der Bürgerschaft um Zustimmung für den anvisierten | |
| und seit Wochen [1][viel kritisierten Deal mit der weltgrößten Reederei | |
| MSC] warb. | |
| Tags zuvor war bekannt geworden, dass besonders der wichtige | |
| Containerumschlag im vergangenen Jahr bei nur noch 7,7 Millionen | |
| Standardcontainern (TEU) lag und damit um satte 6,9 Prozent gegenüber dem | |
| Vorjahr gefallen war. | |
| Doch Rettung ist nach Ansicht des Bürgermeisters in Sicht – in Form einer | |
| „strategischen Partnerschaft mit MSC“: Derlei Kooperationen, wobei sich | |
| Reedereien bei lokalen, öffentlichen Hafenbetreibern einkaufen, seien | |
| „international etabliert“, gar „unternehmerisch sinnvoll“ – und in | |
| Anbetracht schrumpfender Umschlagszahlen ganz besonders dringlich. Die | |
| liegen jetzt wieder auf dem Stand von 2009, dem Jahr der globalen Finanz- | |
| und Wirtschaftskrise. | |
| Ob das aber tatsächlich ein Befreiungsschlag wird, dem die Bürgerschaft | |
| zustimmen muss, bezweifelten die Oppositionsparteien CDU und Linke | |
| gleichermaßen. „Wir haben in Hamburg nur schlechte Erfahrungen mit | |
| Privatisierungen gemacht – und da kommen Sie auf die Idee, mit | |
| Privatisierung auf die Krise des Hafens zu antworten“, schimpfte der | |
| hafenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Norbert Hackbusch. | |
| ## Der Investor soll's richten | |
| Wie der Senat gemeinsam mit der Schweizer Reederei MSC im vergangenen | |
| September bekannt gab, soll der größte Hafenbetrieb, die Hamburger Hafen- | |
| und Logistik AG (HHLA), künftig von beiden nahezu gleichberechtigt geleitet | |
| werden. Seit einer ersten Teilprivatisierung 2007 unter dem damaligen | |
| CDU-geführten Senat hält die Stadt noch rund 69 Prozent der Anteile. Der | |
| Rest in Streubesitz. Künftig soll MSC 49,9 Prozent der Anteile erhalten, | |
| die Stadt also rund 19 Prozent ihrer Anteile privatisieren. | |
| Man wolle dann gemeinsam „erhebliche finanzielle Mittel“ aufwenden, um den | |
| Hafen zu modernisieren, sagte Tschentscher am Mittwoch. Hamburger Ziel der | |
| Kooperation sei es, den Hafen damit zu einem Knotenpunkt des weltweiten | |
| MSC-Schifffahrtsnetzes zu machen. | |
| Schließlich verfüge MSC über mehrere Hundert Containerschiffe und jährlich | |
| transportiert die Reederei eigenen Angaben zufolge rund 23 Millionen | |
| Standardcontainer über die Ozeane. MSC versprach, bald pro Jahr mindestens | |
| eine Millionen TEU in Hamburg umzuschlagen, außerdem werde die | |
| Deutschlandzentrale des Konzerns nach Hamburg verlegt. | |
| Seither beteuern SPD und Grüne, dass die [2][Hafenarbeiter:innen von | |
| dieser Kooperation mit MSC nichts zu befürchte]n hätten. Vielmehr ist es | |
| laut Tschentscher so, dass den Beschäftigten eine „neue Perspektive“ | |
| eröffnet würde, die Arbeitsplätze sichern werde. Schon unmittelbar nach der | |
| Ankündigung im September hinterfragten Beschäftigte wie | |
| Gewerkschafter:innen diese Erzählung und demonstrierten mehrfach gegen | |
| das Vorhaben. | |
| Und in den vergangenen Wochen wurden die Zweifel größer, nachdem der Senat | |
| erstmals etwas umfassender über seine ausgehandelten Pläne in einer | |
| Mitteilung an die Parlamentarier:innen Auskunft gab. Derzufolge | |
| nämlich sind Änderungen „nicht vor Ablauf von fünf Jahren“ möglich. | |
| Anschließend allerdings, so befürchtet es in der Bürgerschaft die Linke, | |
| könnte es düster werden: betriebsbedingte Kündigungen, | |
| Tätigkeitsverlagerungen zu externen Dienstleistern, gar der Ausstieg aus | |
| dem für Beschäftigte vergleichsweise guten Hafentarif. | |
| SPD wie Grüne hielten am Mittwoch dagegen, dass an der bislang weitgehenden | |
| betrieblichen Mitbestimmung auch danach nicht gerüttelt werde: Im | |
| [3][HHLA]-Aufsichtsrat werde die Arbeitnehmervertretung doch weiterhin über | |
| die Hälfte der Sitze verfügen. | |
| Allein: Dieser Rat ist künftig nicht mehr die allerhöchste Instanz. Im Zuge | |
| der Kooperation will der Senat gemeinsam mit MSC eine Holding-Gesellschaft | |
| gründen, in der die Partner ihre Interessen koordinieren. „In der künftigen | |
| gemeinsamen Beteiligungsgesellschaft wird es dann keine betriebliche | |
| Mitbestimmung geben“, warnte Hackbusch. „Die [4][Rechte der Beschäftigten] | |
| bleiben unabhängig von der übergeordneten Holding unangetastet“, betonte | |
| hingegen Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen. | |
| Ehe die Bürgerschaft frühestens im Mai über den Plan abstimmt, sollen in | |
| den kommenden Wochen Expert:innenanhörungen in den zuständigen | |
| Ausschüssen stattfinden. Dass die Kritik an seinem Vorhaben unangebracht | |
| sei, machte Tschentscher schon am Mittwoch zum Abschluss seiner Rede | |
| deutlich: Die Abgeordneten sollten bitte nicht denjenigen folgen, die „ihre | |
| eigenen oder Einzelinteressen im Blick haben“. Ob er damit die | |
| Beschäftigten meinte, ließ er allerdings offen. | |
| 28 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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