# taz.de -- Gesichtserkennung im Internet: Faeser will Fotofahndung erlauben | |
> Die Polizei soll öffentliche Fotos „biometrisch abgleichen“ dürfen, um | |
> Personen zu identifizieren. Wie genau, das lässt Faesers Gesetzentwurf | |
> offen. | |
Bild: Die Fotofahndung soll kommen, aber wie ist noch völlig unklar | |
Berlin taz | Die Polizei soll künftig Verdächtige, Zeugen und Opfer von | |
Straftaten [1][anhand von Fotos im Internet identifizieren können]. | |
Außerdem soll die Polizei mithilfe von Internetfotos den Aufenthaltsort | |
und die Bewegungen von Personen feststellen können. Das sieht ein | |
Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, der der | |
taz vorliegt. | |
Voraussetzung ist, dass die Polizei ein Foto der gesuchten Person hat. Es | |
kann sich dabei um die Aufnahme einer Überwachungskamera handeln oder einen | |
Screenshot aus einem Video. Faeser will so zum Beispiel islamistische | |
Terroristen identifizieren, die auf IS-Hinrichtungs- oder Folter-Videos zu | |
sehen sind. | |
Bei dem vorliegenden Foto wird dann das Gesicht vermessen und es werden | |
Hunderte Datenpunkte gespeichert. Diese biometrischen Daten kann die | |
Polizei [2][bisher nur mit den Daten der polizeilichen | |
Inpol-Foto-Datenbanken abgleichen], aber nicht mit allen Fotos im Internet. | |
Dies will Faeser nun jedoch erlauben. Die Polizei soll künftig auf alle | |
Fotos zugreifen können, die „öffentlich zugänglich“ sind, also auch Fotos | |
aus sozialen Netzwerken, soweit der Nutzerkreis nicht ausdrücklich | |
beschränkt wurde. | |
Faeser steht unter Handlungsdruck, nachdem [3][ein Journalist mit einer | |
kommerziellen Gesichtserkennungssoftware ohne Probleme die jahrzehntelang | |
untergetauchte Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette fand], die im Februar dann | |
festgenommen wurde. | |
## Faeser lässt offen, wie die Fahndung konkret aussehen soll | |
Kommerzielle Anbieter wie Clearview und PimEyes sammeln alle Fotos, die sie | |
im Internet finden, und speichern sie in eigenen gigantischen Datenpools. | |
Das aber verstößt wohl gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung, denn die | |
Abgebildeten haben nie zugestimmt, Teil eines privaten Fahndungsdatenpools | |
zu werden. Das polnische Unternehmen PimEyes hat deshalb 2022 seinen Sitz | |
auf die Seychellen verlegt. | |
Faesers Gesetzentwurf lässt noch offen, wie die Internetfahndung konkret | |
aussehen soll. Soll die Polizei Aufträge an die kommerziellen Unternehmen | |
vergeben? Soll sie eine eigene Vorratsdatenspeicherung aller Internetfotos | |
aufbauen? Im Gesetzentwurf heißt es hierzu nur: „wird nachgereicht“. | |
Faesers Gesetzentwurf will den „biometrischen Abgleich mit öffentlich | |
zugänglichen Daten aus dem Internet“ im BKA-Gesetz, im Bundespolizeigesetz | |
und in der Strafprozessordnung (StPO) verankern. Für die StPO ist | |
eigentlich Bundesjustizminister Marco Buschmann zuständig, dieser denkt | |
aber auch bereits über eine Regelung nach. | |
In Faesers Gesetzentwurf wird der biometrische Abgleich den Landespolizeien | |
zur Strafverfolgung erlaubt, soweit es mindestens um mittlere | |
(„erhebliche“) Kriminalität geht, also nicht nur bei Terrorismus. BKA und | |
Bundespolizei sollen auch Straftaten verhindern können, soweit sie | |
zuständig sind, etwa bei der Schleusung von Ausländern. | |
Nicht zulassen will Faeser die biometrische Echtzeitfahndung. Es sollen | |
also nicht alle Passanten (etwa auf einer Bahnhofsrolltreppe) mit den | |
polizeilichen Fahndungsdatenbanken abgeglichen werden. Faesers Vorgänger | |
Horst Seehofer (CSU) hatte [4][auf dem Berliner Bahnhof Südkreuz 2017 einen | |
entsprechenden Modellversuch] durchgeführt. | |
12 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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