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# taz.de -- Familienrechtlerin für klare Absprachen: „Ehevertrag muss Pflich…
> Partner sollten vor der Heirat vereinbaren, wer wie viel erwerbstätig
> ist. Dafür spricht sich Melanie Ulbrich vom Familienrechtsverband Isuv
> aus.
Bild: Unterhaltsfragen sollten Paare lieber klären, solange sie sich noch zuge…
taz: Frau Ulbrich, zur Midlife-Crisis gehört bei vielen Paaren die
[1][Scheidung], und dann geht es oft ans Ersparte: Ohne Ehevertrag muss der
reichere Partner dem anderen die Hälfte des Vermögens und der
Rentenansprüche geben, die er während der Ehe erwirtschaftet hat. Dieser
Zugewinn- und Versorgungsausgleich stammt aus der Zeit, als es Standard
war, dass nur der Mann Geld verdient und nur die Frau die Kinder betreut.
Sind diese Ausgleichsregeln noch gerecht?
Melanie Ulbrich: Dieses System kann immer noch gerecht sein, weil Frauen im
Schnitt immer noch weniger arbeiten als Männer, und die Erziehungszeiten
nicht paritätisch verteilt sind. Wenn sich die Frauen um die Kinder
kümmern, haben sie weniger Gelegenheit zu sparen. Das heißt, sie kommen
tendenziell schlechter aus so einer Ehe raus. Vermeiden können wir das etwa
durch eine gesetzliche Pflicht, vor der Heirat einen [2][Ehevertrag]
abzuschließen. Darin können die Partner festlegen, wie sie ihre
Erziehungszeiten verteilen. Ein Ehevertrag muss für alle Paare Pflicht
sein.
Es gibt doch schon die Möglichkeit, einen Ehevertrag abzuschließen.
Die Möglichkeit besteht, aber die wenigsten Menschen machen das. Die
wenigsten sehen, worauf sie sich einlassen, wenn sie die Ehe schließen.
Dass die Paare sich dann in einer sogenannten Zugewinngemeinschaft
befinden, wissen die meisten Leute einfach nicht. Da braucht es mehr
Transparenz und vielleicht auch Beratung vor einer Ehe, dass man gesagt
bekommt: Sie können eine Zugewinngemeinschaft sein, sie können aber auch
Gütertrennung vereinbaren. Dann ist jeder für sein Vermögen selbst
verantwortlich. Dann hat aber der Partner, der weniger verdient, auch
sehenden Auges entschieden zu sagen: Ich verdiene weniger, ist mein eigenes
Pech.
Wäre so eine Pflicht zum Ehevertrag auch im Interesse der Kinder?
Ja, in einem Ehevertrag könnten Sie beispielsweise festlegen, wie die
Kinderbetreuung im Falle einer Scheidung geregelt werden soll. Sie können
auch den Unterhalt für die Kinder festlegen. Es ist besser, dass die Eltern
sich darüber einigen, so lange sie sich einander zugetan sind. Wenn das
nicht mehr der Fall ist, können diese Themen viel Streit auf dem Rücken der
Kinder verursachen. Gerade im Interesse der Kinder wäre es auch
vorzuschreiben, dass die Eltern bei einer Trennung zuerst in einer
Mediation versuchen, sich zum Beispiel über den Vermögensausgleich zu
einigen, bevor sie vor das Familiengericht ziehen. Denn ein Rechtsstreit
kostet die Eltern viel mehr Geld und Nerven als ein Vermittlungsverfahren.
Wie könnte der Staat beim Versorgungsrecht Anreize dafür setzen, dass die
Partner die [3][Care-Arbeit] gleichmäßiger aufteilen?
Während der Ehe sollte in der jährlichen Renteninformation auch stehen, wie
hoch die Rente nach einer Scheidung sein würde. Das könnte ein großer
Anreiz sein, seinem Partner zu sagen: Du könntest arbeiten gehen, dann
würde ich weniger Rentenpunkte verlieren, und du würdest mehr Punkte
dazugewinnen. Man könnte auch selber auf die Idee kommen: Oh mein Gott, ich
verdiene total wenig Rentenpunkte; was mache ich dagegen? Dann muss man
sich überlegen, ob man seine Stunden aufstockt und der andere die Stunden
reduziert.
Mit welcher Rechtfertigung gibt es die Zugewinn- und Rentenausgleiche
selbst in kinderlosen Ehen?
Beim Versorgungsausgleich ist die Rechtfertigung einfach: Der Staat möchte
nicht, dass ihm später jemand auf der Tasche liegt, weil er mangels
ausreichender Rente in die Grundsicherung rutscht. Das ist die einzige
Rechtfertigung in kinderlosen Ehen, denn da hatte ja jeder die Chance, Geld
zu verdienen. Das gilt auch für den Zugewinnausgleich. Der hat bei
kinderlosen Ehen genauso wenig Berechtigung.
Ihr Verein ist bei manchen umstritten, vor allem weil Ihr Ehrenvorsitzender
Josef Linsler 1992 eine Schrift mitherausgegeben habe, in der einer der
Autoren Sex mit Kindern gerechtfertigt habe. Was sagen Sie dazu?
Herr Linsler hat sich von den pädosexuellen Inhalten in dem Band
distanziert, und in einer späteren Auflage war dieser Aufsatz nicht mehr
enthalten. In den letzten 20 Jahren hat sich unser Verein extrem verändert,
wir helfen sowohl Männern als auch Frauen bei Trennungen und Scheidungen.
Mittlerweile sind 40 Prozent unserer Mitglieder weiblich. In unserem
Bundesvorstand herrscht jetzt Parität.
17 Apr 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Familie
Ehe
Geld
taz in der Midlife-Crisis?
Marokko
Feminismus
Kolumne Das bisschen Haushalt
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