# taz.de -- Argentiniens Kongress billigt Reformen: Mehr Vollmachten für Javie… | |
> Das umstrittene Mega-Gesetzespaket wurde vom Abgeordnetenhaus bestätigt. | |
> Unternehmen sollen privatisiert, die Natur stärker ausgebeutet werden. | |
Bild: Protest in Buenos Aires gegen die finale Abstimmung über das umstrittene… | |
Buenos Aires taz | Argentiniens libertärer Präsident Javier Milei kann | |
zukünftig mit Sondervollmachten regieren. Am frühen Freitagmorgen stimmte | |
das Abgeordnetenhaus dem Mega-Gesetzespaket mit 147 Stimmen zu. 107 | |
Abgeordneten votierten mit Nein, zwei enthielten sich. Die erneute | |
Abstimmung [1][über das Gesetzespaket] durch die Abgeordneten war notwendig | |
geworden, nachdem der Senat zwar dafür gestimmt, aber gleichzeitig 37 | |
Änderungen vorgenommen hatte. | |
Nach sechs Monaten im Amt hat Milei damit sein erstes Gesetzesvorhaben | |
durch den Kongress gebracht. Zu Beginn seiner Amtszeit hatte dem | |
politischen Outsider kaum jemand zugetraut, dass ihm das auch nur mit einem | |
Gesetzentwurf gelingen würde. Zumal seine Partei La Libertad Avanza nur | |
über 10 Prozent der Sitze in der Abgeordnetenkammer und 15 Prozent im Senat | |
verfügt. | |
Milei musste jedoch viele Zugeständnisse machen, [2][um schließlich die | |
Zustimmung des Kongresses zu erhalten]. Von den ursprünglich mehr als 600 | |
Artikeln wurden 234 gebilligt. Sein Vorhaben, Sondervollmachten in elf | |
Bereichen und für zwei Jahre zu erhalten, mit der Möglichkeit einer | |
Verlängerung um weitere zwei Jahre, wurde kräftig zusammengestrichen. | |
Letztlich erhielt er für ein Jahr Sondervollmachten in den Bereichen | |
Verwaltung, Wirtschaft, Finanzen und Energie. | |
## Privatisierungen und Extraktivismus | |
Von den ursprünglich 41 staatlichen und mehrheitlich staatlichen | |
Unternehmen, die privatisiert werden sollten, sind sechs übrig geblieben. | |
Dazu gehören die Wasserwerke AySA, der Energieversorger ENARSA und die | |
Eisenbahngesellschaften Trenes Argentinas und Belgrano Cargas. Von der | |
Liste der zu privatisierenden Unternehmen gestrichen wurden hingegen die | |
Fluggesellschaft Aerolíneas Argentinas, der Postdienst Correo Argentina | |
sowie Radio und Televisión Argentina, wie Abgeordnete bestätigten. | |
Auch das umstrittene RIGI-System zur Förderung von Großinvestitionen wurde | |
gebilligt. Projekte mit einem Volumen von mindestens 200 Millionen Dollar | |
profitieren künftig von einer Vielzahl von Steuer-, Zoll- und | |
Wechselkursvorteilen, insbesondere Investitionen in den Bergbau, die | |
Ausbeutung von Schieferöl- und Gasvorkommen sowie die Forst- und | |
Energiewirtschaft, womit wird das Modell des Extraktivismus, also die | |
Entnahme von Ressourcen aus der herrenlosen Natur zur Vermarktung, weiter | |
vertieft wird. | |
Ein Zugeständnis ist, dass Materialien und Dienstleistungen zu mindestens | |
20 Prozent von der Investitionssumme von lokalen Anbietern kommen müssen. | |
Der verhandlungsbereite Teil der Opposition, ohne dessen Zustimmung nichts | |
ratifiziert worden wäre, zeigte sich daher zufrieden. Sie habe dem Wunsch | |
der Mehrheit der Bevölkerung nach Reformen und Veränderungen entsprochen | |
und gleichzeitig verhindert, dass Milei über das Ziel hinausschieße, so der | |
Tenor. | |
## Opposition warnt vor schlimmen Folgen | |
Die nicht konsensbereite Opposition hingegen warnte vor den schlimmen | |
Folgen, sobald die einzelnen Gesetze und Reformen umgesetzt werden. | |
Symbolisch für Mileis Sondervollmachten hatten einige Protestierende einen | |
schwarzen Sarg mit der Aufschrift „Demokratie“ vor dem Kongressgebäude | |
abgelegt. | |
Die Proteste vor dem Kongressgebäude waren dieses Mal kleiner und | |
friedlich. Im Gegensatz [3][zu den gewalttätigen Zusammenstößen am 12. | |
Juni], als der Senat das Gesetzespaket beschloss. Fünf der damals | |
verhafteten 35 Personen befinden sich noch immer in Haft. Alle anderen | |
wurden von einer Richterin freigelassen, die zugleich die Verhaftungen | |
wegen offensichtlich mangelnder Beweise kritisierte. So waren | |
Straßenverkäufer, Obdachlose und Menschen, die sich zufällig in der Nähe | |
aufhielten, von der Polizei festgenommen worden. | |
Dagegen ist noch immer niemand für das Feuerlegen an einem Pkw festgenommen | |
worden, obwohl die Gesichter fast aller Beteiligten auf Video- und | |
Bildmaterial zu erkennen sind und das den staatlichen Ordnungskräften einen | |
wesentlicher Grund für die gewaltsame Räumung des Platzes vor dem | |
Kongressgebäude geliefert hatte. | |
28 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Mileis-Reformpaket/!6008041 | |
[2] /Milei-krempelt-Argentinien-um/!5989932 | |
[3] /Mileis-Reformplaene-fuer-Argentinien/!6013654 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Argentinien | |
Javier Milei | |
Privatisierung | |
Reformpaket | |
Neoliberalismus | |
Social-Auswahl | |
Rechtspopulismus | |
Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) | |
Javier Milei | |
Neoliberalismus | |
Argentinien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Konferenz in Brasilien: Ultrarechte machen mobil | |
Argentiniens Präsident Milei reist nach Brasilien. Doch statt dort | |
Staatschef Lula da Silva zu treffen, besucht er die ultrarechte | |
CPAC-Konferenz. | |
Organisation Amerikanischer Staaten: Mileis Fußnoten gegen LGBTI+ | |
In Paraguays Hauptstadt endete die Generalversammlung der OAS. Argentinien | |
war bemüht, alle progressiven Inhalte aus der Schlussresolution | |
rauszustreichen. | |
Regionale Konferenz in Paraguay: Milei gegen nachhaltige Entwicklung | |
Ab Mittwoch tagt die Organisation der Staaten Amerikas. Argentinien droht | |
dort das zentrale Thema, die Agenda 2030, zu blockieren. | |
Libertäre zeichnen Javier Milei aus: Preisabsprache | |
Der argentinische Präsident Milei erhält eine Medaille zu Ehren des | |
Ökonomen Hayek. Die preisverleihende Hayek-Gesellschaft steht der AfD nahe. | |
Mileis Reformpläne für Argentinien: Unter lautstarkem Protest | |
Argentiniens Senat billigt das „Megagesetz“ von Präsident Javier Milei in | |
abgespeckter Version. Draußen kommt es zu Protest und Straßenschlachten. |