# taz.de -- Neue Kreislaufwirtschaftsstrategie: Push für Secondhand-Märkte | |
> Unternehmen fordern, das Recht auf Reparatur schnell umzusetzen. Die | |
> Bundesregierung legt erst mal eine Strategie fürs große Ganze vor. | |
Bild: Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat am Dienstag die National… | |
Recycling- und Sortierbetriebe, Abfallentsorger oder Start-ups, die | |
gebrauchte Smartphones reparieren und verkaufen – sie alle warten seit | |
Monaten auf die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) der | |
Bundesregierung. Am Montag hat das Bundesumweltministerium den Entwurf der | |
Strategie an die anderen Ressorts übermittelt. Im Herbst soll das Kabinett | |
sie verabschieden. Mit der Strategie will die Bundesregierung den Rahmen | |
für Gesetze vorgeben, um den Pro-Kopf-Verbrauch von Rohstoffen von derzeit | |
16 Tonnen auf 8 Tonnen im Jahr 2045 zu halbieren. | |
2030 – das ist in fünfeinhalb Jahren – sollen die Unternehmen in | |
Deutschland doppelt so viele Sekundärrohstoffe – also durch Recycling | |
gewonnene Kunststoffe oder Metalle – in ihren Produkten einsetzen wie 2020. | |
Damit soll Europa unabhängiger von Rohstoffimporten und damit von Staaten | |
wie Russland oder China werden. Außerdem sollen das Klima und die | |
Biodiversität geschützt werden – denn weniger Primärrohstoff bedeutet zum | |
Beispiel auch weniger Bergbau. | |
„Mit der Nationalen Kreislaufwirtschafsstrategie schaffen wir den Rahmen | |
für innovative Lösungen der Kreislaufwirtschaft“, sagte Steffi Lemke bei | |
Vorstellung der Strategie. Von einer gut funktionierenden | |
Kreislaufwirtschaft profitierten nicht nur Umwelt und Klima. Sie mache auch | |
die Wirtschaft krisensicherer, so Lemke. | |
Anja Siegesmund, Präsidentin des Bundesverbandes der deutschen | |
Entsorgungsbranche (BDE) hatte jüngst kritisiert, dass die NKWS so lange | |
auf sich warten ließ – und darauf aufmerksam gemacht, dass die Strategie | |
selbst nur der erste Schritt sei, „um einen umfassenden zirkulären Ansatz | |
in Deutschland zu etablieren“. Sie hatte gefordert, schnell konkrete, klare | |
Regeln zu formulieren und dann auch umzusetzen. „Eine konsequente Circular | |
Economy bringt mehr Wertschöpfung, neue Jobs, sichert die | |
Rohstoffversorgung und schützt das Klima“, sagte Siegesmund. „Wir müssen | |
das jetzt engagiert voranbringen.“ | |
## Wichtig: Der Zugang zu Ersatzteilen | |
Der Chef des Berliner Unternehmens Rebuy, Philipp Gattner, fordert | |
ebenfalls die schnelle Umsetzung von europäischen Initiativen wie das Recht | |
auf Reparatur oder die Ökodesign-Richtlinie. Rebuy repariert und verkauft | |
gebrauchte Elektronik. In der Umsetzung in nationalem Recht würden | |
Verbraucher für ihre Geräte längere Gewährleistungszeiten erhalten, die | |
Hersteller etwa von Elektrogeräten würden verpflichtet, Ersatzteile länger | |
anzubieten und leichter zugänglich zu machen. „Das sind alles wichtige | |
Punkte und Verbesserungen“, sagt Gattner, „ein reparaturfreundliches | |
Design, der sichere Zugang zu günstigen Ersatzeilen – das sind die drei | |
wichtigsten Hebel, an denen Kreislaufwirtschaft ansetzen kann.“ Wichtig sei | |
aber, dass die Vorhaben schnell auf nationaler Ebene umgesetzt würden, in | |
ein bis zwei Jahren müssten die Regeln vorliegen. | |
Zudem verweist Gattner auf ein Problem, dass sich schwerlich mit neuen | |
Gesetzen beheben lässt: Vor allem auf Internetplattformen – nicht nur – aus | |
Fernost würden Elektrik- und Elektronikgeräte angeboten, die nicht einmal | |
den Vorschriften der europäischen Produktsicherheit – erkennbar an dem | |
CE-Siegel – genügen würden. Von Ökodesign ganz zu schweigen. „Diese Ger�… | |
sind für Reparaturen und den Wiederverkauf nicht geeignet“, so Gattner. Die | |
EU und auch die deutschen Behörden müssten den Markt besser vor solchen | |
Importen schützen. | |
Für ein anderes Problem suchen Bundesregierung und Unternehmen noch eine | |
Lösung: Derzeit wird ein Großteil stillgelegter Altautos ins Ausland | |
exportiert. Die meisten Gebrauchtwagen in EU-Länder, zwischen 7 und 9 | |
Prozent aber auch ins Nicht-EU-Ausland, etwa nach Afrika. Nimmt die Zahl | |
von Elektroautos zu, werden die Batterien nach Stilllegung der Fahrzeuge | |
ins Ausland gebracht – mitsamt dem wertvollen Lithium, Mangan oder Kobalt. | |
Die NKWS adressiere dieses Problem, biete aber noch keine Lösungen an, | |
heißt es aus der Bundesregierung. | |
18 Jun 2024 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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