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# taz.de -- Waldbrände in Brasilien: Indigene Flammenjäger
> Amazonien leidet unter extremer Dürre. Es toben so viele Feuer wie noch
> nie. Unterwegs mit einer indigenen Feuerwehr, die ihre Heimat retten
> will.
Roraima, Brasilien taz | Awaylen Morais Penho läuft zu einem Jeep. Er prüft
die Ladefläche, darauf stehen ein quadratischer Wassertank und eine
Schlauchtrommel. „Wir haben gerade die Nachricht erhalten, acht Kilometer
von hier ist ein Feuer ausgebrochen“, sagt Penho. Er trägt Uniform:
knallgelbe Jacke, grüne Hose, schwarze Lederstiefel. „Es dauert etwa zehn
Minuten dorthin. Wir werden uns das Feuer ansehen und entscheiden, ob wir
eingreifen.“ Dann öffnet Penho die Autotür, setzt sich hinter das Steuer.
Er steckt den Schlüssel in das Zündschloss, schaut herüber. „Leg besser den
Gurt an.“ Er startet den Motor. Weitere Jeeps setzen sich in Bewegung, im
Konvoi geht es los.
Konzentriert blickt Penho nach vorne, er wirkt leicht angespannt. Auf der
Rückbank sitzen zwei Männer. Auch sie tragen Uniformen sowie mit Ruß
verschmierte Sturmhauben. Die drei Männer sind Feuerwehrleute. Was diese
Brigade besonders macht: Sie besteht ausschließlich aus Indigenen.
Penho und seine Kollegen leben in Roraima. Das ist der nördlichste
Bundesstaat Brasiliens, in Amazonien gelegen, direkt an der Grenze zu
[1][Venezuela]. Es ist einer der abgelegensten Winkel der Erde. Und hier
läuft eine Frontlinie im Kampf gegen den Klimawandel. Denn in der Region
toben Feuer, ein Verlust des Waldes hätte dramatische Konsequenzen für das
Weltklima. Darüber sind sich die meisten Wissenschaftler*innen einig.
Es geht über eine Schotterpiste, querfeldein. Es ruckelt und schüttelt, auf
und ab. Penho reißt das Steuer von einer zur anderen Seite. Hinter der
Scheibe ziehen mannshohe Termitenhügel vorbei, ockerfarbener Staub
vernebelt die Frontscheibe. Die Region hat nur wenig mit dem Klischee von
Amazonien zu tun. Statt dichtem Regenwald geht es über eine Graslandschaft.
Am Horizont lässt sich eine Bergkette erahnen. Lavrado heißt dieses
Ökosystem, was sich am ehesten mit einer Savanne vergleichen lässt. Es ist
einzigartig in Brasilien. In diesem Jahr ist es hier besonders heiß.
Während der Süden des Landes gerade von schweren [2][Überschwemmungen]
heimgesucht wird, ächzt Amazonien in diesem Jahr unter der extremsten Dürre
seit 120 Jahren. Laut Expert*innen hängt das mit dem Klimawandel
zusammen. Aber auch mit den Auswirkungen eines El Niños. Durch das
natürliche Klimaphänomen ändern sich die Meeresströme. Teile des östlichen
Pazifiks werden wärmer, westliche Teile kühler. In manchen Regionen führt
[3][der El Niño] zu Starkregen, in anderen zu Dürren. In Roraima ist die
Lage besonders kritisch. Seit Beginn der Aufzeichnungen hat es hier noch
nie so viel gebrannt wie in diesem Jahr. Das zeigen die Daten der
Weltraumbehörde Inpe. Die Bundesregierung rief im Januar den Notstand für
viele Gemeinden aus.
„Schau dort drüben“, ruft Penho und zeigt auf ein kleines Waldstück. „D…
ist das Feuer.“ Von den Baumkronen zieht Rauch nach oben. Die Jeeps bremsen
scharf. Dann läuft alles so ab, wie sie es in der Ausbildung gelernt haben.
Penho und seine Kollegen laden aus, schütten Benzin in die Kettensägen,
legen ihre Ausrüstung an. Sie tragen Helme, Sturmhauben und Schutzbrillen.
Ein bisschen sehen sie aus wie Astronauten.
Dann marschieren sie in den Wald. Es ist brütend heiß, die Sonne knallt
unbarmherzig herunter. Die Feuerwehrleute schwingen ihre Macheten, schlagen
den Weg frei. Der Rauch wird stärker, es riecht verbrannt. Im Unterholz
knackt es. Es kommen mehrere Bäume in Sicht. Sie brennen lichterloh. Penho
und seine Kollegen schnallen sich Staubbläser um. Sie pusten das Feuer in
eine Richtung. So wollen sie verhindern, dass sich die Flammen weiter
ausbreiten. Mit Kettensägen zerlegen sie Baumstämme. Sie schleudern die
Äste in die Flammen.
Ein kleiner Mann steht am Rand des Feuers und beobachtet jeden Schritt
genau. Die gelbe Uniform sitzt wie angegossen, er strahlt eine natürliche
Autorität aus. Der Mann heißt Romerito de Souza Lima. Er ist 36, sieht aber
älter aus. Seit einem Jahr ist er Chef der Brigade. Ihr Gebiet heißt Serra
da Moça, Gebirge des Mädchens. Es ist ein geschütztes Territorium, rund
eine Stunde von der Landeshauptstadt Boa Vista entfernt.
„Wir haben beschlossen, direkt hineinzugehen. So wollen wir verhindern,
dass es sich weiter ausbreitet“, sagt Lima und zeigt ins Dickicht. „Dort
läuft die Grenze des indigenen Landes. Das Feuer kam von der anderen Seite,
von der Farm.“
Lima meint damit die Ländereien der fazendeiros. Es ist privates Land, im
Besitz von Großgrundbesitzern. Besonders häufig pflanzen sie Soja auf
solchen Flächen an. Die kleine Bohne verspricht große Gewinne. 2023
[4][exportierte Brasilien] 100 Millionen Tonnen Soja ins Ausland. Ein
Rekordjahr, wieder einmal. Ein Teil davon landet als Kraftfutter in den
Mägen europäischer Schweine und Rinder. Um Platz für Ackerflächen und
Viehweiden zu machen, werden Feuer gelegt. Die Brandrodungen erfolgen
meist auf privatem Land. Von dort ziehen die Feuer weiter in indigene
Territorien, Staatswälder und Naturschutzgebiete. Berechnungen zeigen: Bis
2050 könnte mehr als die Hälfte des Waldes verschwunden sein. Eine
Katastrophe für das weltweite Klima.
## Technik und indigene Praktiken
Noch vor einigen Jahren, sagt Lima, habe es in der Region keine
industrielle Landwirtschaft gegeben. Doch dann war ein leicht gräulicher
Mann mit Seitenscheitel im Fernsehen zu sehen. Umringt von seinen
Anhänger*innen feierte [5][Jair Bolsonaro] seinen Wahlsieg. Das war
2018. Als Präsident legte er umgehend die Axt an. Er ließ Umweltauflagen
lockern, stoppte die Überwachung illegaler Aktivitäten. Tausende
Glücksritter zog es in die Region. Ein Stück Land, das schnelle Geld, das
war die Hoffnung vieler. An allen Ecken und Enden Amazoniens kam es zu
Konflikten. Und es brannte so häufig wie nie zuvor. Lima meint: „Es hat
viele Rückschritte gegeben, gerade beim Umweltschutz. Seine Amtszeit hat
großen Schaden angerichtet.“
Mit [6][Luiz Inácio „Lula“ da Silva] regiert mittlerweile ein Mann, der
sich Umweltschutz auf die Fahne schreibt. Innerhalb einiger Monate ging die
Abholzung tatsächlich stark zurück. Aber Lula ist für seinen Pragmatismus
bekannt. Auch er sucht die Nähe zum Agrobusiness. Der Kahlschlag Amazoniens
bleibt ein großes Geschäft, und der Landwirtschaftssektor hat weiterhin
viel Einfluss. Lima meint: Ein bisschen besser sei es unter Lula schon.
„Aber wir können uns nicht nur auf die Regierung verlassen.“
Gemessen an der Bevölkerung leben in keinem Bundesstaat mehr Indigene als
in Roraima. Lima gehört zum Volk der Wapichana. In seiner Einheit gibt es
aber auch Macuxi. Ein anderes Volk mit einer anderen Sprache. In einigen
Gebieten gibt es Konflikte zwischen unterschiedlichen indigenen Völkern.
Nicht in der Serra da Moça. An diesem Tag gelingt es, das Feuer
einzukreisen. Von der Ladefläche eines Jeeps wird ein Schlauch
weitergereicht, ein Motor rattert. Im Tank befinden sich tausend Liter
Wasser. Als der Strahl auf die Flammen trifft, dampft und zischt es.
Dass sie einmal so professionell arbeiten würden, hätte sich Lima noch vor
einigen Jahren nicht vorstellen können. Er erinnert sich gut daran, wie die
Mitarbeiter der Umweltbehörde Ibama in sein Dorf kamen. Es gebe ein neues
Projekt, erzählten sie, Prevfogo. Jeder könne sich bewerben – was jedoch
niemand aus Limas Gemeinde tat. „Die Feuerwehr ist sehr hierarchisch“, sagt
Lima. „Wir Indigene sind es nicht gewöhnt, Befehle wie in einer Kaserne zu
bekommen.“
Die Wapichana, Limas Volk, gelten als zurückhaltend. Die Skepsis gegenüber
Fremden hängt mit der brutalen Geschichte zusammen. Aber auch mit vielen
nicht eingehaltenen Versprechen. Krankheiten, Gewalt, Alkohol – damit
bringen viele Indigene die Weißen in Verbindung. Warum sollte es dieses Mal
anders sein, dachten sie sich damals. Doch dann brannte es immer häufiger.
Lima verschickte seine Bewerbung. Und er bekam den Job. Andere folgten ihm,
irgendwann stand eine Brigade. Das war vor neun Jahren. „Mit der Zeit haben
wir uns an die Ordnung gewöhnt, auch an die Hierarchien. Und wir sehen die
Ergebnisse.“ Nach rund zwei Stunden gibt das Feuer allmählich seinen Kampf
auf. Lima ist zufrieden mit dem Einsatz. „Das Feuer ist unter Kontrolle, es
ist aber noch nicht komplett erloschen. Das Holz glüht und raucht noch.“
Dennoch rollen sie den Schlauch ein und schleppen die Gerätschaften zurück
zu den Fahrzeugen. Es geht zurück zur Wache, quer durch das indigene
Territorium Serra da Moça, vorbei an Lehmhütten mit Strohdächern,
Palmenhainen und verwaisten Dorfplätzen. Am Rande eines kleinen Waldstücks
liegt die Wache. Dort angekommen, lassen sich Feuerwehrleute erschöpft auf
Holzbänke fallen, wischen sich den Schweiß von der Stirn. Nach einer
kurzen Pause ruft Lima die Brigade zusammen. Ein Gebet, dann gibt es
Mittagessen: Reis, Bohnen, Maniokmehl und Hühnchen.
In der Serra da Moça gibt es vier Einheiten. Insgesamt sind sie hier 33
Feuerwehrleute. Sie arbeiten im Schichtsystem, rund um die Uhr. Denn das
Feuer kennt keine Pause. Nach dem Essen zeigt Lima die kleine Wache. Er
öffnet die Tür zu einem Raum. In einer Ecke stapeln sich moosgrüne
Rücksäcke, Schlafsäcke und Matten. Auf einem Schreibtisch steht ein
Computer. „Ich musste es erst lernen, damit umzugehen. Das war echt
schwer.“ In der Serra da Moça setzen sie auf moderne Technologie. Sie
analysieren Brände mit Satellitenbildern, mit Smartphones halten sie
Kontakt nach außen. Manchmal nutzen sie auch Löschflugzeuge. Aber sie haben
sich auch uralte indigene Praktiken angeeignet. „Wir nutzen die Technik der
kontrollierten Brände.“
Schon vor dem Überfall der Europäer haben Indigene systematisch Feuer
gelegt. Am Anfang der Regenzeit brannten sie bestimmte Bereiche
kontrolliert ab. Sie zogen Brandlinien rund um ihre Dörfer und Felder. Auf
diese Weise verhinderten sie, dass die Feuer in der Trockenzeit außer
Kontrolle gerieten. Bereits Limas Großeltern machten das so.
Unkontrollierte Brände, so wie heute, habe es früher nicht gegeben. Lima
sagt: „Sie wussten, wann sie Feuer legen mussten. Sie wussten, wo sie Feuer
legen mussten.“
## „Schleichend tötet das Feuer die Region“
Lima koordiniert seit vielen Jahren die sogenannten manejos, die
kontrollierten Feuer. Zwar brennt es in diesem Jahr auch in der Serra da
Moça viel. Aber es sei nicht so schlimm wie anderswo. „Ich wohne in einem
anderen Teil des Territoriums. Dort hat ein Feuer alles zerstört. Hier
breiten sich die Feuer nicht so schnell aus.“ Für Lima sei es ein Privileg,
für seine Gemeinde zu arbeiten. Er ist ganz in der Nähe aufgewachsen, ging
hier früher mit seinem Vater jagen. Lima hat vier Kinder. Sie seien stolz
auf die Arbeit ihres Vaters. „Viele Kinder träumen davon, als
Feuerwehrleute zu arbeiten. Unsere Arbeit inspiriert die Menschen.“
Was heute in Amazonien als schier übermächtiger Gegner erscheint, war nicht
immer ein Problem. Waldbrände sind in der Evolutionsgeschichte der Region
eher selten. Doch mit dem Menschen kamen die Feuer. Gerade an den Rändern
des Regenwaldes brennt es heute besonders häufig. In Gebieten wie der
Serra da Moça, Limas Heimat. Von dort fressen sich die Feuer schleichend in
den Regenwald vor.
Am Nachmittag steht die Sonne tiefer, die Hitze ist trotzdem noch brutal.
Plötzlich kommt Unruhe auf der Wache auf. Awaylen Penho läuft zu einem
Jeep. „Ein weiteres Feuer, wir schauen es uns an.“ Die Feuerwehrleute legen
ihre Uniformen an, teilen sich auf die Fahrzeuge auf. Dann verschwinden sie
in einer Staubwolke, der nächste Einsatz ruft.
Die indigene Feuerwehr wird vom brasilianischen Staat finanziert, genauer
gesagt vom brasilianischen Umweltministerium. Prevfogo heißt das Programm.
Die Feuerwehrleute werden meist für sechs Monate angestellt, in der
kritischen Phase, das heißt: in der Trockenzeit. Sie machen eine
Ausbildung, bekommen einen Lohn. In Roraima wird das Programm unter anderem
von Davi Menezes koordiniert. Er ist viel in dem dünn besiedelten
Bundesstaat unterwegs, einen großen Teil seiner Arbeitszeit verbringt er
hinter dem Steuer. „99 Prozent unserer Feuerwehrleute sind Indigene“, sagt
er, während er über die Bundesstraße 174 gen Norden fährt. „Die, die es
nicht sind, sind mit Indigenen verheiratet oder haben Familie in den
Gebieten.“
Menezes ist 34, ein kleiner Mann mit einer geduldigen, in sich ruhenden
Art. Wie so viele Bewohner*innen Roraimas zog seine Familie aus dem
armen Nordosten in die Region. Seit 2013 arbeitet Menezes bei der
Umweltbehörde Ibama. Er erinnert sich genau daran, wie er das erste Mal
eine indigene Gemeinde betrat. Abweisend hätten sie reagiert: Was will der
denn hier? „Man muss ihnen zeigen, dass man helfen will. Und dass man ein
Partner ist.“
Menezes stellte seine Arbeit vor. Und er gewann das Vertrauen der Tuxauas.
In der indigenen Sprache bedeutet das „Der, der entscheidet“. Tuxauas
vertreten die Gemeinden, sie lösen Konflikte, halten Kontakt nach außen.
Heute ist Menezes auch so etwas wie ein Vermittler. Zwischen dem
brasilianischem Staat und den Indigenen. Und oft auch zwischen zwei völlig
unterschiedlichen Perspektiven. Den Ansatz seiner Behörde erklärt er so:
„Wir versuchen, die Ziele der Gemeinden in den Fokus zu stellen. Wir
fragen, was sie wollen. Wir können nicht ankommen und ihnen etwas
aufdrängen.“
Hinter dem Fenster ziehen die endlosen Weiten Roraimas vorbei. Überall
brennt und qualmt es. Verkohlte Felder strecken sich kilometerlang durch
die Landschaft. Eine apokalyptische Szenerie. „Schleichend tötet das Feuer
die Region“, sagt Menezes. Für seine Arbeit ist der enge Kontakt mit den
Gemeinden wichtig. Heute geht es in das indigene Territorium Raposa Serra
do Sol. Es ist 1,6 Millionen Hektar groß, rund 200 Kilometer von Limas
Heimat entfernt, in Richtung venezolanischer Grenze. Es liegt in einem Tal
und ist von einer bergigen Landschaft umgeben. Wildpferde grasen am
Straßenrand.
Die Feuerwehrwache liegt im Dorf Raposa. Hier leben rund 1.000
Einwohner*innen. Es gibt zwei Kirchen, kleine Geschäfte, ein
Gemeindezentrum. Menezes hält seinen Wagen vor der Wache an. Unter einem
Baum haben sich mehrere Feuerwehrleute versammelt. Hühner gackern umher,
auf einem Grill dampfen Fische. An die Wand der Wache hat jemand das Logo
von Prevfogo gemalt. Es zeigt einen freundlichen Ameisenbär in
Feuerwehruniform, den Daumen nach oben gereckt.
An einem Tisch sitzt Rogério de Souza. Er ist 28, schlank gebaut, hat eine
jugendliche Art. Er gehört zum Volk der Macuxi und ist ganz in der Nähe
aufgewachsen. Heute beginnt seine Schicht. Das heißt: Er wird nun sieben
Tage am Stück arbeiten, danach hat er sieben Tage Pause. Während einige
Feuerwehrleute in der Wache schlafen, übernachtet Souza bei sich zu Hause.
Er wohnt im Dorf, ganz in der Nähe. Er verabschiedet sich von seinem Chef,
dann marschiert er los. Es geht eine dunkle Schotterstraße entlang, nur
wenige Autos fahren vorbei. „Heute ist alles ruhig geblieben, wir waren in
Bereitschaft.“
Eigentlich wollte Souza zum Militär. Doch er hat zwei Kinder und wurde
deshalb nicht eingezogen. Dann erfuhr er von dem Feuerwehrprogramm, er
bewarb sich. Seit fünf Jahren arbeitet er als Feuerwehrmann. Er sei stolz,
Teil der Brigade zu sein und dabei zu helfen, seine Heimat zu retten.
## Rauch und Macheten im Wald
Souza biegt von der Hauptstraße ab. Hier stehen kleine Hütten, einige haben
Strohdächer. Es ist dunkel, nur Taschenlampen spenden Licht. Hunde bellen,
aus einigen Hütten läuft Musik. Am Ende eines Weges steht Souzas Haus, es
ist aus Beton. Souza schließt die Tür auf und zieht die Uniform aus. Er
wäscht sich die Hände, dann beginnt er in seinem Rucksack zu kramen. „Ich
bereite mich jetzt noch ein bisschen auf morgen vor und räume meine Sachen
für den Einsatz zusammen.“ Souza verabschiedet sich für heute. Er will bald
schlafen gehen, damit er morgen fit ist.
Der nächste Tag beginnt früh, kurz nach der Dämmerung. Ein Feuerwehrmann
bereitet Frühstück vor, ein anderer studiert GPS-Daten auf dem Handy.
Rogério de Souza kommt angeschlendert. Er begrüßt seine Kollegen. Dann geht
er in einen kleinen, dunklen Lagerraum und schleift seine Machete. „Wir
brauchen sie, um den Weg in den Wäldern freizuschlagen.“
Der Chef ruft seine Einheit zusammen. Sie sammeln sich im Schatten eines
Baumes, stellen sich in zwei Reihen auf. Den Blick nach vorne gerichtet,
stramm gestanden. Das Ganze hat etwas Militärisches. Der Reihe nach zählen
sie durch. „Null-eins, null-zwei, null-drei …“ Dann teilen sie sich auf
zwei Autos auf. Rogério de Souza setzt sich hinter das Steuer eines
Fahrzeuges. „Wir fahren zu einem Feuer, das seit vorgestern wütet.“
Nach 40 Minuten Fahrt ist ein bewachsener Hang in Sicht. Rauch zieht
herauf. Souza legt seine Uniform an. „Wir benutzen Beinschoner, um uns vor
Schlangenbissen zu schützen. Handschuhe, damit die Hände nicht in Dornen,
Kakteen oder die Glut geraten. Die Uniform schützt uns vor der Sonne, der
Helm vor herabfallenden Ästen, die Sturmhaube, um das Gesicht zu schützen.
Und die Schutzbrille, um die Augen zu schonen.“
Dann marschieren sie los. Es geht in ein Waldstück. Souza schwingt seine
Machete, schlägt den Weg frei. Trotz des Schattens ist es brütend heiß.
Nach rund einem Kilometer wird der Weg immer steiler. Man muss klettern,
Steine lösen sich unter den Füßen. Eine kurze Besprechung. Dann entscheiden
Souza und seine Kollegen, dass es heute nicht weitergeht. Das Feuer ist zu
weit weg, der Aufstieg wäre zu gefährlich. „Wir kehren zur Wache zurück“,
sagt Souza. An diesem Tag wird es keinen Einsatz geben. Doch schon morgen
werden sie wieder ausrücken.
17 May 2024
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## AUTOREN
Niklas Franzen
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