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# taz.de -- Klimabilanz 2023: Deutschlands CO₂-Ausstoß gesunken
> Der Rückgang klimaschädlicher Emissionen lag zum Teil an der schwachen
> Wirtschaft. Dennoch blickt die Regierung optimistisch auf die Klimaziele
> 2030.
Bild: Gut für die Klimabilanz: Der Ausbau der Windkraft kommt voran, wie hier …
Berlin taz | Der Ausstoß von Treibhausgasen, die die Erde aufheizen, ist in
Deutschland 2023 deutlich zurückgegangen. Das ergibt die jährliche
[1][Emissionsbilanz] des Umweltbundesamts, die die Behörde am Freitagmorgen
vorgestellt hat. Insgesamt wurden danach 673 Millionen Tonnen Kohlendioxid
ausgestoßen. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Rückgang von knapp über zehn
Prozent.
Ist die Klimaschutzlücke, die die Große Koalition ihrer Nachwelt
hinterlassen hat, damit geschlossen? Die Bundesregierung ist optimistisch:
„Wir sind auf Kurs“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
bei der Vorstellung der Daten.
Das Umweltbundesamt hat in seinen Berechnungen nicht nur zurückgeschaut,
sondern auch nach vorne. Im Jahr 2030 dürfte Deutschland seine Emissionen
demnach gegenüber 1990 um 64 Prozent gesenkt haben. Nur ein Prozentpunkt
mehr müsste es sein, um die Vorgaben des deutschem Klimaschutzgesetzes zu
erfüllen. Im Jahr 2045 will Deutschland klimaneutral sein, also praktisch
keine Emissionen mehr verursachen – oder nur noch solche Mengen, wie man
sie der Atmosphäre etwa durch Wälder oder auf technologischem Wege auch
wieder entziehen kann.
„Mit Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine hatten viele die Sorge, dass wir
eine Renaissance der Kohle und anderer fossiler Energieträger sehen
werden“, sagte Dirk Messner, Chef des Umweltbundesamts. „Wir wissen heute,
dass das nicht passiert ist. Das liegt vor allem am sehr erfolgreichen
Ausbau der erneuerbaren Energien.“
## Zu viele Autos
Nur: In dem Ausblick auf 2030 ist beispielsweise noch nicht eingerechnet,
dass im Zuge der Haushaltskrise Ende vergangenen Jahres rund 60 Milliarden
Euro aus dem sogenannten Klima- und Transformationsfonds gestrichen wurden.
Der ist die Geldquelle für zahlreiche Klimaschutz-Projekte der
Ampel-Regierung. Habeck erwartet dennoch keinen großen Effekt auf die
Klimabilanz. Man habe vor allem an Stellen gespart, die sich auf die
Emissionen nicht so stark auswirken würden.
Ein genauerer Blick auf die Zahlen von 2023 offenbart auch Schwachstellen
auf dem Kurs in die Zukunft – vor allem für die Zeit nach 2030. Von einem
„Sorgenkind“ sprach Messner etwa in Bezug auf den Verkehr. Die CO2-Grenzen,
die das deutsche Klimaschutzgesetz der Fortbewegung von Menschen und Gütern
setzt, wurden im vergangenen Jahr erneut deutlich gesprengt.
Das liegt vor allem an den vielen Autos: [2][Der Pkw-Verkehr hat sogar
leicht zugenommen]. Weil die allermeisten Autos immer noch mit Benzin und
Diesel fahren, ist das fürs Klima eine schlechte Nachricht. In der
Gesamtschau konnte das dieses Jahr ausgeglichen werden, weil es in anderen
Bereichen besser gelaufen ist als erwartet, der Strom ist zum Beispiel
grüner geworden.
Die Emissionen der Kraftwerke gingen so mit 20 Prozent besonders deutlich
zurück. Der Energiesektor ist für den Klimaschutz der wichtigste. Der
Ausbau von Wind- und vor allem Solarenergie hat wieder Schwung aufgenommen
und vielfach durch Kohlekraftwerke erzeugte Energie verdrängt. Dabei half
allerdings auch der um fast vier Prozent geringere Stromverbrauch. Zudem
importierte Deutschland im vergangenen Jahr seit langem erstmals mehr Strom
aus dem Ausland als es exportierte, was günstig für die Klimabilanz ist.
Ein Grund dafür war, dass die französischen Atomkraftwerke 2023 wieder mehr
produzierten als 2022, als zahlreiche Meiler wegen Reparaturen vom Netz
genommen wurden.
## Wirtschaftsflaute gut fürs Klima
Auch die Industrie war CO2-ärmer als es das Klimaschutzgesetz von ihr
verlangt – [3][allerdings vor allem wegen der schwächelnden Wirtschaft nach
Corona-Pandemie und Energiekrise]. Es wurde also nicht wirklich
klimafreundlicher produziert, sondern in erster Linie weniger.
Deutschlands Gebäude sind zudem weiter zu klimaschädlich, obwohl wegen des
milden Wetters und der hohen Energiepreise wenig geheizt wurde. Das hat
durchaus zu einem Rückgang der Emissionen geführt, aber eben nicht genug.
Der Knackpunkt ist hier der Heizungsaustausch: Immer noch sind zu viele
Heizungen fossil betrieben. Vor allem geht es dabei um Gas als
Energieträger, aber auch Öl oder – vor allem per Fernwärme geliefert –
Kohle spielen eine Rolle.
Klimaschützer*innen teilen Habecks positive Sicht auf die Dinge
deshalb nur teilweise. „Es ist gut, dass das Klimaziel 2030 in Reichweite
rückt, doch müssen wir im Blick haben, dass viele dieser Einsparungen auf
die schwache Wirtschaft und Verhaltensänderungen infolge der fossilen
Energiekrise, des Ukrainekrieges und der Coronakrise zurückgehen“, sagte
Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz. „Insbesondere beim Verkehr sehen
wir keinen Plan, wie es uns gelingen soll, die Emissionen bis 2045 auf null
zu senken.“
Langkamp kritisierte das FDP-geführte Verkehrsministerium. „Das ist das
Ergebnis der Verweigerungspolitik insbesondere von Verkehrsminister Volker
Wissing“, so die Expertin. „Der Minister versagt den Menschen eine
günstige, sichere und klimafreundliche Mobilität und setzt lieber auf
Autobahnbau. In Zeiten einer eskalierenden Klimakrise ist das völlig
verantwortungslos.“
So sieht es auch der Deutsche Naturschutzring (DNR): „Wieder hat
insbesondere der Verkehrssektor das Klimaziel um 13 Millionen Tonnen CO2
klar verfehlt. Die massive Klimalücke im Verkehrssektor ist das logische
Ergebnis einer Politik, die Technikgläubigkeit und fossilen Lobbyismus über
Wissenschaft und Rationalität stellt“, sagte DNR-Präsident Kai Niebert.
Ein großer Teil der erzielten Minderung sei „konjunktur- und preisbedingt
und bleibt ein vorübergehender Effekt, wenn jetzt nicht effektiv
nachgesteuert wird“, kritisierte auch BUND-Vorsitzender Olaf Bandt. Der
Handlungsdruck für die Bundesregierung sei weiterhin groß. Im
Verkehrssektor fehlten „schnell wirksame Maßnahmen wie ein Tempolimit
gänzlich“. Der Gebäudesektor erreiche trotz der Einsparungen der
Bürger*innen und einem milden Winter „die Ziele nicht, heute wie 2030“.
15 Mar 2024
## LINKS
[1] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11740/publikation…
[2] /Forscherin-ueber-hoehere-SUV-Parkgebuehren/!5987202
[3] /Deutschland-2023-weniger-klimaschaedlich/!5980054
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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