# taz.de -- Wissing schlägt Investitionsfonds vor: Ein Geldtopf für die Infra… | |
> Verkehrsminister Wissing bringt Schwung in die Diskussion über einen | |
> Fonds für Straße und Schiene. Verbände begrüßen das – üben aber auch | |
> Kritik. | |
Bild: Volker Wissing will einen Infrastrukturfonds, auch für Straßenprojekte | |
BERLIN taz | Ein Topf voller Geld, das mehrere Jahre lang zuverlässig in | |
die marode deutsche Verkehrsinfrastruktur fließt, sanierte Brücken und | |
neue Gleise ermöglicht – unabhängig von den jährlichen | |
Haushaltsverhandlungen im Bundestag. Das fordern Vertreter:innen aus | |
Politik und Umweltverbänden schon seit Langem, zumindest für das | |
Schienennetz. | |
Jetzt hat ein Vorschlag von Volker Wissing (FDP) die Debatte über einen | |
sogenannten Infrastrukturfonds in der Bundesregierung in Schwung gebracht. | |
Allerdings stößt der Bundesverkehrsminister mit einigen Punkten seiner | |
Idee auf Kritik. | |
Der Erhalt der Eisenbahnstrecken, Straßen und Brücken in Deutschland | |
[1][kostet in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Euro]. Dafür hat | |
Wissing eine „nachhaltige Finanzierungslösung“ gefordert und einen | |
„Infrastrukturinvestitionsfonds“ in den Raum gestellt. | |
Ein solcher Fonds solle Gelder für Schienen, Straßen und Wasserwege für | |
mehrere Jahre bereitstellen. Auch private Gelder, zum Beispiel aus Anlagen | |
in Versicherungen oder Rentenfonds, könnten dafür fließen: Er halte es für | |
eine gute Idee, privates Kapital zu mobilisieren und dann in die | |
Infrastruktur zu investieren, sagte der FDP-Politiker vergangene Woche. | |
## Infrastruktur gegen Rendite? | |
„Der privatwirtschaftliche Ansatz ist nicht zielführend“, kritisiert | |
hingegen Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim Bund für Umwelt und | |
Naturschutz Deutschland (BUND). Unternehmen würden nur dann in einen | |
Infrastrukturfonds investieren, wenn sie hohe Renditen erwarten können. | |
Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, zum Beispiel in das | |
Schienennetz, lohnen sich zwar auf lange Sicht für den Bund – für | |
Anleger:innen sind sie jedoch oft nicht direkt finanziell profitabel. | |
Auch Politiker:innen aus den anderen Regierungsparteien verweisen | |
darauf, dass der Fonds nicht allein aus privatem Geld bestehen könne: Es | |
seien so hohe Investitionen in die Infrastruktur nötig, dass es auch | |
öffentliche Mittel brauche, sagt etwa Isabel Cademartori, | |
verkehrspolitische Sprecherin der SPD. | |
Die Ampelkoalition wollte ursprünglich bis 2027 bis zu 45 Milliarden Euro | |
zusätzlich in die Deutsche Bahn und die Sanierung der Schieneninfrastruktur | |
stecken. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur | |
Haushaltsplanung im November [2][kürzte die Regierung diese Summe jedoch] | |
auf rund 27 Milliarden Euro. Straßenprojekte dagegen waren kaum von | |
Sparmaßnahmen betroffen. | |
Wenn der Bund einen Infrastrukturfonds auf die Beine stellt, sei wichtig, | |
welche Projekte damit bezahlt werden, sagt Hilgenberg vom BUND: „Möglichst | |
viele neue Autobahnen?“, fragt der Verkehrsexperte rhetorisch. „Oder erst | |
mal die Sanierung der maroden Brücken, Schienen und Straßen, die es schon | |
gibt? Das ist eine entscheidende Frage.“ Instandhaltung und Schienennetz | |
müssten klare Priorität haben, sagt Hilgenberg. | |
## BUND wirbt für Schienenfonds | |
Genau wie Matthias Gastel, Bahnexperte der Grünen im Bundestag, wirbt er | |
ohnehin dafür, einen Fonds allein für die Bahninfrastruktur aufzusetzen. | |
Gastel saß in der sogenannten Beschleunigungskommission Schiene des | |
Bundestages. Die habe dem Verkehrsministerium schon vor einer Weile | |
empfohlen, einen Extratopf für die Schiene einzurichten, erklärt der Grüne | |
der taz: einmal für die Instandhaltung und den Ersatz kaputter Gleise, | |
einmal für den Neu- und Ausbau des Schienennetzes. | |
Doch auch da stelle sich die Frage, woher das Geld kommt, räumt Gastel ein. | |
Eine Alternative zur Privatfinanzierung wäre, dass eine Gesellschaft für | |
den Bahnkonzern Kredite aufnimmt und der Staat die Rückzahlung über die | |
Zeit streckt, für die die jeweilige Infrastruktur geschaffen wird – | |
[3][nach österreichischem Vorbild]. | |
Auf diese Weise würden sich die Kredite nicht in der Staatsverschuldung | |
niederschlagen und den Bundesetat in den einzelnen Jahren nur überschaubar | |
belasten. „Mit der Schuldenbremse sind die nötigen Investitionen nicht zu | |
finanzieren, das ist das Grundproblem“, sagt Gastel. | |
## Wissing will nicht an Schuldenbremse rütteln | |
Bei seiner Idee eines Infrastrukturfonds gehe es Wissing nicht darum, die | |
Schuldenbremse aufzuweichen, betont ein Sprecher des Ministers. FDP-Chef | |
Christian Lindner, der sonst [4][für eine strikte Einhaltung der | |
Schuldenbremse] ist, hatte sich in der vergangenen Woche positiv zur | |
Möglichkeit der Privatfinanzierung geäußert. Zu den alternativen | |
Vorschlägen, zum Beispiel zur Finanzierung über Kredite, nahm das | |
Bundesfinanzministerium auf Anfrage der taz bis Redaktionsschluss nicht | |
Stellung. | |
Wann Wissings Vorschlag realisiert werden könnte, ist unklar. Der Minister | |
habe einen Denkanstoß geliefert, sagt sein Sprecher der taz. Jetzt müsse | |
ausgelotet werden, wie genau ein Infrastrukturfonds auszusehen hätte, wenn | |
er das Schienen- und Straßennetz langfristig finanzieren soll. | |
2 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Erneuerung-des-Schienennetzes/!5997684 | |
[2] /Nach-Karlsruher-Urteil-zum-Bundes-Etat/!5971430 | |
[3] https://www.bmk.gv.at/themen/verkehr/eisenbahn/infrastruktur_fahrzeuge.html | |
[4] /Steuerplaene-von-FDP-und-Gruenen/!5998876 | |
## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
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