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# taz.de -- Javier Mileis Außenpolitik: Alt-Right-Agenda in Buenos Aires
> Argentiniens Präsident Javier Milei sucht sich fragwürdige Verbündete
> außerhalb des Landes. Darunter: Donald Trump und Brasiliens Ex-Präsident
> Jair Bolsonaro.
Bild: Zwanghafter Netzwerker: Die Zahl von Milei-Fans in den sozialen Medien na…
Georgia Meloni hat ihn zum G7-Gipfel diese Woche eingeladen, anschließend
kommt er nach Deutschland. Die ersten sechs Monate seiner Amtszeit als
Argentiniens Präsident zeigen, dass Javier Milei zu einer pragmatischen
Außenpolitik nicht fähig ist. Sein Leitstern sind die Vereinigten Staaten.
Generalin Laura Richardson, die das Südkommando der US-Streitkräfte leitet,
warnt seit Jahren vor der Expansion des „Bösen“ in Lateinamerika – China.
Auch wenn die Wirtschaftspräsenz der asiatischen Großmacht wächst:
Militärisch haben die USA ihre klare Vormachtstellung ausgebaut. Im Verlauf
eines Besuchs von Richardson kündigte Milei den Bau einer
US-amerikanisch-argentinischen Marinebasis auf der Inselgruppe Feuerland
an. Zu Recht sehen Kritiker:innen damit die Souveränität des Landes in
Gefahr. „Strategische Allianzen“ müssten in „einer gemeinsamen Weltsicht
verankert sein“, umriss er seine „neue außenpolitische Doktrin“.
Den bereits beschlossenen [1][Beitritt zum Staatenbund Brics zog er
zurück]. Während die westlichen Staaten bei der Amtseinführung des
libertären Exzentrikers ihre Skepsis durch das Entsenden nachrangiger
Vertreter signalisierten, waren unter den sieben Staatsoberhäuptern Viktor
Orbán und Wolodymyr Selenskyj. Anstelle von [2][Brasiliens Luiz Inácio Lula
da Silva], den Milei im Wahlkampf als „wilden Linken“ beschimpft hatte, saß
in der ersten Reihe dessen ultrarechter Vorgänger Jair Bolsonaro – ein
Affront ohnegleichen.
China und Brasilien sind Argentiniens größte Handelspartner. Fünfmal flog
Milei in die USA. Um Lateinamerika und selbst die benachbarten
Mercosur-Staaten machte er hingegen einen großen Bogen, mit einer Ausnahme:
In El Salvador beehrte er seinen Gesinnungsgenossen [3][Nayib Bukele].
US-Präsident Joe Biden traf er nicht, dafür mächtige CEOs, zuletzt im
Silicon Valley. Gleich zweimal zeigte er sich mit seinem prominentesten
Sympathisanten Elon Musk, der aus seinem Interesse an den
[4][Lithiumvorkommen in den Anden] keinen Hehl macht.
## Fototermin mit Donald Trump
Auf der jährlichen [5][Konferenz der US-Konservativen] (CPAC) in Washington
hielt er eine umjubelte Rede und hatte einen Fototermin mit Donald Trump.
In den ultrarechten US-Medien taucht er nun immer wieder auf. Die Zahl
seiner Fans in den sozialen Medien – Milei ist selbst ein zwanghafter
Netzwerker – nahm sprunghaft zu. Das [6][Time Magazine] widmete ihm vor
einigen Wochen eine Titelgeschichte.
Wichtiger als Diplomatie sind ihm seine religiösen Überzeugungen.
Irritierend dabei ist die [7][Verbundenheit des Katholiken zum Judentum].
In Washington und in Miami nahm er an einer orthodox-jüdischen Zeremonie
teil. In Jerusalem ließ er sich weinend an der Klagemauer ablichten. Wie
Trump will er die Botschaft dorthin verlegen lassen. In New York lässt er
Argentinien konsequent zugunsten Israels abstimmen. Ein Treffen mit
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu durfte nicht fehlen.
Mit seiner Schwarz-Weiß-Politik stellt Milei Argentiniens traditionell
multilateralen Politikansatz zur Disposition – ähnlich hatte das zuvor nur
der von ihm hoch verehrte neoliberale [8][Carlos Menem] in den 1990ern
getan. Dass diese geradezu unterwürfige Ausrichtung auf die USA im
Interesse Argentiniens liegt, glaubt Juan Gabriel Tokatlian, Analyst für
internationale Beziehungen, allerdings nicht.
Das Land sei so verwundbar und habe heftig an Einfluss und Anerkennung
verloren, dass es „viele Freunde, Verbündete, Begleiter und Akteure
verschiedenster Herkunft“ brauche, um aus seiner Krise wieder
herauszukommen. Mileis erster, viel beachteter Auslandsauftritt fand auf
dem Weltwirtschaftsforum in Davos statt. Freihandelskapitalismus sei das
einzige Instrument, um die Armut in der Welt zu beenden, dozierte er in
professoraler Pose, „soziale Gerechtigkeit ist inhärent ungerecht, weil sie
auf der Erhebung von Steuern beruht“.
## Miese Aussicht für Mercosur-Abkommen
Für ihn sind „Kommunisten, Faschisten, Nazis, Sozialisten,
Sozialdemokraten, Nationalsozialisten, Christdemokraten, Keynesianer,
Neokeynesianer, Progressive, Populisten, Nationalisten oder Globalisten“
alles „Kollektivisten“. Da gäbe es keine substanziellen Unterschiede, denn,
so Milei, sie behaupteten allesamt, dass „der Staat alle Aspekte des Lebens
leiten“ müsse. Beiläufig outete er sich noch als Klimaleugner und
Feminismusverächter.
Diese Alt-Right-Agenda versucht er neben einer Kahlschlagpolitik in
Argentinien durchzupeitschen. In Spanien beschwor er bereits einen
diplomatischen Eklat ersten Ranges herauf: Auf einer Wahlkampfveranstaltung
der rechtsextremen Vox-Partei beschimpfte er die Frau von Regierungschef
Pedro Sánchez als korrupt und pöbelte nach seiner Rückkehr auch gegen
Sánchez. Daraufhin zog Madrid die Botschafterin bis auf Weiteres aus
Buenos Aires ab.
EU-Außenbeauftragter Josep Borrell sprang seinem Parteifreund bei und
verurteilte den „Frontalangriff“ Mileis auf den „Wohlfahrtsstaat und die
Umverteilung durch Steuern“. Noch sind spanische Firmen die zweitgrößten
Investoren in Argentinien. Die Bundesregierung hob als Gemeinsamkeit das
Ziel hervor, das EU-Mercosur-Abkommen endlich unter Dach und Fach zu
bringen. Aber wie soll das mit dem Mercosur-Verächter Milei klappen, vom
Widerstand in Europa ganz zu schweigen?
Nachdem Milei am 22. Juni von der AfD-nahen Hayek-Gesellschaft in Hamburg
ausgezeichnet werden wird, soll er tags darauf in Berlin mit militärischen
Ehren von Olaf Scholz empfangen werden. Es wäre eine ganz besondere
Premiere. Mileis Außenpolitik, so resümiert der Analyst Tokatlian, stütze
sich auf drei Quellen: eine Kreuzfahrermentalität im Fahrwasser von
[9][Samuel Huntingtons] „Zusammenstoß der Kulturen“, religiös-dogmatisches
Vorgehen, das die internationalen Beziehungen generell immer mehr präge,
und reaktionäres Gedankengut – eine toxische Mischung.
13 Jun 2024
## LINKS
[1] /Wahlsieger-in-Argentinien/!5974566
[2] /Brasilien-nach-Bolsonaro/!5903636
[3] /Praesidentschaftswahl-in-El-Salvador/!5986046
[4] /Grosse-Strassenblockaden-in-Argentinien/!5942789
[5] /Konservative-und-Rechte-in-den-USA/!5993949
[6] https://time.com/6965017/javier-milei/
[7] https://www.juedische-allgemeine.de/juedische-welt/schwieriger-freund/
[8] /Ex-Praesident-von-Argentinien/!5751942
[9] /Samuel-Huntington-hat-sich-geirrt/!5155661
## AUTOREN
Gerhard Dilger
## TAGS
Argentinien
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