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# taz.de -- Macron in Deutschland: Die Inszenierung ist die Botschaft
> Macrons Staatsbesuch fehlt es nicht an donnernder Symbolik. Die konkreten
> Ergebnisse sind jedoch übersichtlich.
Bild: Steinmeier und Macron feierten die besondere Freundschaft zwischen Frankr…
Tausende jubeln in Dresden dem Präsidenten zu. Dass Emmanuel Macron seine
Rede dort zum Teil auf Deutsch hält, erscheint vielen als bestaunenswert.
[1][Macron adressiert seine Ansprache recht pompös an die Jugend Europas.]
Keine Scheu vor Pathos, auch wenn der Text eher Bekanntes wiederholte.
Bei dem ersten amtlichen Staatsbesuch eines französischen Präsidenten seit
mehr als 20 Jahren ist die Inszenierung die Botschaft. Kein Italiener oder
Spanier, kein Brite oder Pole würde in Deutschland so huldvoll empfangen.
Das deutsch-französische Verhältnis ist etwas Besonderes. Wenn weniger
SchülerInnen hierzulande Französisch lernen wollen, gilt das als Signal,
dass etwas bedenklich schiefläuft. Sinkende Zahlen von Spanisch- oder
Italienisch-Unterricht an deutschen Schulen lösen keine Besorgnis aus.
Der Macron-Besuch gilt als bedeutend, weil in dem deutsch-französischen
Verhältnis ein Echo der Erbfeindschaft nachhallt, die in der EU glücklich
aufgehoben wurde. Nirgends leuchtet der Gründungsmythos der EU, den Frieden
nach der Katastrophe des 2. Weltkrieges zu garantieren, noch so hell wie im
Verhältnis zwischen Paris und Berlin.
## Überfordert im Innen wie im Außen
Die EU war immer eine Mixtur aus sinnstiftendem Vergangenheitspathos und
nüchternen Deals um den Agrarhaushalt. Die Strahlkraft dieser
Ursprungserzählung lässt nach. Sie reicht nicht mehr angesichts von Putins
Aggression, der multipolaren Weltordnung, dem möglichen Sieg von Trump. Die
EU scheint doppelt überfordert: innen von Rechten bedroht, Außen zu
zersplittert, um als Player auftreten zu können.
## Macron feuert, Scholz guckt zu
Die donnernde Symbolik von Macrons Auftritt steht im Missverhältnis zu
konkreten Ergebnissen. Eine Einigung bei Protektionismus versus Handel?
Fehlanzeige. Um die EU mobiler, aktiver zu machen, forderte Macron in
Dresden [2][eine Verdopplung des EU-Etats, allerdings ohne zu sagen, wie
das finanziert werden soll.] Vielleicht über gemeinsame Schuldenaufnahme in
der EU.
Olaf Scholz hatte als Finanzminister die EU-Coronabonds mit durchgesetzt
und mit der deutschen Doktrin – nie gemeinsame EU-Schulden – gebrochen.
Doch das war wohl ein einmaliger Fall. Jetzt gilt wieder das alte Muster:
Macron brennt ein Ideen- und Vorschlagsfeuerwerk ab, die Deutschen schauen
skeptisch zu.
Ein unscheinbares, aber vielleicht bleibendes Ereignis dieses Staatsbesuchs
ist [3][der Text, den Scholz und Macron in der „Financial Times“]
schrieben. Neben viel Wolkigem fordern sie einen integrierten europäischen
Finanz- und Bankensektor, mit Harmonisierung bei Unternehmensinsolvenz und
Steuerrecht. Keine großen Würfe, aber machbar.
Die Chance, dass Macron und Scholz der EU noch wesentliche Impulse geben,
ist übersichtlich. Macron ist zwar noch keine lame duck, aber er wird 2027
nicht mehr kandidieren. Dass Scholz dann noch Kanzler ist, ist, nun ja,
möglich.
28 May 2024
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/inland/macron-staatsbesuch-dresden-100.html
[2] https://www.n-tv.de/politik/Macron-beschwoert-in-Dresden-unser-Europa-artic…
[3] https://www.deutschlandfunk.de/scholz-und-macron-fordern-massnahmen-fuer-me…
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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