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# taz.de -- Junge Männer lieben Parfum: Geht mir aus dem Weg, ihr Stinker!
> Parfums liegen vor allem bei jungen Männern voll im Trend. Höchste Zeit,
> über Geruchsbelästigung zu sprechen.
Bild: Hilfe! die Zahl der Stinker*innen wächst
Die Welt duftet wieder. Mit dem Frühling und den steigenden Temperaturen
kommen die Gerüche. An Straßenrändern blüht der Flieder auf, bald werden
die Robinien folgen. Vom Park fliegt leichter Grillgeruch herüber. Die
Sonne wärmt, die Stadt wirkt gleich viel freundlicher. Man könnte jetzt
tief durchatmen.
Wenn einen nicht ständig diese fiesen Wolken anwehen würden. Wie einen
Schweif ziehen Passanten ihre Parfümausdünstungen hinter sich her. Mal
süßlich-schwer, mal vermeintlich frisch-minzig, mal vanillig. Und leider
sind es eben nicht mehr nur ältere Damen, die ihren Geruchssinn offenbar
schon lange in einem Flakon ertränkt haben. Auch viele junge Leute tragen
dick auf. Vor allem männliche Jugendliche stinken inzwischen häufig wie
nichts Gutes.
Sie liegen damit voll im Trend. Parfüms sind die neuen Sneakers, heißt es.
Ganze Gruppen pilgern nach der Schule zu Douglas, um das Taschengeld in
Düfte zu investieren, die sie von Influencer*innen auf TikTok kennen.
Teenager geben immer mehr für Schönheitsprodukte aus, hat eine [1][Umfrage
in den USA] gerade gezeigt, ganz vorne dabei: Parfüms. Nicht nur
Jugendliche, auch die Gen Z zahlt mehr für Gerüche als die Generationen vor
ihr. Manch einer verfügt angeblich über eine „Duftgarderobe“ mit Parfüms
für jeden Anlass: das erste Date, den Kinobesuch, den Ferienanfang. Nach
dem Motto: Ich sprühe, also bin ich.
Nun ist es an sich erfreulich, dass die Geschlechtergrenzen verschwimmen
und auch Jungen Eyeliner oder Make-up nutzen. Oder eben Parfüm. Das heißt
aber auch: Die Zahl der potenziellen Stinker*innen wächst rasant. Auf
einer belebten Straße muss man schon Slalom laufen, will man der
Geruchsbelästigung entgehen. Noch schlimmer ist es in geschlossenen Räumen
wie Geschäften oder Fitnessstudios. Oder in schwankenden Verkehrsmitteln;
in Bussen oder Bahnen hat man besonders schnell die Nase voll.
Kürzlich ist ein Buch über Emmanuel Macron erschienen. Der französische
Präsident hat demnach auch einen Parfümfimmel. Sein Eau Sauvage von Dior
wabert offenbar durch den ganzen Élysée-Palast. Man fragt sich: Kann er
sein Revier nicht anders markieren als wie ein Hund über Duftnoten?
Der Berliner Restaurantbesitzer The Duc Ngo entschied sich im vergangenen
Sommer, selbst Abhilfe zu schaffen. Er ärgert sich schon lange über
riechende Gäste. Im Juli [2][postete er auf Instagram], dass zu starke
Parfüms in seinen Sushi- und Seafoodrestaurants unerwünscht seien.
Beliebt macht man sich mit derlei nicht unbedingt. Aber je mehr Menschen
stinken, desto wichtiger ist es, dass wir darüber reden.
Mal wieder sind es die Finnen, die zeigen, wie es besser gehen könnte. Sie
gelten ja als die [3][glücklichsten Menschen] der Welt, und auch hier haben
sie die Nase vorn. In Finnland [4][hängen Plakate], die zu olfaktorischer
Rücksichtnahme auffordern. Darauf steht: „Riechen Sie zu stark? Duftstoffe
verursachen bei vielen Menschen Kopfschmerzen und Übelkeit. Verwenden Sie
Duftstoffe maßvoll. Jeder dritte Finne reagiert empfindlich auf
Duftstoffe.“
Der Staat soll seine Nase gefälligst nicht in Privatangelegenheiten
stecken, werden nun manche einwenden. Ich rieche, wie ich will! Meine Nase
gehört mir! Sie vergessen dabei allerdings, dass andere Menschen eben auch
Nasen haben.
Ein Kollege wendete ein, es sei doch besser, die jungen Männer röchen nach
Parfüm als nach sich selbst. Lieber Chanel als Schweiß? Das lässt außer
Acht, dass es ja auch einen wunderbaren Mittelweg gibt: das gute, alte,
harmlose Deo.
27 Apr 2025
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[1] https://beautymatter.com/articles/us-teen-beauty-spending-hits-record-high
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## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
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