| # taz.de -- Forscherin Bake über Frauenbiografien: „Platz im öffentlichen G… | |
| > Rita Bake ist Frauenforscherin. Sie interessiert sich für die Schicksale | |
| > von Hamburger Frauen und bewahrt sie so auch vor dem Vergessen. | |
| Bild: Ein Faible für Blau: Rita Bake in ihrer Wohnung | |
| wochentaz: Frau Bake, stimmt es, dass Ihre Eltern Flussschiffer waren? | |
| Rita Bake. Ja. Mein Großvater und damit auch meine Mutter waren | |
| Binnenschiffer. 1935 absolvierte meine Mutter einen Maschinistenlehrgang. | |
| Damit konnte sie auf dem Motorkahn die Wartung der Schiffsmaschine | |
| übernehmen und den Maschinisten ersetzen, den man sonst für solch ein | |
| großes Motorschiff hätte einstellen müssen. Mit dem Schiff, das meinem | |
| Großvater gehörte, sind sie auf der Ostsee, auf Rhein und Schelde bis in | |
| die Niederlande, nach Antwerpen sowie nach Straßburg gefahren. | |
| Transportiert haben sie vor allem Kies und Kohle. Wenn sie im Winter nicht | |
| fahren konnten, wohnten sie in Königsberg, dem heute russischen | |
| Kaliningrad. | |
| Wie lange lebte die Familie dort? | |
| Zum Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Rote Armee näher rückte, sind die | |
| Schwestern meiner Mutter im Januar 1945 zu einer Tante nach Oberfranken | |
| geflohen. Mein Großvater und meine Mutter flüchteten mit dem Schiff über | |
| die Ostsee zur Elbe. Meine Großmutter hatte im Herbst 1944, nachdem sie | |
| erfahren hatte, dass ihr Sohn als Soldat in Norwegen getötet worden war, | |
| einen Schlaganfall erlitten. Mein Großvater und meine Mutter blieben bei | |
| ihr, bis sie gestorben war. Erst dann flohen sie. | |
| Wohin gingen sie? | |
| Nach Bremen. Eine meiner Tanten hatte in Königsberg bei einer Tiefbaufirma | |
| gearbeitet, deren Hauptfirmensitz in Bremen war. So war Bremen der | |
| Treffpunkt für die Familie geworden. Das Binnenmotorschiff meines | |
| Großvaters war allerdings in den letzten Kriegsmonaten im Hamburger Hafen | |
| durch Bombenangriff gesunken. Es fand sich dann ein Jahr vor der | |
| Währungsreform ein Käufer, der das Schiff heben und überholen wollte. Mein | |
| Großvater verkaufte das Schiff, aber dann kam die Währungsreform und das | |
| Geld war kaum noch etwas wert. Das war die große Tragik, die sie nie | |
| richtig verwunden haben. | |
| Wie fing die Familie neu an? | |
| Sie kamen in Ritterhude bei Bremen in einer Behelfsbaracke unter. Mein | |
| Großvater lebte sehr pietistisch-protestantisch. In diesem Sinne hatte er | |
| auch seine Kinder erzogen. Er war Mitglied des [1][Blauen Kreuzes], einer | |
| evangelischen Vereinigung für Prävention und Suchthilfe, deren Mitglieder | |
| alkoholfrei leben. Denn er hatte das Elend bei Binnenschifferfamilien | |
| gesehen, wenn es dort Alkoholprobleme gab. Als mein Großvater 1948 starb, | |
| waren die drei Töchter um die 30 Jahre alt. | |
| Wie schlugen sie sich durch? | |
| Meine Mutter ist öfter zum Bremerhavener Fischereihafen gefahren, um Fisch | |
| zu kaufen. Dort hat sie meinen Vater kennengelernt, einen verwitweten | |
| Fischgroßhändler. Seine erste Frau und sein sechsjähriger Sohn waren bei | |
| einem Bombenangriff auf eine Wohnsiedlung getötet worden. Seine Tochter | |
| wurde verschüttet und überlebte. Das Tragische: Der kleine Sohn sah, | |
| draußen spielend, die Bomber kommen und lief zu seiner Mutter ins Haus. | |
| Wäre er draußen geblieben, hätte er wohl überlebt. So stand mein Vater mit | |
| einem Kind allein da und suchte eine neue Frau, wie das eben so ist. | |
| Seine Familie hatte andere Pläne? | |
| Ja, eigentlich wollte seine verwitwete Schwester angesichts ihrer winzigen | |
| Witwenrente ihm den Haushalt führen, um so finanziell abgesichert zu sein. | |
| Das wurde durchkreuzt durch die Heirat meines Vaters mit meiner Mutter im | |
| Jahr 1949. Gleich nach der Trauung übergab er meiner Mutter die Grabstätte, | |
| auf der seine erste Frau und der Sohn bestattet waren, zur Pflege. | |
| Wie waren Ihre Mutter und Sie in die Familie Ihres Vaters integriert? | |
| Sie war nicht begeistert davon, dass eine Flüchtlingsfrau einen der nach | |
| dem Krieg raren Männer heiratete. Das bekamen meine Mutter und ich – ich | |
| wurde 1952 geboren – deutlich zu spüren: Ich hatte immer das Gefühl des | |
| Abgelehntwerdens nach dem Motto „du bist der Eindringling“. Meine Mutter | |
| und meine Tanten sprachen immer von „den Einheimischen“, die sich gegenüber | |
| den Flüchtlingen abschotteten. Und man weiß ja auch aus wissenschaftlichen | |
| Untersuchungen, dass dieses Verhältnis schon immer schwierig war. | |
| Waren Ihre Mutter und Tanten verbittert, weil sie hatten fliehen müssen? | |
| Nein, aber sie haben getrauert und viel erzählt. Ich glaube, ich weiß mehr | |
| über Ostpreußen als über Norddeutschland. Sie haben oft von der malerischen | |
| Gegend um das Kurische Haff geschwärmt. Das hat mich auch wirklich | |
| interessiert, schon als Kind. Mit großer Begeisterung habe ich die Massen | |
| von Bildern durchgesehen, die sie mitgenommen hatten. Und dadurch, dass das | |
| Schiff den Großteil des Jahres unterwegs war, waren sie alle an | |
| verschiedenen Orten geboren. Meine Mutter in Königsberg, die eine Tante in | |
| Wischwill (heute litauisch Viešvilė), die andere in Danzig (heute polnisch | |
| Gdańsk). Jede hat mir von ihrer Geburtsstadt erzählt. | |
| Und was haben Ihre Tanten und Ihre Mutter von der Kindheit auf dem Schiff | |
| erzählt? | |
| Dass die Eltern zum Beispiel immer Angst hatten, dass die Kinder in die | |
| Ladeluke fallen. Teilweise wurden die Kinder mit einer Leine an Deck | |
| angebunden. Wichtig war auch, in der Kälte nicht auf dem vereisten Holzsteg | |
| auszurutschen, über den man an Land ging. Das ist ihnen immer wieder | |
| eingebleut worden, damit sie nicht zwischen Schiff und Kaimauer fielen. Da | |
| wären sie nicht mehr herausgekommen. Allerdings konnten alle drei sehr gut | |
| schwimmen, klar. Alles, was meine Mutter konnte – das war unsere | |
| Arbeitsteilung – habe ich selbst nie oder spät gelernt. Ich habe zum | |
| Beispiel erst mit 60 schwimmen gelernt. | |
| Sie können auch kein Schiff steuern. | |
| Nein. Meine Mutter war auch handwerklich sehr begabt, konnte wunderbar | |
| nähen. Ich kann all solche Dinge nicht. Sie sagte immer zu mir: „Lern du | |
| mal, ich mache das andere.“ Sie fand Hausarbeit furchtbar und hat immer | |
| gesagt: Rita, du musst Abitur machen, du musst Bildung haben, damit du Geld | |
| verdienen kannst und nicht abhängig wirst von einem Mann. | |
| Und wie emanzipiert waren Ihre Tanten? | |
| Als sie als Flüchtlinge eine Entschädigung, [2][den „Lastenausgleich“], | |
| bekamen, wollten sie mit dem Geld einen Fischgroßhandel gründen. Dafür | |
| brauchten sie in der patriarchalen Welt des Hafens einen männlichen | |
| Geschäftsführer. Also sind sie lange Zeit frühmorgens zu den Auktionen im | |
| Bremerhavener Fischereihafen gegangen, um zu schauen, welcher Mann tüchtig | |
| war. Aber niemand wollte unter weiblicher Führung arbeiten. Dass es an | |
| diesem patriarchalen System lag, haben meine Tanten nie verstanden. Sie | |
| dachten: Egal, von wem das Geld kommt – da kriegt ein Mann eine gute | |
| Anstellung und wird gut bezahlt. Warum ergreift niemand diese Chance? | |
| Sind Sie mal mitgegangen zu den Fischauktionen? | |
| Ja, als Kind habe ich meinen Vater oft begleitet. Das ist sehr spannend: Da | |
| stehen die Händler auf den mit Fischen gefüllten Fischkisten, die von den | |
| Schiffen kommen, und ein Auktionator versteigert die Ware. Als Laie | |
| versteht man gar nichts. | |
| Wegen des Dialekts? | |
| Nein, sondern weil der Auktionator ganz schnell die Preise der Waren | |
| ausruft. Wenn die Händler für bestimmte Fischware den Zuschlag bekommen, | |
| werfen sie Zettel, auf denen der Name ihrer Firma steht, auf die | |
| ersteigerten Fischkisten. Nach der Auktion bringen Arbeiter die Kisten zu | |
| den Firmen. So was fand ich als Kind toll. Da war immer viel los, und es | |
| ist auch eine besondere Atmosphäre. Ich weiß nicht, wie das heutzutage ist. | |
| Aber damals kannte man sich untereinander, da waren noch nicht diese großen | |
| Konzerne dabei, sondern da waren nur die traditionellen, selbstständigen | |
| Fischgroßhändler. | |
| Herrschte keine Konkurrenz? | |
| Natürlich standen sie in Konkurrenz zueinander, aber es gab auch | |
| Gemeinschaft. Als Bremerhavener Fischkaufleute unternahmen sie jedes Jahr | |
| einen „Familienausflug“: Familie Unterweser. Ich habe Fotoalben davon, und | |
| man sieht, dass da viel Zigarre geraucht und viel getrunken wird. | |
| Durften Sie im Betrieb Ihres Vaters mithelfen? | |
| Ja, und ich bin meinem Vater sehr dankbar dafür, dass er mich als Kind | |
| schon mit eingespannt hat. In Familienbetrieben ist es normal, dass Kinder | |
| einbezogen werden, und ich finde das richtig: Sie lernen, Verantwortung zu | |
| übernehmen, und erfahren Wertschätzung. Das ist für den weiteren Lebensweg | |
| gut, denn durch die Erfahrung, dass Erwachsene einem Kind etwas zutrauen, | |
| wird es schon früh selbstsicherer. | |
| In welchem Alter haben Sie in der Firma „angefangen“? | |
| Mit sieben. Man musste schon schreiben und lesen können. Ich saß am Telefon | |
| zu Hause – es gab ja noch kein Handy. Wenn die Lieferanten, etwa aus den | |
| Niederlanden, von unterwegs anriefen, musste ich notieren, wann sie die | |
| Matjes anliefern würden. Das habe ich dann akribisch aufgeschrieben. Nur | |
| ist mein Vater leider schon mit 57 Jahren gestorben. Da war ich elf Jahre | |
| alt. | |
| Hatte er gut vorgesorgt? | |
| Es war problematisch, denn er hatte kein Testament gemacht. Um meine | |
| Halbschwester auszubezahlen, musste meine Mutter die Firma verkaufen. Meine | |
| Mutter und ich bekamen das Haus, in das auch die beiden unverheirateten | |
| Tanten zogen. Da meine Mutter nur eine kleine Witwenrente bekam, vermietete | |
| sie die Wohnung im ersten Stock an ein Ehepaar der ersten sogenannten | |
| Gastarbeitergeneration. | |
| Woher kamen sie? | |
| Aus der Türkei, aus Ankara, und sie arbeiteten in der Fischwirtschaft. Nach | |
| einiger Zeit bekamen sie ein Kind. Das brachten sie morgens zu meiner | |
| Mutter herunter, und sie passte auf, bis die Eltern von der Arbeit kamen. | |
| Im Gegenzug brachte das Ehepaar öfter Fisch mit. Es war ein Geben und | |
| Nehmen, sehr familiär. Sie haben lange bei uns gewohnt, und es gab | |
| keinerlei Ressentiments. Vielleicht hatte das auch mit der | |
| Familientradition meiner Mutter zu tun. Sie war ja selbst Flüchtling. | |
| Außerdem hatte sie mit dem Schiff mehrere Länder bereist, sodass | |
| Internationalität für sie etwas Normales war. | |
| Und wie wurden Sie selbst zur Feministin? | |
| Das hängt zum Teil mit meiner Familiengeschichte zusammen. Ich habe anhand | |
| meiner Mutter erlebt, wie knapp bemessen Witwenrenten sein können – und wie | |
| ungleich die Bezahlung von Männern und Frauen bis heute ist. Als ich dann | |
| ab 1972 in Hamburg Bibliothekswesen studierte, war die neue Frauenbewegung | |
| hier schon aktiv, und ich habe angefangen, mich zu engagieren. | |
| Sie haben mit demonstriert gegen das Abtreibungsverbot? | |
| Ja. Zu dem Thema gibt es übrigens ein Erlebnis, das ich nie vergessen | |
| werde: Ich muss 18 gewesen sein, lebte noch zu Hause und stand kurz vor dem | |
| Abitur. Ich hatte eine Bekannte, die schwanger war. Da kam der Mann zu mir | |
| und sagte, sie wollten kein weiteres Kind, und fragte: „Gibt es nicht eine | |
| Möglichkeit?“ Damals fuhren Frauen zur [3][Abtreibung in die Niederlande]. | |
| Ich wusste keine Adresse, aber die nächstgelegene niederländische Stadt war | |
| Groningen. Ich rief die Auslandsauskunft an, hatte eine Frau in der Leitung | |
| und sagte: „Ich brauche eine Adresse in Groningen.“ Sie verstand sofort und | |
| gab mir die Adresse einer Abtreibungspraxis. Das war unglaublich, so eine | |
| Solidarität! | |
| Inzwischen haben Sie unter anderem eine Datenbank mit Frauenbiografien | |
| erstellt und kämpfen für weibliche Straßennamen. Ändert das etwas? | |
| Ich hoffe es. Allein in Hamburg sind rund 80 Prozent der an Personen | |
| erinnernden Straßen nach Männern benannt. Um eine Bewusstseinsveränderung | |
| zu erreichen, muss man alle Ebenen nutzen. Wenn Frauen keinen Platz im | |
| öffentlichen Gedächtnis erhalten, wird man nicht an die Leistungen von | |
| Frauen erinnert und die Diskriminierung von Frauen wird fortgeschrieben. | |
| Oft sind Straßen auch nach sogenannten Männerberufen benannt – Böttcher, | |
| Kannengießer, Färber. Aber wie wäre es mit einer Hebammenstraße? Es wäre | |
| wichtig, Straßen nach Berufen zu benennen, in denen in erster Linie Frauen | |
| arbeiteten – wie Krankenschwester und Altenpflegerin. Straßen, die nach | |
| Frauen heißen, die in solchen Bereichen Herausragendes geleistet haben, | |
| könnten die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit | |
| unterstützen. | |
| Sie haben 2001 auch den [4][„Garten der Frauen“ auf dem Ohlsdorfer | |
| Friedhof] gegründet. Wie kam es dazu? | |
| Ich forsche seit über 40 Jahren zur Frauengeschichte. Als ich für ein | |
| Buchprojekt nach bedeutenden Frauen suchte, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof | |
| bestattet sind, erfuhr ich, dass die Nutzungsdauer vieler dieser Gräber | |
| abgelaufen war, die Gräber aufgelöst und die Grabsteine bald geschreddert | |
| würden. So entstand die Idee, diese Steine zu retten, in ein geschütztes | |
| Areal zu bringen und eine Art steinernes Archiv zu schaffen. Zur | |
| Finanzierung haben wir einen Verein gegründet und eine Fläche gepachtet, | |
| die neben historischen Grabsteinen auch Erinnerungssteine für Hamburger | |
| Frauen enthält, deren Grabsteine nicht mehr existieren oder die nie einen | |
| hatten. | |
| Der erste gerettete Stein war der von Yvonne Mewes. Wer war das? | |
| Sie war eine Lehrerin, die individuellen Widerstand gegen das NS-Regime | |
| leistete, indem sie nicht mit in die [5][Kinderlandverschickung] wollte, um | |
| die Kinder nicht im nationalsozialistischen Sinne zu indoktrinieren. | |
| Hamburgs Schulbehörde wollte ein Exempel statuieren und ließ sie ins KZ | |
| Ravensbrück deportieren, wo sie im Januar 1945 starb. Ihr Stein wäre | |
| geschreddert und für Straßenbelag genutzt worden. Ich fand, das geht gar | |
| nicht! | |
| Ein Stein gilt einem Femizid-Opfer. Woher wussten Sie davon? | |
| Ein Vereinsmitglied unseres Gartens der Frauen hat in einem Frauenhaus | |
| gearbeitet und den Namen genannt. Auf den Stein haben wir den Nachnamen | |
| zunächst abgekürzt, weil wir die Kinder nicht kannten und nicht wussten, | |
| wie sie reagieren würden. Später haben sich die Kinder gemeldet und uns | |
| erlaubt, den vollen Namen zu nennen, Christel Klein. Sie steht für alle | |
| Opfer häuslicher patriarchaler Gewalt. Mit ihrem Namen wird deutlich, dass | |
| solche Gewalt überall und in allen Gesellschaftsschichten vorkommt. | |
| Woher kommt überhaupt Ihre Affinität zu Friedhöfen? | |
| Aufgrund meiner Familiengeschichte habe ich mich schon früh mit dem Thema | |
| Tod beschäftigen müssen. Neben dem recht frühen Ableben beider Elternteile | |
| hat mich vor allem der frühe Tod meines Halbbruders im Krieg geprägt. Ich | |
| habe ihn zwar nie kennengelernt, aber von ihm gibt es noch Bilder und | |
| Schulhefte, die mein Vater aus dem Schutt herausgeholt hatte. | |
| Sprach Ihr Vater von ihm? | |
| Nein. Vermutlich war es zu schmerzhaft. Aber es gab das Grab. Dort lag | |
| nicht nur die erste Frau meines Vaters, sondern auch der kleine Sohn. Wenn | |
| meine Mutter dorthin radelte, um es zu pflegen, nahm sie mich als Kind mit. | |
| Als ich erfuhr, da liegt ein Kind wie ich, das mit sechs Jahren von einer | |
| Sekunde zur anderen gewaltsam starb, hat mich das nicht mehr losgelassen. | |
| Es ist ein jahrzehntelanger Prozess, nicht nur intellektuell, sondern auch | |
| emotional zu begreifen, dass wir jede Sekunde sterben können. Aufgrund all | |
| dieser Erfahrungen habe ich mich viel mit dem Tod befasst, aber auch mit | |
| den Menschen, die gestorben sind. Da Friedhöfe immer zu meinem Leben | |
| gehörten, haben sie für mich nichts Erschreckendes. | |
| Wie gehen Sie mit Ihrer eigenen Sterblichkeit um? | |
| Ich habe schon eine Grabstelle mit einem Stein – an der Hecke des Gartens | |
| der Frauen. Ich wollte einen besonderen Stein aus Ziegelabfallprodukten | |
| haben. Ich bin also mit unserem Steinmetz in eine Ziegelei gefahren und | |
| habe aus den Fehlbränden hundert besondere und ins Dunkelbläuliche | |
| gebrannte Ziegel ausgesucht. Die Namen und Daten von meinem Mann und mir | |
| werden in zwei in den Grabstein eingelassene blaue Dallglassteinen | |
| eingraviert … wenn es so weit ist. | |
| 30 Jan 2024 | |
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| [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Blaues_Kreuz | |
| [2] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Glossareintraege/L/Lasten… | |
| [3] /Spaetabtreibungen-in-Deutschland/!5681768 | |
| [4] /Friedhof-in-Hamburg/!5836997 | |
| [5] https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderlandverschickung | |
| ## AUTOREN | |
| Petra Schellen | |
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