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# taz.de -- CDUler Wanderwitz drängt auf AfD-Verbot: „Das ist absolut gerech…
> Der CDU-Abgeordnete und einstige Ostbeauftragte Marco Wanderwitz begrüßt
> das AfD-Urteil. Er drängt auf einen Verbotsantrag noch vor der
> Sommerpause.
Bild: So wird Hass und Hetze unter die Leute gebracht: Teilnehmer einer Kundgeb…
taz: Herr Wanderwitz, das Oberverwaltungsgericht Münster hat die
Verfassungsschutz-Einstufung der AfD [1][als rechtsextremer Verdachtsfall
für rechtmäßig erklärt]. Es gebe hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte,
dass die Partei Bestrebungen gegen die Menschenwürde verfolge. Eine
begrüßenswerte Entscheidung?
Marco Wanderwitz: Gerade mit den Erfahrungen, die ich in Sachsen mit der
AfD gemacht habe, muss ich sagen: Das ist absolut gerechtfertigt. Und mein
Wissen ist ein Stück weit geringer als das, was der Verfassungsschutz dem
Gericht [2][an Material vorgelegt hat]. Inzwischen hat sich die AfD immer
weiter radikalisiert, von einem Verdachtsfall kann man da kaum mehr
sprechen.
Sie sind für die CDU in Sachsen aktiv, waren einst Ostbeauftragter der
Bundesregierung und sitzen nun als Abgeordneter im Bundestag. Wie erleben
Sie die AfD vor Ort in Sachsen?
Da wird Hass und Hetze unter die Leute gebracht, von früh bis spät.
Unverhohlen etwa beim Thema Zuwanderung, wo die AfD bei uns in Sachsen eine
Obergrenze von null fordert – also keinerlei Zuwanderung mehr. Das hieße
dann auch, dass damit das Grundrecht auf Asyl hinfällig wäre. Das zieht
sich durch die ganze AfD-Politik: Für die Partei haben Menschen, die nicht
ihrem homogenen, biodeutschen Weltbild entsprechen, nicht die gleiche
Menschenwürde. Sie werden nicht als gleichwertige Staatsbürger akzeptiert.
Das kann der Rechtsstaat nicht akzeptieren. Das widerspricht dem
Menschenbild unserer Verfassung. Und daher ist die AfD völlig zu Recht bei
uns in Sachsen [3][als gesichert rechtsextrem eingestuft], genauso wie in
Thüringen oder Sachsen-Anhalt.
Braucht es diese Einstufung der AfD bundesweit?
Absolut. Wenn ich mit Abgeordneten aus Bayern oder NRW über die AfD
spreche, höre ich da keine Unterschiede: Überall wird eine Radikalisierung
beklagt, überall sind die AfD-Leute um den früheren Flügel von Björn Höcke
dominant. Dazu muss man sagen, dass die besonders radikalen Ostverbände in
der AfD ohnehin dominant sind: Sie stellen die meisten Mitglieder in der
Partei und überproportional viele Bundestagsabgeordnete. Der Partei- und
Fraktionschef Tino Chrupalla ist Sachse, [4][Europaspitzenkandidat
Maximilian Krah] ebenso. Die AfD ist also an Haupt und Gliedern
durchdrungen von Rechtsextremen. Das rechtfertigt zügig eine Hochstufung
der Gesamt-AfD als gesichert rechtsextreme Bestrebung.
Sie fordern noch mehr: [5][ein AfD-Verbot]. Seit Monaten suchen Sie dafür
nach Unterstützer*innen im Bundestag. Ist nun der Zeitpunkt, das Thema
auf die Tagesordnung im Parlament zu setzen?
[6][Viele Kolleginnen und Kollegen im Bundestag hatten mir zuletzt gesagt],
lass uns mal Münster abwarten und schauen, wie das Oberverwaltungsgericht
die AfD aktuell bewertet. Jetzt bestätigt das Urteil klar und deutlich
unsere Sicht der Dinge. Deshalb werde ich in den kommenden Tagen viele
Gespräche führen. Wir diskutieren bereits seit Wochen über einen
AfD-Verbotsantrag, nun sollten wir endlich handeln. Mein Wunsch wäre, dass
wir den Verbotsantrag noch vor der sogenannten parlamentarischen
Sommerpause des Bundestags einbringen. Am besten wäre es, Bundestag,
Bundesrat und Bundesregierung täten es gemeinsam. Aber es reicht auch einer
der drei. Die Lage ist dramatisch genug.
Aber gerade Ihre Unions-Fraktion ist sehr reserviert, auch Ihr Fraktions-
und Parteichef Friedrich Merz.
In allen Fraktionen wird kontrovers über diese Frage diskutiert, aber ich
habe auch aus fast allen Fraktionen Zusagen für einen Verbotsantrag. Und
ich nehme eine Bewegung wahr, auch bei Friedrich Merz. Noch im vergangenen
Sommer äußerte er sich sehr ablehnend, zuletzt war er offener. Insofern ist
das ein dynamischer Prozess. Und es muss ja auch nicht jeder überzeugt
sein, dass ein Verbotsantrag zu 100 Prozent erfolgreich sein wird. Am Ende
trifft die Entscheidung ein unabhängiges Gericht. Aber ich glaube fest,
dass wir eine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.
Sollte die AfD nicht eher inhaltlich gestellt und kleinbekommen werden?
Ein Verbotsverfahren ist zum einen ein demokratisches Instrument, welches
das Grundgesetz als Folge der Nazi-Barbarei bereithält. Zum anderen müssen
wir die AfD natürlich weiter auch inhaltlich stellen – und das haben wir in
den vergangenen Jahren ja auch immer wieder versucht. Das ist eine
Daueraufgabe. Aber ich glaube, die Lage ist so ernst, dass wir das
Lagerfeuer der AfD erst einmal löschen müssen, um diejenigen, die von ihr
in geistiger Geiselhaft gehalten und tagein, tagaus mit Hass befüllt
werden, wieder erreichen zu können. Und dazu ist es notwendig, dass die AfD
ihre Ressourcen verliert, vom Stadtrat bis zum Europaparlament.
Ein Verbotsverfahren wird dauern. Die Europawahl, die Landtagswahlen in
Thüringen, Sachsen und Brandenburg und etliche Kommunalwahlen stehen aber
unmittelbar bevor. Wird das Urteil von Münster der AfD da schaden?
Ich glaube, die Stammwählerschaft der AfD wird das leider nicht
erschüttern. Dass die Umfragewerte der AfD zuletzt etwas runtergingen,
könnte im Westen etwas damit zu tun haben, dass viele Sympathisierende doch
angewidert sind [7][von den russisch-chinesischen Spionageaffären der
Partei] und im Osten mit der neuen populistischen Partei von [8][Sahra
Wagenknecht]. Aber insgesamt bleibt die AfD stabil, steht bundesweit immer
noch an der Schwelle zu 20 Prozent – obwohl sie unzweideutig rechtsextreme
Positionen unter die Leute bringt. Das kann eine Gesellschaft nicht
hinnehmen, das macht sonst unser Land kaputt.
13 May 2024
## LINKS
[1] /Verfassungsschutz-gewinnt-gegen-AfD/!6009813
[2] /Rechtsextremismus/!5994465
[3] /Verfassungsschutz-stuft-AfD-Sachsen-ein/!5978757
[4] /Maximilian-Krah/!t5615131
[5] /Streitgespraech-ueber-ein-Verbot-der-AfD/!5970996
[6] /Antrag-auf-AfD-Verbot/!5974020
[7] /Nach-Spionagevorwuerfen-gegen-Mitarbeiter/!6009311
[8] /Sahra-Wagenknecht/!t5013304
## AUTOREN
Konrad Litschko
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