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# taz.de -- Bodentruppen für die Ukraine?: Macron lenkt nur ab
> Frankreichs Präsident zeichnet ein brandgefährliches Szenario.
> Stattdessen sollte das Land seine kläglichen Waffenhilfen für die Ukraine
> endlich ausweiten.
Bild: Dann schick halt Waffen, Emmanuel Macron!
Emmanuel Macron dürfte zufrieden sein. [1][Seine öffentlich vorgetragenen
Gedankenspiele über die Entsendung von Soldatinnen und Soldaten westlicher
Staaten] in die Ukraine haben dem französischen Präsidenten eine maximale
internationale Aufmerksamkeit beschert. „Wir werden alles tun, was nötig
ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann“, hat Macron im
Anschluss an die Pariser Hilfskonferenz für die Ukraine vollmundig
versprochen und in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen, „offiziell
Bodentruppen zu entsenden“.
Dabei weiß er genau, dass ein direktes militärisches Eingreifen von
Nato-Staaten aufseiten der angegriffenen Ukraine zwar nicht im Widerspruch
zur UN-Charta und dem Völkerrecht stehen würde, aber [2][möglicherweise zur
weiteren Existenz der Menschheit]. Das Risiko eines Atomkriegs macht das
Diktum von Bundeskanzler Olaf Scholz schlicht vernünftig, eine direkte
Kriegsbeteiligung auszuschließen.
Was soll das also? Hier der entschlossene und zu allem bereit erscheinende
Präsident Frankreichs, dort der zaudernde und ängstliche deutsche Kanzler –
das so unterschiedliche öffentliche Auftreten der beiden so verschiedenen
Charaktere befeuert zwar dieses Zerrbild. Mit der Realität hat es aber
wenig zu tun. Mit seiner kraftstrotzenden Rhetorik versucht Macron vielmehr
abzulenken von der frappierenden Zurückhaltung Frankreichs bei der Hilfe
für die Ukraine.
Dass das Land bisher der russischen Soldateska standhalten konnte, verdankt
sich ganz gewiss nicht des großen Engagements Frankreichs – denn das gibt
es nicht. Tatsächlich bewegt sich sowohl dessen militärische als auch
humanitäre Unterstützung auf einem jämmerlich niedrigen Niveau. Sie macht
nicht einmal ein Zehntel von dem aus, was die Bundesrepublik der Ukraine
zukommen lässt.
Laut dem [3][„Ukraine Support Tracker“ des Kiel Instituts für
Weltwirtschaft] belief sich die geleistete und die zugesagte Unterstützung
Frankreichs für die Ukraine vom 24. Februar 2022 bis zum 15. Januar dieses
Jahres auf insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro, das sind knapp 0,07 Prozent
des französischen Bruttoinlandprodukts (BIP). Im gleichen Zeitraum
summierten sich die Hilfsleistungen Deutschlands auf rund 22,1 Milliarden
Euro, was etwa 0,57 Prozent des deutschen BIP entspricht. Bei den
humanitären Leistungen steht die BRD auf Platz 1, bei den militärischen auf
Platz 2 hinter den USA. Frankreich rangiert bei der humanitären Hilfe auf
Platz 9, bei der militärischen Unterstützung auf Platz 16.
Dabei ist es nicht so, dass sich Frankreich keine stärkere Unterstützung
leisten könnte. Es ist eine Frage der Prioritätensetzung, wenn der
französische Staat für die Olympischen Spiele im Sommer in Paris mehr als
das Vierfache springen lässt als für die angegriffenen Menschen in der
Ukraine. Eine Frage von Prioritäten ist es auch, wenn Frankreich weiter an
seinen strahlenden Urangeschäften mit Russland festhält.
Eindringlich appellierte Wolodymyr Selenskyj auf der Münchner
Sicherheitskonferenz, endlich alle Lücken und Schlupflöcher bei den
Sanktionen zu schließen. Ausdrücklich nannte er dabei den Nuklearsektor.
Doch dank Macron ist Uran aus Russland bis heute kein Bestandteil der
EU-Sanktionspakete. Das wird auch nicht dadurch besser, dass andere
EU-Länder wie Österreich oder Ungarn immer noch in großem Maßstab ihr Gas
aus Russland beziehen. All das mindert den Druck auf das Putin-Regime und
hilft ihm, seinen Krieg fortzusetzen.
Anders als von Macron behauptet, unternimmt sein Land keineswegs alles,
damit Russland den Krieg nicht gewinnen kann. Ja, im Gegensatz zu
Deutschland hat es ebenso wie Großbritannien Marschflugkörper an die
Ukraine geliefert. Und sicherlich nutzt das dem bedrängten Land, so wie
auch der Taurus nutzen würde. Aber die völlig überzogene Taurus-Diskussion,
durchzogen von einem merkwürdigen deutschen V2-Wunderwaffenglauben, täuscht
darüber hinweg, dass das Problem nicht Scholz und der deutsche Beitrag zur
Ukraine-Unterstützung ist.
Wenn sich die Chance für die Ukraine erhöhen soll, der russischen
Militärmacht standzuhalten, wird Frankreich seine Anstrengungen zumindest
auf das Niveau Kanadas, Japans oder der skandinavischen Länder, besser noch
Deutschlands bringen müssen. Angesichts der politischen Unsicherheiten in
den USA ist die Entschlossenheit der europäischen Staaten zu einer auch
längerfristigen Unterstützung der Ukraine mit ausreichend Waffen und
Munition eine entscheidende Voraussetzung, um irgendwann das Fenster für
Friedensverhandlungen über einen vollständigen Abzug der russischen
Truppen zu öffnen. Macrons verbale Kraftmeiereien werden nicht ausreichend
sein.
2 Mar 2024
## LINKS
[1] /Frankreich-ueber-Bodentruppen/!5992162
[2] /Westliche-Bodentruppen-in-der-Ukraine/!5992179
[3] https://www.ifw-kiel.de/topics/war-against-ukraine/ukraine-support-tracker/
## AUTOREN
Pascal Beucker
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