# taz.de -- Sparpolitik unter Präsident Milei: Argentinien probt den Aufstand | |
> Mit Generalstreik protestieren Argentinier*innen gegen den | |
> Wirtschaftskurs Javier Mileis. Im Fokus stehen Arbeitnehmerrechte und | |
> Entlassungen. | |
Bild: Mit Plakaten hatten die Gewerkschaften in Argentinien zum Streik aufgeruf… | |
BUENOS AIRES taz | Ein Generalstreik hat Argentinien am Donnerstag gelähmt. | |
Der Gewerkschaftsdachverband CGT [1][hatte zu einem 24-stündigen Ausstand | |
aufgerufen]. Der Protest richtete sich gegen die rigorose Sparpolitik des | |
libertären Präsidenten Javier Milei. Es war bereits [2][der zweite | |
Generalstreik], mit dem der Präsident in den fünf Monaten seiner Amtszeit | |
konfrontiert war. | |
Während die Gewerkschaften in der Hauptstadt Buenos Aires auf Kundgebungen | |
verzichteten, wurden aus einigen Städten kleinere Demonstrationen gemeldet. | |
U- und S-Bahnen blieben in den Depots, Flugzeuge am Boden. Behörden und | |
Ämter blieben geschlossen, ebenso die Banken. | |
Von den öffentlichen Schulen war die große Mehrzahl geschlossen, private | |
Bildungseinrichtungen hatten geöffnet. Die meisten Supermärkte, | |
Shoppingzentren und Geschäfte hatten geöffnet. Vielerorts herrschte jedoch | |
eine Art Sonntagsstimmung, da viele Menschen zu Hause blieben. | |
Von den 340 Buslinien in und um Buenos Aires waren knapp 50 Buslinien in | |
Betrieb, die diejenigen, die arbeiten wollten, zumindest in die Nähe ihres | |
Arbeitsplatzes brachten. Viele Unternehmen hatten Transportdienste für ihre | |
Mitarbeitenden organisiert. | |
„Dies ist ein Generalstreik der Gewerkschaftsbosse und nicht der | |
Arbeitnehmer“, erklärte ein zur Arbeit Eilender im Vorbeigehen. Als hätte | |
Präsident Milei den Satz gehört, schickte er den Tag über flotte Sprüche | |
und Memes zum Streik über die Plattform X. | |
Widerstand gegen Arbeitsrechtsreform | |
Das Ausmaß der Streikbeteiligung ist schwer abzuschätzen. Ohne öffentliche | |
Verkehrsmittel ist es für viele Beschäftigte nicht möglich, zur Arbeit zu | |
kommen. Ebenso offen ist, ob und wie viele von ihrem Arbeitgeber gezwungen | |
wurden, zur Arbeit zu erscheinen, wie die Gewerkschaften behaupten. Am Ende | |
zog die CGT eine positive Bilanz. | |
„Der Erfolg des Streiks ist darauf zurückzuführen, dass er sozial und | |
politisch unterstützt wurde. Es ist ein politischer Streik, denn wir | |
diskutieren über alle Maßnahmen, die unserem Land schaden. Die Regierung | |
muss dies zur Kenntnis nehmen, um ihre Anpassungspolitik zu korrigieren“, | |
erklärte Héctor Daer vom Gewerkschaftsvorstand. | |
Der Streik richtete sich unter anderem gegen das große [3][Gesetzespaket, | |
dem letzte Woche das Abgeordnetenhaus zugestimt hatte] und das derzeit im | |
Senat debattiert wird. Insbesondere die [4][darin enthaltene | |
Arbeitsrechtsreform] wird von den Gewerkschaften kritisiert. Die Einführung | |
einer neuen Kategorie von Selbstständigen würde formale Arbeitsverträge | |
umgehen und die Zahlung von Mindestlöhnen sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld | |
aushebeln. | |
50.000 Arbeitsplätze bereits verloren gegangen | |
Befürchtet wird auch eine Entlassungswelle im Zuge der Privatisierung | |
staatlicher Unternehmen, um sie für den Verkauf attraktiver zu machen. In | |
den ersten vier Monaten von Mileis Amtszeit haben mindestens 15.000 | |
Staatangestellte ihren Arbeitsplatz verloren, da ihre Arbeitsverträge nicht | |
verlängert wurden. Nach Schätzungen der Gewerkschaften sind in der | |
Privatwirtschaft rund 50.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. | |
Wie dramatisch die Situation in einzelnen Branchen ist, zeigen die am | |
Mittwoch von der nationalen Statistikbehörde Indec veröffentlichten Daten. | |
Die Industrieproduktion ist im Vergleich zum April letzten Jahres um 21 | |
Prozent gesunken, während das Baugewerbe im gleichen Zeitraum einen | |
Rückgang um 42 Prozent aufweist. | |
Dramatisch ist auch der Kaufkraftverlust der Einkommen. Während die Löhne | |
und Gehälter der formal Beschäftigten in den ersten vier Monaten nach | |
Mileis Amtsantritt um knapp 58 Prozent stiegen, stiegen die Preise um 90 | |
Prozent. Immer mehr Menschen kommen trotz einer formalen Beschäftigung mit | |
ihrem Verdienst nicht mehr aus bis zum Monatsende. | |
10 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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