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# taz.de -- EU-Verfahren gegen Ungarn: „Souveränitätsgesetz“ hat Folgen
> Laut EU-Kommission verstößt Ungarns Gesetz gegen „ausländische
> Einmischung“ gegen Grundrechte. Orbán könnte das im EU-Wahlkampf nutzen.
Bild: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hält an seinem „Souveränitä…
Wien taz | Ungarns Premier Viktor Orbán ist mit neuem Gegenwind aus Brüssel
konfrontiert: Das im Dezember von seiner Regierung beschlossene
„Souveränitätsgesetz“ ist Anlass für ein Vertragsverletzungsverfahren der
Europäischen Kommission. Das Gesetz gegen [1][„ausländische Einmischung“]
verstoße gegen mehrere europäische Grundrechte. Unter anderem die
Meinungsfreiheit sei damit in Gefahr, so die Kommission am Mittwoch.
Ungarn werde dessen ungeachtet am Gesetz festhalten, kündigte der für die
Presse zuständige ungarische Staatssekretär Zoltán Kovács bereits an:
„Brüssel und die Dollar-Linke greifen das Souveränitätsgesetz an, weil es
ihr Ziel ist, die Einflussnahme aus dem Ausland über die von Soros
rollenden Dollars zu verhindern.“ Gemeint sind George Soros und dessen Sohn
Alexander Soros, Feindbilder Orbáns, die mit ihrer Stiftung seit Jahren die
ungarische Zivilgesellschaft unterstützen.
Es ist nicht das erste Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn – 2021
etwa ging die Europäische Kommission bereits [2][gegen
LGBT-Diskriminierung] vor. Dass das Souveränitätsgesetz gegen EU-Recht
verstößt, hat sich abgezeichnet – nicht unbedingt aber, wie schnell Brüssel
diesmal reagieren würde.
Ungarische Journalisten und Experten verglichen das neue Gesetz mit dem
russischen Gesetz über „ausländische Agenten“ von 2012. Ursprünglich vor
allem gegen NGOs eingesetzt, wurden damit ab 2017 vermehrt auch russische
Medienhäuser und Journalisten ins Visier genommen.
## NGOs: Gesetz sei „politisches Propagandaprojekt“
Eine solche Entwicklung fürchtet auch die Zivilgesellschaft in Ungarn.
„Jeder, der sich heute in demokratische Debatten einbringt oder die
Öffentlichkeit informiert, steht damit unter Generalverdacht der
Mächtigen“, schrieben zehn unabhängige Medienunternehmen. Bei dem Gesetz
handle sich um „ein politisches Propagandaprojekt“, hieß es von zahlreichen
NGOs, darunter Amnesty International und Transparency International.
Ungarn muss nun binnen zwei Monaten auf das Schreiben der Europäischen
Kommission antworten. Wenn die bemängelten Probleme nicht behoben werden,
drohen Ungarn weitere Verschärfungen bis hin zu einer Klage am Europäischen
Gerichtshof, die mit hohen Strafzahlungen enden könnte.
Bis dahin dürfte aber noch viel Zeit ins Land gehen – und die EU-Wahl im
Juni. Orbáns Fidesz-Partei wird das nun angekündigte Verfahren im Wahlkampf
zu nutzen wissen, sagt Bulcsú Hunyadi, Politikwissenschaftler am
ungarischen Thinktank Political Capital. „Er will seine Wähler wieder
einmal glauben machen, dass es Brüssel auf Ungarn abgesehen hat.“
Für diese These spricht auch die Geschwindigkeit, mit der das Gesetz
implementiert werden sollte. Beschlossen am 12. Dezember, sollte die dafür
neu aus dem Boden gestampfte Behörde schon Anfang Februar den Betrieb
aufnehmen. Tatsächlich gebe es noch nicht einmal das Gebäude bzw. die Räume
dafür, sagt Hunyadi. An einen Regelbetrieb sei noch nicht zu denken.
## EU versucht, mit juristischen Mitteln gegenzuhalten
Dass Orbán auf den jetzigen Druck einlenken könnte, glaubt der Politologe
nicht. „Orbán musste damit rechnen, dass das Gesetz gegen die Werte und
Grundrechte der EU verstößt. Er weiß aber auch, dass
Vertragsverletzungsverfahren viele Jahre dauern können.“ Gefährlich würden
sie ihm daher nicht.
Zwar musste Ungarn im Europäischen Rat zuletzt bei wichtigen Entscheidungen
einknicken, etwa bei den [3][kürzlich beschlossenen Hilfsgeldern für die
Ukraine]. Noch immer versuche die EU jedoch, ausschließlich mit
juristischen Mitteln – wie das neue Vertragsverletzungsverfahren – gegen
das illiberale System Orbán anzuhalten, sagt Hunyadi.
Viel mehr kann die Europäische Kommission, die als „Hüterin der Verträge“
gilt, tatsächlich auch nicht machen. Es sei aber hoch an der Zeit, dass die
Mitgliedsstaaten Orbán auch politisch unter Druck setzen, so der Experte.
Davon sei weiterhin nichts zu sehen.
8 Feb 2024
## LINKS
[1] /Repressionen-in-Ungarn/!5974878
[2] /Treffen-zwischen-Erdoan-und-Orban/!5977796
[3] /EU-Einigung-bei-der-Ukraine-Hilfe/!5985945
## AUTOREN
Florian Bayer
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Ungarn
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Schwerpunkt Antifa
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