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# taz.de -- Überkonsum reduzieren: Sneaker Nummer 28 bitte ins Netz
> Das Haus, der Zweitwagen und das 30. Paar Schuhe: So geht's nicht weiter.
> Was helfen könnte? Unsere Autorin hätte da eine Idee.
Bild: Sneaker nehmen im virtuellen Schuhregal weniger Platz weg als zu Hause im…
Ein Luxus-Markensneaker für nur knappe 13 Euro? Das geht! Klingt nach einer
Klickbait-Phrase, einem Köder, um Klicks einzusammeln, und ist es irgendwie
auch, denn: Der Schuh, den eine bekannte Luxusmarke vor einigen Jahren auf
den Markt gebracht hat, besteht nicht aus Stoff und Plastik, aus Nähten und
Schnürsenkeln. Sondern eher aus Nullen und Einsen. Ein rein virtueller
Sneaker, den man nur auf Fotos und Videos tragen kann – und dort, wo man eh
nur virtuelle Gegenstände braucht, also im [1][Metaverse], aber ist da
eigentlich überhaupt jemand? Hallo?
Na gut, Metaverse hin oder her: Es gibt Menschen, die werden sich
einigermaßen hereingelegt fühlen bei dem Gedanken, einen Schuh zu kaufen,
der nie Asphalt oder Wanderwege berühren wird. Und der noch nicht einmal
als wertsteigerndes Luxusobjekt zu Hause in einer Vitrine platziert und ein
paar Jahre später für einen noch horrenderen Preis an eine:n Sammler:in
weiterverkauft werden kann.
Aber: Wäre die Welt nicht eine viel bessere, wir würden einen Teil unseres
überflüssigen Konsums einfach ins Virtuelle verlagern? Und uns im Analogen
auf den Krams beschränken, der sowohl für uns als auch für unsere
Mitmenschen als auch für die Umwelt zumindest nicht exorbitant schädlich
ist?
Denn nur weil wir wissen, dass unser [2][Verständnis von Wohlstand]
ziemlich zügig von „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ wegkommen muss,
verschwindet die Dopaminausschüttung durch Konsum ja nicht einfach über
Nacht. Es sei denn, jemand findet eine wirksame Therapie gegen Überkonsum.
Aber das kann noch dauern und die Akzeptanz so einer Anti-Konsum-Pille wäre
vermutlich auch nicht gerade umwerfend.
## Virtuell cruisen
Also los: Autos von der Größe eines Zimmers und der optischen Anmutung
einer Kreuzung aus Grill und Armeefahrzeug. Wer braucht so etwas? Praktisch
niemand? Super, dann ab damit ins Internet. Selbst wer den ganzen Tag damit
virtuell durch die Gegend fährt, kann gar nicht so viele Ressourcen
verbrauchen wie mit einem 2,5-Tonner auf der Straße. Die Luxusyacht darf
ebenso ins Virtuelle umziehen wie -uhr und -handtasche. Und ganz ehrlich:
Sneaker Nummer 28 bis 36 nehmen im virtuellen Schuhregal auch weniger Platz
weg als zu Hause im Flur.
Mit der [3][Kreislaufwirtschaft] ist es so auch einfacher: Was nicht mehr
gefällt, lässt sich per Klick ausrangieren oder umdesignen. Kein ätzendes
Verkaufen über Kleinanzeigenportale, bei denen erst einmal sieben Leute
fragen, ob das Inserat noch aktuell ist, fünf schließlich kaufen wollen,
sich die Verhandlungen zum Übergabetermin von Geld und Ware ähnlich lange
ziehen wie die Verhandlungen bei Klimakonferenzen – nur ohne dass am Ende
haufenweise Politiker:innen einen angeblich historischen Kompromiss
loben.
Die Gefahr ist natürlich, den Absprung nicht zu kriegen. Ein Warnzeichen
könnte es sein, wenn man anfängt, Bäume in einer App zu pflanzen. Das
verbraucht zwar auch weniger Energie, als mit dem Auto in die
Obstbaumschule zu fahren und dort einen Baum dieser tollen alten Apfelsorte
zu kaufen. Aber dass auch virtuelle Äpfel schmecken und ihre Bäume Schatten
spenden, das muss die Digitalisierung erst mal hinkriegen.
14 Jun 2024
## LINKS
[1] /Facebooks-Metaverse/!5812202
[2] /Wohlstand-jenseits-vom-BIP/!5894747
[3] /Kreislaufwirtschaft/!t5014997
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
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