# taz.de -- Mileis Reformpläne für Argentinien: Unter lautstarkem Protest | |
> Argentiniens Senat billigt das „Megagesetz“ von Präsident Javier Milei in | |
> abgespeckter Version. Draußen kommt es zu Protest und Straßenschlachten. | |
Bild: Proteste auf den Straßen von Buenos Aires gegen das Reformvorhaben der u… | |
BUENOS AIRES taz | Überschattet von gewaltsamen Zusammenstößen hat | |
Argentiniens Senat in Buenos Aires am späten Mittwochabend das | |
Megagesetzespaket des libertären Präsidenten [1][Javier Milei] gebilligt. | |
Die entscheidende Ja-Stimme kam von Senats- und Vizepräsidentin Victoria | |
Villarruel, nachdem die Abstimmung mit 36 Ja- und 36 Nein-Stimmen in einer | |
Pattsituation endete. In dieser Situation entscheidet die Stimme der | |
Senatspräsidentin. | |
Der Präsident entging damit nur ganz knapp einer Niederlage. Für Milei ist | |
dies das erste Gesetzesvorhaben, das er in den sechs Monaten seiner | |
Amtszeit dem Kongress vorgelegt hat. Und er musste beweisen, dass er | |
Gesetze durch den Kongress bringen kann. | |
Die Zustimmung des Senats war jedoch lange Zeit fraglich. Die Regierung | |
hatte bis kurz vor der Abstimmung über Zugeständnisse und Änderungen | |
verhandelt, um die notwendigen Stimmen zu erhalten. | |
Bevor das [2][Megagesetzespaket] jedoch ausgepackt und umgesetzt werden | |
kann, muss das Abgeordnetenhaus den vom Senat vorgenommenen Änderungen | |
zustimmen. Wenn dies geschieht, wovon aktuell auszugehen ist, kann Milei | |
ein Jahr lang mit Sondervollmachten in den vier Bereichen Verwaltung, | |
Wirtschaft, Finanzen und Energie regieren. | |
## Steine, Molotowcocktails, Schlagstöcke und Wasserwerfer | |
Von dem ursprünglichen Megagesetzespaket mit über 600 Artikeln ist jedoch | |
nur eine abgespeckte Version von 238 Artikeln geblieben. Nicht nur | |
quantitativ, auch qualitativ musste die Regierung zurückrudern, zumal | |
Mileis Partei La Libertad Avanza nur über 10 Prozent der Mandate im | |
Abgeordnetenhaus und 15 Prozent der Mandate im Senat verfügt. | |
So sind von den ursprünglich mehr als 40 staatlichen und mehrheitlich | |
staatlichen Unternehmen, die privatisiert werden sollten, nur noch zwei | |
übriggeblieben. Von der Liste gestrichen sind etwa die Fluggesellschaft | |
Aerolíneas Argentinas, der Postdienst Correo Argentina sowie Radio und | |
Televisión Argentina. Dazu kommen fünf Staatsunternehmen, deren Tätigkeiten | |
als Konzessionen an private Betreiber vergeben werden können, darunter die | |
Wasserwerke AySA und die Eisenbahngesellschaften Trenes Argentinas und | |
Belgrano Cargas. | |
Schon zu Beginn der Debatte am Mittwochmorgen hatten sich Protestierende | |
vor dem Kongressgebäude eingefunden, das durch Metallgitter und ein | |
massives Polizeiaufgebot abgeriegelt war. Zu dem Protest hatten soziale | |
Basisorganisationen, kleine linke Parteien und einige Gewerkschaften | |
aufgerufen. Nach und nach strömten immer mehr Menschen auf den Platz vor | |
dem Kongressgebäude. | |
Die Spannungen begannen, als die Polizei einen Zug von Demonstrierenden zu | |
einem Umweg zum Platz vor dem Kongress zwang. Als sich beide Seiten | |
schließlich am Zaun vor dem Kongressgebäude gegenüberstanden, begann die | |
Situation zu eskalieren. Von der einen Seite flogen zunächst Steine und | |
Flaschen. Von der anderen Seite kamen Wasserwerfer und Tränengas zum | |
Einsatz. Während sich ein Großteil der Protestierenden zurückzog, begann | |
ein kleinerer Teil, am Zaun zu rütteln. | |
Es kam zu einer mehrstündigen gewalttätigen Straßenschlacht, bei der auch | |
Molotowcocktails und Metallgegenstände geworfen sowie Schlagstöcke und | |
Gummigeschosse eingesetzt wurden. Tränengasschwaden waberten über den | |
Platz, Mülltonnen brannten, zwei Autos wurden in Brand gesetzt und mehrere | |
Lokale verwüstet. | |
Als schließlich die Polizeieinheiten vorrückten und den Platz räumten, | |
verlagerten sich die Auseinandersetzungen in die Seitenstraßen und gingen | |
bis in den frühen Abend weiter. In einigen Stadtteilen von Buenos Aires | |
kam es zeitgleich zu Kochtopfkonzerten. | |
Vor dem Kongress bot sich dagegen ein gespenstisches Bild, als das enorme | |
Polizeiaufgebot in Kampfmontur den in der Eile nicht abgehängten | |
Protestplakaten und nur wenigen Protestierenden gegenüberstand. Für das | |
Präsidialamt handelte es sich um „terroristische Gruppen“, die „einen | |
Staatsstreich durchführen wollten“, heißt es in einer Stellungnahme. Die | |
Bilanz: Mindestens 30 Festnahmen und zahlreiche Verletzte, darunter fünf | |
Abgeordnete der Opposition. | |
13 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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